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Studie

Jobcenter-Mitarbeiter: Bürgergeld bedeutet sinkende Arbeits-Motivation und mehr Anspruchshaltung

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil behauptete von Beginn an, dass das Bürgergeld neue Arbeitsanreize schaffen würde - doch dem widersprechen nun ausgerechnet die Jobcenter-Mitarbeiter. Sie stellen dem Bürgergeld in beinah jeder Hinsicht ein desaströses Zeugnis aus.

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„Es gibt in diesem System auch neue Anreize, Wege aus der Bedürftigkeit zu finden“ versprach Hubertus Heil im Jahr 2022 bevor das Bürgergeld das alte Harz IV-System abgelöst hat. Der Bundesarbeitsminister wehrte sich von Anfang an gegen die Kritik, dass das neue Sozialhilfesystem die Arbeits-Anreize noch weiter schmälern würde. Arbeit lohnt sich mehr als Stütze, das behauptete er mit Verweis auf das Ifo-Institut noch im Januar diesen Jahres. Doch nun widersprechen Heil ausgerechnet die Arbeitsämter: Weder Motivation noch Zusammenarbeit hätten sich verbessert – im Gegenteil.

Das berichtet eine deutliche Mehrheit der Mitarbeiter von nordrhein-westfälischen Jobcentern im Rahmen einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der Universität Bochum. Die Forscher unter der Leitung von Sozialwissenschaftler Jürgen Schupp befragten fast 1.900 Beschäftigte aus insgesamt sieben Arbeitsämtern. Dabei gaben 59 Prozent an, unter den Empfängern eine verminderte Antriebskraft und sinkende Motivation bemerkt zu haben.

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62 Prozent der Befragte gaben zudem an, dass sich die Beteiligung der Leistungsempfänger an Maßnahmen zur Beendigung ihrer Bedürftigkeit verschlechtert habe. Eine deutliche Mehrheit der Jobcenter-Mitarbeiter, nämlich 73 Prozent, steht auch den gelockerten Sanktionen kritisch gegenüber. Früher konnten die Sanktionen für diejenigen, die Termine oder Fristen nicht einhielten, den Regelsatz um bis zu 30 Prozent kürzen, allerdings erfolgte dies in mehreren Schritten über einige Monate verteilt. Mit der Einführung des Bürgergeldes sind Sanktionen erschwert und prozessual verlangsamt worden.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Mitarbeiter in der Bürgergeldreform insgesamt „wenige Verbesserungen und etliche Verschlechterungen“ sehen. Neben der gesunkenen Motivation und Mitarbeit der Empfänger bemängeln die Mitarbeiter ebenfalls, dass es immer schwieriger wird, die Bürgergeldempfänger zu erreichen, dies erklären 55 Prozent der Befragten. Die Zusammenarbeit habe sich laut 60 Prozent der Mitarbeiter nicht gebessert. 56 Prozent berichten zudem davon, dass sich die Anspruchshaltung bei den Empfängern erhöht habe.

Die Befragten äußerten den Wunsch nach effektiveren Druckmitteln, um eine stärkere Mitwirkung und die Aufnahme von Arbeit zu fördern. Die Mehrzahl lehnt zudem die erfolgte Erhöhung der Regelsätze auf 563 Euro für Alleinstehende (Steigerung um rund 12 Prozent) – 78 Prozent der Mitarbeiter aus der Leistungsgewährung und 62 aus dem Bereich Markt und Integration finden die Beträge zu hoch. Und auch der von Hubertus Heil so viel besungene Lohnabstand (der Abstand zwischen dem Bürgergeld-Regelsatz und Niedrig-Löhnen) hat sich laut 64 Prozent der Mitarbeiter verschlechtert.

„Bei den Jobcenter-Beschäftigen überwiegt Skepsis und Ablehnung. Sie erkennen nur wenige Verbesserungen“, erklärt der Studienleiter Schupp gegenüber der Tagesschau.

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