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Fehlender Konsens:

WHO-Reform um Pandemievertrag kurz vor Abstimmung geplatzt

Die WHO-Reform ist gescheitert. Fertige Entwürfe für die fragwürdige Novellierung der internationalen Gesundheitsvorschriften und ein Pandemieabkommen konnten nicht vorgelegt werden – in der kommenden Woche hätten die Mitgliedsstaaten über die Reform abstimmen sollen.

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Die Ausarbeitung der WHO-Reform ist gescheitert. Kurz vor dem 77. Weltgesundheitstreffen (WHA) musste WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus eingestehen, dass die 194 Mitgliedsstaaten bei der Ausarbeitung eines Pandemievertrags und neuer Gesundheitsvorschriften keinen gemeinsamen Konsens herstellen konnten. Dennoch sei das „kein Scheitern“, erklärte Tedros, denn „wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“.

Die für die Reform zuständigen Arbeitsgruppen waren in den vergangenen zwei Jahren damit beauftragt, einen Gesetzesentwurf für ein Pandemieabkommen oder -vertrag zu entwickeln und eine Novellierung der seit 2005 bestehenden internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) auszuarbeiten. Die Mitgliedstaaten konnten für beide Reformen Vorschläge einreichen, die anschließend in den Arbeitsgruppen bewertet wurden.

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Obwohl dieser Prozess wegen der Übermenge an Dokumenten und fehlender Echtzeit-Aktualisierungen des jeweiligen Standes schwer durchschaubar war, warnten Juristen und Experten in der Vergangenheit vor den totalitären Befugnissen, die der WHO-Generaldirektion von den Mitgliedsstaaten eingeräumt werden könnte, wenn diese die Reform völkerrechtlich-bindend akzeptieren und auf nationaler Ebene ratifizieren (Apollo News berichtete).

Des Weiteren warfen Juristen der WHO vor, bei einer möglichen Abstimmung über die Reformen gegen die eigenen Statuten zu verstoßen. In Artikel 55 der IHR ist festgehalten, dass grundlegende Änderungen der WHO vier Monate vor einer Abstimmung vorgelegt werden müssen – Ende Januar existierte aber weder ein fertiger Abkommensentwurf, noch eine fertige Liste der IHR-Änderungen (Apollo News berichtete).

Ende April berichtete die Berliner Zeitung über einen neuen, auf den 17. April datierten, Entwurf der IHR-Novellierung. Darin gestrichen: die völkerrechtliche Bindung der Mitgliedsstaaten an die Gesundheitsempfehlungen der WHO im Falle eines Notstandes. Zuvor hatte die Arbeitsgruppe (WGIHR) im Entwurfstext immer implementiert, dass die WHO-Generaldirektion bindende Empfehlungen in Krisen aussprechen könne. Eine erste Abschwächung.

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Dennoch fehlte ein gemeinsamer Konsens aller Mitgliedsstaaten, die insgesamt über 300 Vorschläge für die Änderungen an den IHR einbrachten. Die Delegierten waren sich einig, das Notfallmanagement müsse in zukünftigen Krisen koordinierter, sprich zentralisierter, ablaufen. Dafür sollten Gesundheitsdaten für die WHO zugänglicher gemacht werden. Außerdem müsse die Zulassung und Produktion von Impfstoffen optimiert werden – etwa mit einem schnelleren Zulassungsverfahren in gerade einmal 100 Tagen. Generell sollten alle Mitgliedsstaaten vermehrt in Pandemie-bezogene Produkte investieren.

Des Weiteren sollte es alleinig der WHO-Generaldirektion zustehen, einen Gesundheitsnotstand auszurufen. Die Mitgliedsstaaten wiederum müssten sich – wenn sie der WHO-Reform zustimmen und eine dementsprechende nationale Gesetzgebung verabschieden – an diese Entscheidung der WHO halten, so Artikel 13. Die Kriterien für die Ausrufung einer solchen Krise wurden nicht weiter definiert. Auch für das Ausrufen einer Pandemie war im letzten Abkommensentwurf aus März 2024 lediglich festgehalten, dass es dafür einen „Erreger pandemischen Potenzials“ bräuchte. Eine nebulöse Definition.

Uneinigkeit herrschte wohl vor allem über die internationale Verteilung von Impfdosen im Falle eines Gesundheitsnotstands und die Finanzierung im Falle einer Pandemie. Vor allem ärmere Mitgliedsstaaten sahen sich benachteiligt und fürchteten horrende Preise für Arzneimittel und Präparate. Dass diesen Staaten eine vergünstigte Versorgung zugesichert werden könnte, fand wohl keinen Konsens in der Ausarbeitung.

Bevor das entscheidende WHA am Montag beginnt, wagten die Arbeitsgruppen einen letzten Anlauf, um endgültige Entwürfe zu präsentieren – scheiterten jedoch erneut. Laut Health Policy Watch forderten einige Delegierte deswegen die Verlängerung der Ausarbeitung auf sechs Monate, einige radikale Stimmen wollten sogar das WHA unterbrechen, damit die Arbeitsgruppen die Reform im Eiltempo fertigstellen können.

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