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Interview

„Deutschland hätte gute Argumente für Zurückweisungen“ – Migrationsforscher kritisiert Grüne Flüchtlingspolitik

In einem Interview ging Migrationsforscher Ruud Koopmans die Asylpolitik der Ampelregierung an. Die Grenzkontrollen seien „vor allem Symbolpolitik“. Insbesondere die Grünen sieht er für die Misere in der Verantwortung.

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Migrationsforscher Ruud Koopmans bei Anne Will im Juni 2023

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In einem Interview mit der Berliner Zeitung kritisiert Migrationsforscher Ruud Koopmans die Migrationspolitik der Ampelregierung scharf. Der Forscher sieht Zurückweisungen von Migranten, die kein Asyl suchen, aus sicheren Drittstaaten als zumindest zeitweise möglich an. Auch bei der internationalen Rechtfertigung für eine solche Maßnahme sieht er für Deutschland kein Problem: „Deutschland könnte dafür zum einen auf die hohen Flüchtlingszahlen der vergangenen Jahre hinweisen […]. Zum anderen könnte Deutschland auf seine strukturelle Überlastung verweisen, die seit langem deutlich höher ist als in anderen EU-Staaten“.

Doch bei der Regierung sieht er einen fehlenden Willen, solche Zurückweisungen, die nach dem Dublin-Abkommen geltendes Recht darstellen, durchzusetzen. Stattdessen verberge man sich hinter vermeintlich drohenden Gerichtsurteilen: „Weil man etwas nicht möchte, erklärt man es von vornherein zur Unmöglichkeit. Ich meine, Deutschland hätte gute Argumente für temporäre Zurückweisungen, und wir würden dann sehen, wie die Gerichte letztendlich urteilen“, sagt Koopmans. Die alternative Maßnahme der Bundesregierung, nämlich die Ausweitung der Grenzkontrollen, nannte der Forscher „vor allem Symbolpolitik“.

Aus seiner Sicht verhinderten vor allem die Grünen eine bessere Steuerung der illegalen Migration: „Sie befürworten nur Maßnahmen, die neue Migrationswege schaffen, aber sind nicht bereit, die irreguläre Migration einzudämmen“. Allgemein sei die Bundesregierung auf europäischer Ebene der größte Störfaktor, wenn es um die Begrenzung illegaler Migration ginge. Sie hatte zuletzt unter anderem die Aufhebung des „Verbindungskriteriums“ verhindert. Damit könnten auch weiterhin Asylsuchende nur in Drittstaaten zurückgewiesen werden, zu denen sie einen Bezug haben.

Angesprochen auf den sogenannten Streit um die „Pull-Faktoren“ – also Anreize für die Migration nach Deutschland – hatte Koopmans eine klare Positionierung. Dass manche Forscher die Existenz dieser „Pull-Faktoren“ bestreiten, konnte er nicht nachvollziehen: „Dabei ist das doch sonnenklar. Die Frage, ob es Pull-Faktoren gibt, haben die Migranten in den vergangenen Jahren mit den Füßen beantwortet. Jeder, der sich mit der Thematik befasst, sollte erkennen, dass einige EU-Staaten weitaus mehr Menschen anziehen als andere“.

Ruud Koopmans ist ein niederländischer Soziologe und seit 2013 Professor für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2020 bis 2022 war er Vorsitzender des Kuratoriums des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin.

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