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Habeck und die Migration: Ein bisschen Realpolitik – und schon rebelliert die radikale Basis

Ein Hauch von Realpolitik in der Migration und schon wird revoltiert: Habecks „10-Punkte-Plan“ spaltet die Grünen, die von Begrenzung und Steuerung in großen Teilen weiterhin nichts wissen wollen.

Selbst die Parteiführung lässt ihn im Stich: Robert Habeck wird von der eigenen Partei bekämpft.

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„Wortbruch statt Wort“, warf die radikale Grüne Jugend in Niedersachsen ihrem Spitzenkandidaten vor. „Habeck oder Merz, wo ist der Unterschied?“, hieß es weiter – denn Habeck betreibe eine „menschenfeindliche“ Asylpolitik und folge „rechten Narrativen“. Der Asyl-Vorstoß des Kanzlerkandidaten der Grünen scheitert an der eigenen Partei. Eine Bildkachel zum 10-Punkte-Plan, die Grünen-Chefin Brantner in den sozialen Medien teilte, wurde kurz darauf schon wieder gelöscht – man zieht sich im Angesicht der eigenen Leute schon zurück. Die eigene Parteispitze „kontextualisiert“ die Pläne des Spitzenkandidaten eilig mit linker Semantik auf der Website, verwäscht so seinen Vorstoß.

Dabei war der Plan, mit dem die Grünen eilig an die Öffentlichkeit gingen, alles andere als rechts oder radikal. Mit einer lauwarmen Auflistung an Punkten wollte Habeck ins Feld ziehen, um es nicht der Union zu überlassen, die die Migrationsdebatte aktuell mit ihren Vorschlägen dominiert. „Wir müssen die Sicherheit im Land für alle – ob mit oder ohne Migrationsgeschichte – erhöhen“, sagte Habeck der Bild. Sein Plan dazu sieht unter anderem vor, dass „Nichtdeutsche Gefährder und Schwerkriminelle“ konsequent abgeschoben werden müssten – als Teil einer generellen „Vollstreckungsoffensive“ mit Schwerpunkt auf Islamisten und andere Extremisten.

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Sogenannte Top-Gefährder sollen „engmaschig überwacht werden“. Zudem gehöre „die irreguläre Migration weiter reduziert und begrenzt“. Der Plan fordert auch mehr Befugnisse und Mittel für die Bundespolizei. Eilig vorgelegte Punkte, die vor allem Symptompolitik sind – und das Signal geben sollen, dass auch mit den Grünen eine strengere, realpolitische Migrationspolitik möglich sei.

Doch die Partei zeigt, dass dem nicht so ist. Schon Ende September trat der Bundesvorstand der Grünen Jugend aus der Partei aus – wegen des als schon zu hart wahrgenommenen Asyl- und Migrationskurses der Ampel. In diesem Geiste stänkert der linke, radikale Flügel der Grünen weiter, die Grüne Jugend vorweg.

Grüne Jugend: Habeck betreibt „rassistische Debatten“

Die notorisch radikale Jugendorganisation hat die Vorschläge von Habeck mit eigenen gekontert – und spart nicht mit kaum verhohlenen Vorwürfen an ihn und die Parteiführung. „Die Beteiligung an rassistischen Debatten, der Rückbau von Infrastruktur und die pauschale Verurteilung Geflüchteter waren und bleiben Fehler“, heißt es etwa in einem entsprechenden Papier, über das die Süddeutsche Zeitung zuerst berichtete. Um „Geflüchtete“ in Zukunft vor solch „rassistische[n] Debatten“ in Politik und Gesellschaft zu schützen, und fordert daher ein bundesweites Antidiskriminierungsgesetz. Außerdem solle der Staat mehr für die Sicherheit tun – gemeint ist hier die Sicherheit der Flüchtlinge, nicht der Aufnahmegesellschaft. Ein Signal der Begrenzung geht von dem Papier nicht aus, sie wird rundherum abgelehnt. Mit bemerkenswerten Sätzen wie „Integration gelingt dort, wo der Wohlfahrtsstaat für alle da ist“, formuliert man einen radikal-linken Gegenentwurf zu den vorsichtigen Realo-Punkten des Kanzlerkandidaten.

Nicht nur mit der radikalen Jugend bekommt Habeck ein Problem, der ganze linke Parteiflügel revoltiert intern. Nach den großen Demonstrationen gegen einen Rechtsruck setze ein solcher Schritt wie Habecks zehn Punkte die falschen Prioritäten. „Es braucht jetzt nicht die Asylwende von Friedrich Merz, sondern eine hin zu mehr Humanität“, zitiert der Münchner Merkur ein Parteimitglied. „Es ist unsäglich, dass hier unter Sicherheit ausschließlich Migration und Flucht besprochen wird“, sagte eine weitere Stimme aus linken Parteikreisen dem Tagesspiegel.

Die Rebellion seiner Partei unterstreicht genau den Eindruck, dem Habeck eilig entgegenwirken wollte: Realpolitik in der Migration ist mit Grünen nicht zu machen, weil ein großer Teil der Partei Begrenzung und Steuerung von Einwanderung grundsätzlich ablehnt und weiter in Luftschlössern von Multikulti und Open Borders verharrt. Habecks zehn Punkte waren vor allem eine Antwort auf die Vorwürfe aus Union und FDP, die Grünen seien an einer Begrenzung und Regulierung von Migration, wie die übergroße Mehrheit der Deutschen sie richtig findet, nicht interessiert. Der linke Flügel der Partei zeigt: Dieser Vorwurf stimmt.

Dass die Parteispitze gegenüber dem Druck der radikalen Linken unmittelbar einknickt und Habeck quasi im Regen stehen lässt, unterstreicht das noch zusätzlich. Wie aber soll eine Regierung der Union mit den Grünen funktionieren, die vor allem in dieser Frage Lösungen präsentieren müsste? Die letzten Tage machen noch klarer: Mit den Grünen geht’s nicht. Trotz plötzlich scheinbar gutem Willen des Kanzlerkandidaten.

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