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Vertrauensfrage

„Es ist peinlich, wie sie sich verhalten“: So reagieren Merz, Habeck und Co. auf Scholz

Im Bundestag konterten die Oppositionsführer Friedrich Merz und Christian Lindner die Rede von Olaf Scholz zur Vertrauensfrage. Der Bundeskanzler musste massive Kritik einfahren: „Es ist peinlich, wie sie sich [...] verhalten“, sagte Merz.

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Klatschten für den Redebeitrag des jeweils anderen: Friedrich Merz und Christian Lindner.

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In seiner Rede zur Vertrauensfrage nutzte Friedrich Merz seine Redezeit für massive Kritik an SPD und Grünen. Zunächst nahm der CDU-Bundesvorsitzende den Bundeskanzler wegen dessen vorangegangener Kritik an der FDP und deren Vorsitzendem Christian Lindner ins Visier.

Die Rede des SPD-Politikers betitelte Merz zunächst als „respektlos“ – Scholz hatte zuvor mehrfach über „Respekt“ geredet, für den er sich mehrfach eingesetzt habe. Die Regierung sei nicht wegen der FDP zerbrochen, sondern „weil Sie nicht willens waren“, eine Koalition zu führen, die „hinten und vorne“ nicht mehr zusammengepasst habe, so Merz.

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In der Folge redete sich der CDU-Kanzlerkandidat in Rage: Jetzt würde die SPD mit einem Wahlkampfprogramm hausieren gehen, das Renten, Löhne und soziale Gerechtigkeit in den Fokus nimmt – dabei sei die SPD bereits in 22 der vergangenen 26 Jahre Teil der Regierung gewesen.

„Wo waren Sie denn in den letzten 22 Jahren?“, fragte Merz. „Waren Sie auf einem anderen Stern? Sind Sie in einer anderen Welt unterwegs gewesen?“ Daraufhin nahm Merz nicht nur die Sozial-, sondern auch die Wirtschafts- und Energiepolitik der Ampel-Regierung ins Visier. Von „Zeiten ohne Wende“ statt einer „Zeitenwende“ sprach der CDU-Politiker.

Jetzt möchte die SPD Schulden auf Kosten der jungen Generation einholen, kritisierte Merz da beispielsweise. Auch Robert Habeck wurde im Hinblick auf die Energiepolitik kritisiert. Die wirtschaftliche Lage sei auch schwierig, „weil sie in Deutschland praktisch alles stillgelegt haben“, meinte Merz. So sei es bezeichnend, dass Scholz in seiner Rede nicht über die deutsche Wettbewerbsfähigkeit sprach.

Die massive Kritik gipfelte in einem Einblick in die europäische Politik. „Ich erspare Ihnen das mal“, was andere Regierungschefs über Scholz sagen würden. „Es ist peinlich, wie sie sich auf europäischer Ebene verhalten“, kritisierte Merz.

Habeck verteidigt die Ampel – und greift FDP, AfD und Union an

Auf Merz wiederum reagierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Der Grünen-Politiker versuchte zunächst, versöhnliche Worte zu finden. Er zumindest habe „alles getan, damit diese Regierung bestehen bleibt.“ Dann leistete sich auch Habeck den ersten Seitenhieb gegen die FDP: Eine Regierung darf nicht „von innen“ zerstört werden.

In der Folge verteidigte Habeck nicht nur die eigene Politik, sondern attackierte das Wahlprogramm der Union. Eine künftige Regierung müsse Kompromisse finden, „so wie wir […] es getan haben“. Als Wirtschaftsminister habe er ein „schweres Erbe“, ein heruntergewirtschaftetes Land verwalten müssen. Seit 2018 habe Deutschland kein richtiges Wachstum mehr – wegen der Union.

Habeck habe dann die Inflation reduziert, die Energieknappheit bekämpft und eine sinnvolle Klimapolitik umgesetzt. Während dieser, für Deutschland schwierigen Zeiten, habe sich die CDU eine „Oppositionsrhetorik“ angeeignet, kritisierte Habeck. Und auch die vermeintliche Normalität der Merkel-Jahre sei „politische Verdrängung und Leugnung der Wirklichkeit“ gewesen.

Die Ampel-Regierung habe es anders gemacht und das Beste aus diesem „Erbe“ gemacht. Positiv hob Habeck unter anderem die Migration in den Arbeitsmarkt hervor: „Jetzt wollen die Leute nach Deutschland und wir haben ihnen die Wege dahin erleichtert“, hielt der Grünen-Kanzlerkandidat fest.

Auch die AfD blieb nicht unerwähnt: Die Partei sei „die größte Gefahr für die Wirtschaft“ und würde mit „Rassismus“ das Land in eine „schwere ökonomische Krise führen“, sollte sie entscheidende Positionen besetzen, so Habeck.

Lindner: Scholz möchte die „Strukturkrise“ nicht erkennen

An dieser Stelle setzte Lindner an: Die ökonomische Krise sei bereits Realität. Doch Scholz wolle diese wirtschaftliche „Strukturkrise“ nicht akzeptieren, erklärte Lindner. Die Ampel-Regierung sei nicht wegen mangelhafter Kompromisse, sondern an der ultimativen Forderung von Scholz, die Schuldenbremse auszuhebeln, gescheitert.

Durch die nicht getroffenen Einigungen habe die Ampel aber die „Akzeptanz bei den Bürgern“ verloren. Die FDP, so Lindner, sei zu Kompromissen bereit gewesen. In den Augen des FDP-Bundesvorsitzenden habe Deutschland die besten Voraussetzungen, um sich aus der Krise herauszuarbeiten – dafür brauche es aber keine neuen Schulden.

Damit die Wirtschaft wieder angekurbelt wird, müsste beispielsweise die Bürokratie abgebaut, Deutschland technologieoffener werden – ein Attribut, das Lindner Scholz entschieden absprach. Er könne deshalb nur festhalten: „Welche Chancen gehen uns verloren?“ Stattdessen würden SPD und Grüne Steuererhöhungen fordern. Damit verweigert Scholz eine sinnvolle Wachstumspolitik, die es bräuchte, um die Rezession zu überwinden, hielt Lindner fest.

Weidel holt zum Rundumschlag aus

Nun sei die Zeit der „kleinkarierten Schuldzuweisungen“ aber erst einmal vorbei, hielt dann die designierte AfD-Kanzlerkandidatin, Alice Weidel, fest. Stattdessen setzte Weidel selbst zur Kritik an der Ampel an: Vor allem die Industrie habe massive „Schäden“ durch die Politik der vergangenen drei Jahre erhalten. Statt unverzüglich die Vertrauensfrage zu stellen, habe Scholz dann sechs Wochen gewartet, kritisierte Weidel

In den vergangenen Jahren sei Deutschland mit Migranten „geflutet“ worden. Straftäter, die mit „islamistischen Kampfgesängen“ über Weihnachtsmärkte und durch Fußgängerzonen „marschieren“, müssten abgeschoben werden. Stattdessen komme es aber zu Hausdurchsuchungen bei Kritikern der Bundesregierung, kritisierte Weidel.

Des Weiteren führte die AfD-Politikerin die am Wochenende von ihrer Partei geäußerten NATO-Austrittsforderungen in abgeschwächter Form fort: Deutsche Waffen und Soldaten sollten nicht in kriegerische Akte verwickelt werden. Die jetzige Aufgabe sei es, „Deutschland und Europa nie wieder in einen Krieg hineinzuziehen“. All das würde sich mit der CDU nicht ändern, schloss Weidel. Die Bürger würden unter der Union erneut eine grüne Regierung bekommen, so die AfD-Politikerin.

„Das werde ich Ihnen nicht vergessen“, meint Mützenich

Darauf wiederum reagierte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: Seit ihrer Gründung seien die „Agenten Moskaus“ und die „Ewiggestrigen“ die Feinde der Union gewesen – die AfD sei beides. Damit kritisierte Dobrindt die NATO-Austrittspläne der AfD. Nachfolgend ging der CSU-Politiker auf die SPD und vor allem die Rede von Scholz ein.

Dieser habe eine „selbstgerechte Rede“ gehalten. Denn wer eine Koalition nicht zusammenhalten kann, der könne auch kein Land zusammenhalten. Offenbar gebe es einen Zusammenhang zwischen einem „rotem Kanzleramt und der roten Laterne für Deutschland“, so Dobrindt. Dieser Einschätzung stimmte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr zu: Was die Ampel-Regierung umgesetzt habe, sei nicht wegen, sondern trotz Scholz möglich gewesen, so Dürr.

Dobrindt wiederum nahm dann auch die Grünen ins Visier: „Grüne Wirtschaftspolitik ist nicht bankrott, nein, sie hat nur aufgehört zu funktionieren“, spottete der CSU-Landesgruppenchef in Anlehnung an ein bekanntes Habeck-Zitat. Dessen Energiepolitik habe sogar bei den Nachbarländern für Unmut gesorgt, stellte Dobrindt fest und nannte Habeck „Arrogant“.

Zwischendurch durfte auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich einige Worte an das Plenum richten. Zunächst betonte der SPD-Politiker, dieser Tag solle in „Würde“ und in „Anstand“ vollzogen werden. Diese Aussage sorgte für Unruhe im Bundestag, hatte doch Scholz die FDP zuvor scharf attackiert.

Mützenich setzte in der Folge selbst zum Angriff auf Lindners Partei an und verglich dessen Vorgehen mit dem Koalitionsbruch 1982 durch ein Wirtschaftspapier vom damaligen FDP-Finanzminister Otto Graf von Lambsdorff. „Das werde ich Ihnen nicht vergessen“, hielt der SPD-Politiker gegenüber Lindner fest und suggerierte, auch andere Parteien hätten jetzt möglicherweise von den Austrittsplänen der FDP aus der Ampel gewusst.

Sahra Wagenknecht nannte den Tag der Vertrauensfrage das „unrühmliche Ende“ der Bundesregierung. Habeck betitelte sie in ihrer kurzen Rede einen „Pleiteminister“. Mit Hinblick auf Merz und Scholz kommentierte die BSW-Gründerin lediglich: „Armes Deutschland“. Die Bundesrepublik brauche jetzt einen „Neuanfang“: weniger Blackrock, weniger „Ellenbogen, sondern mehr sozialen Zusammenhalten“, hielt Wagenknecht fest.

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