Werbung

...
...

Sozialhilfe

„Finanziell absichern mit Bürgergeld“ – Arbeitsagentur bewirbt Leistungsbezug

Die Agentur für Arbeit soll hilfebedürftigen Menschen eine finanzielle Not-Hilfe ermöglichen und alle die arbeiten können, wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern. Auf der Website der Behörde wirkt das jedoch anders - man wirbt mit dem Spruch: „Finanziell absichern mit Bürgergeld“.

Von

Sreenshot von der Website der Bundesagentur

Werbung:

Eigentlich soll das Bürgergeld dazu dienen, Menschen in existenzieller Not den minimalen Lebensunterhalt zu sichern. Im Gegenzug muss der Sozialleistungsempfänger alles dafür tun, schnellstmöglich wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, damit er seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann und nicht mehr vom Staat und den Steuern seiner Mitmenschen abhängig ist.

Auf der Webseite der Arbeitsagentur, der Institution, die für alles rund um das Thema Arbeitslosigkeit und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verantwortlich ist, wird hingegen ein anderer Eindruck erweckt. „Finanziell absichern mit Bürgergeld“ heißt die Seite, auf der alle potenziellen Leistungsempfänger sich darüber informieren können, „wie Sie ihren Lebensunterhalt mit Bürgergeld sichern.“

Werbung

Die Agentur für Arbeit schreibt auf der Infoseite zwar, dass das Bürgergeld nur für „hilfebedürftige Personen“ ist, doch das klassische Modell seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und sich nicht von Leistungen anderer abhängig zu machen, steht nicht grade im Vordergrund. Es gibt sehr umfangreiche und detaillierte Informationen rund um „Voraussetzungen, Einkommen und Vermögen“, die Antragsstellung und Bewilligung sowie „Auszahlung und Dauer“. Dabei wird auf Kontakt- und Hilfestellen verwiesen und deutlich gemacht: „Ihr Jobcenter berät Sie gerne“.

Arbeiten gerät in den Hintergrund

So weit, so gut – zumindest was tatsächlich hilfsbedürftige Menschen betrifft. Natürlich sollten Menschen, die tatsächlich auf die finanzielle Not-Hilfe angewiesen sind, auch Informationen über die Voraussetzungen und Antragsstellung erhalten. Doch das Jobcenter sollte auch seinem Namen gerecht werden – es ist nicht die Agentur für kostenlose Finanz-Absicherung, sondern für Arbeit. Doch das merkt man auf der Seite kaum. Links zu Jobangeboten werden nicht in den Vordergrund gestellt, stattdessen wird das Bürgergeld als attraktive Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu bestreiten, präsentiert.

Einzig bei dem Unterpunkt, wo darum geworben wird sein Einkommen mit Bürgergeld aufzustocken, erwähnt die Arbeitsagentur die Vorteile der klassischen Erwerbsarbeit. Dabei nennt sie drei interessante Punkte: „Sie haben eine Aufgabe und erhalten dafür Anerkennung. Sie stellen Ihre Talente und Fähigkeiten unter Beweis und entwickeln sich persönlich und beruflich weiter. Sie bauen Beziehungen zu anderen Menschen auf und haben einen strukturierten Tagesablauf.“ Das klingt beinah so, als wäre Arbeiten eine Art Lifestyle und nicht der gesellschaftstragende Normalzustand.

Werbung

Screenshot, Website der Agentur für Arbeit

Das Jobcenter schreibt an dieser Stelle auch, dass Arbeiten sich „finanziell immer“ lohnen würde. Doch bei einer nüchternen Betrachtung wird deutlich, dass das in den unteren Lohngruppen kaum zustimmt. Zwar kann man sein Gehalt mit Bürgergeld aufstocken und hat dann mehr, als wenn man nicht arbeiten geht, aber die daraus resultierenden Netto-Stundenlöhne sind sehr gering. Ein Alleinstehender ohne Kinder hat als Aufstocker maximal 348 Euro mehr im Monat zur Verfügung, als wenn er nicht arbeiten würde. Damit liegt der Netto-Stundenlohn bei lächerlichen 2,20 Euro. Dass manche Menschen dafür nicht arbeiten gehen wollen, ist naheliegend.

Auch fast 1.900 Beschäftigte von nordrhein-westfälischen Jobcentern berichten in einer Umfrage unter Bürgergeldempfängern eine verminderte Antriebskraft und sinkende Motivation, eine neue Arbeit aufzunehmen, bemerkt zu haben. 62 Prozent der Befragte gaben an, dass sich die Beteiligung der Leistungsempfänger an Maßnahmen zur Beendigung ihrer Bedürftigkeit verschlechtert habe. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Mitarbeiter in der Bürgergeldreform insgesamt „wenige Verbesserungen und etliche Verschlechterungen“ sehen (lesen Sie hier mehr).

Aktuell beziehen in Deutschland über vier Millionen Menschen Bürgergeld und damit 200.000 mehr als vor der Reform des bis dahin genutzten Hartz-IV-Systems (Apollo News berichtete). Damit zeigt sich, dass das Bürgergeld nicht dazu führt, mehr Menschen in eine Unabhängigkeit von staatlicher Leistungen zu führen – im Gegenteil. Die Webseite der Arbeitsagentur steht dabei sinnbildlich dafür, dass die Ampel mit dem Bürgergeld keinerlei Anreize zum Arbeiten schafft.

Werbung

Werbung