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Eine neue Generation Merkel

Am Ende obsiegen Stromlinienförmigkeit und Kadavergehorsam über das eigene Gewissen: Bis auf wenige Ausnahmen knickt die Junge Gruppe ein. Das macht die Umfaller zur neuen Generation Merkel.

Daniel Kölbl war der erste der Jungen Gruppe, der umfiel – viele andere sind ihm gefolgt. (IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

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„Ihr könnt euch darauf verlassen: Wir bleiben in dieser Frage stehen“, rief Pascal Reddig der aufgebrachten Jungen Union beim Deutschlandtag zu. Immerhin: Er hat mit Nein gestimmt. Doch die Junge Gruppe insgesamt ergibt sich dem Kanzler. Umfallen bleibt CDU-Kernkompetenz – auch bei den jungen Abgeordneten. Statt eine Frischzellenkur für die Partei zu sein, weht wieder der alte Merkel-Mief durch die Union.

Die Junge Gruppe hatte die Messlatte selbst hochgehängt, an der sie jetzt gemessen wird. Dieses Gesetz sei „nicht zustimmungsfähig“, erklärte man der Öffentlichkeit immer und immer wieder. Völlig zurecht! Selbst der Bundeskanzler erklärte, „gar nichts“ spräche in der Sache für das Gesetz. Trotzdem beschließen sie miteinander – die Junge Gruppe und die Union insgesamt – genau dieses Gesetz, wider besseres Wissen.

Merkel ist zurück. Dieser Politikstil, falsche Politik aus reinem Interesse am Machterhalt mitzutragen, war prägend für die Jahre der Merkel-Ära. Und prägend für den Niedergang der Union – von einer konservativen Volkspartei weit jenseits der 30 Prozent zu einer Partei der reinen Beliebigkeit, die gerade so über 20 Prozent halten kann.

Die Junge Union hat mit ihrem Widerstand und dem beherzten Vertreten ihrer Standpunkte etwas Gutes geleistet, aber leider zählt das alles in der Gesamtschau nur noch relativ wenig. Denn das Paket zu verhindern oder den Kanzler mit seiner sozialdemokratischen Agenda zumindest als total nach links abgedriftet zu entlarven – dafür hat es nicht gereicht.

Die Junge Gruppe hat sich dem Irrglauben hingegeben, sie müsste irgendeine „Stabilität“ verteidigen, die diese Regierung nie gebracht hat. Sie hat sich den Kanzler-Ausflüchten ergeben. Sie hat damit den Anspruch verwirkt, für Erneuerung und Geradlinigkeit zu stehen.

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Loben muss man diejenigen, die bei ihrem Nein geblieben sind: Pascal Reddig, Johannes Winkel, Johannes Volkmann und andere. Sie können in Zukunft für neue, glaubwürdige Unions-Politik stehen. Allerdings sind auch diese Einzel-Performances am Ende nur Zierpflanzen für den Wortbruch der Jungen Union: Die Junge Gruppe stand insgesamt in dieser Frage eben nicht.

Das ist die Schuld all jener, die eingeknickt sind: Anna Aeikens (die vom Kanzler noch öffentlich gedemütigt worden war), Caroline Bosbach, Florian Bilic, Frederik Bouffier, Leif-Erik Bodin, Konrad Körner, Daniel Köbl, Karl-Phillip Sassenrath und andere. Sie alle müssen sich in puncto Erneuerung und Glaubwürdigkeit der Union nun wirklich nicht mehr zu Wort melden – sie sind für beides nicht zu gebrauchen.

Sie haben erklärt, dass dieses Renten-Paket ihren persönlichen Überzeugungen zuwiderläuft – und dann trotzdem dafür gestimmt. Ihre persönlichen Erklärungen sind also Dokumente der eigenen Rückgratlosigkeit. Solche Politiker braucht Deutschland nicht – es gibt sie schon zur Genüge.

Journalisten erklärten und erklären rund um diese Abstimmung gerne, wie hart die Lage doch für die jungen Abgeordneten sei, wie massiv der Druck von der Führung und wie wichtig doch die Stabilität des Landes. Schönreden kann man sich das irgendwie alles und Rechtfertigungen findet man immer, wenn man sie wirklich will. Doch dieser Bruch der eigenen großen Ansage ist für die Jung-Unionisten nicht zu rechtfertigen.

Sich von der SPD mit dem Bluff eines Koalitions-Endes erpressen zu lassen, ist nicht zu rechtfertigen. Und hinter einem arroganten Kanzler ins Glied zu fallen, der die eigenen Leute so beleidigend abgekanzelt hat wie Merz, ist nicht zu rechtfertigen.

Diejenigen, die dieses Rentenpaket mitgetragen haben, haben die erfrischende Standhaftigkeit der Jungen Union und ihrer Kollegen, die beim Nein geblieben sind, leider zu Grabe getragen. Sie haben Standhaftigkeit durch den rückgratlosen Merkel-Stil ersetzt. Kadavergehorsam gegenüber einer längst gescheiterten Regierung ist keine Erneuerung, sondern genau das, was die Menschen nicht mehr wollen.

Warum diese Feigheit? Niemand glaubt im Ernst, dass die 14-Prozent-SPD in dieser Lage Neuwahlen riskiert hätte – und aus Angst vor einer kindischen Blockade-Haltung der Sozialdemokraten mit Ansage falsche Politik mitzutragen, ist genau der unerträgliche Koalitions-Quatsch, der die Politikverdrossenheit in diesem Land berechtigterweise wachsen und wachsen lässt.

Schade – dieser Freitag hätte ein Lichtblick in der Politik werden und der Union, zumindest ihrem Personal der Zukunft, neue Glaubwürdigkeit einhauchen können. Man hat sich für den schlechten, alten CDU-Weg entschieden: Rückgratlosigkeit und Stromlinienförmigkeit. Statt eine neue Generation stabiler Konservativer hat am Freitag eine neue Generation Merkel die politische Bühne betreten. In Form der umgefallenen Jung-Unionler, vor allem aber in Gestalt von Jens Spahn und Friedrich Merz.

Jetzt wird eine Renten-Kommission bis 2031 natürlich jede ehrliche Reform, die so einen Namen verdient hätte, verschleppen – dafür werden die Sozialdemokraten im Zweifel schon sorgen. Die Abgeordneten der Jungen Gruppe haben sich insgesamt abspeisen lassen. Damit haben sie, die für dieses schlechte Paket gestimmt haben, nicht nur die Zukunftsfähigkeit der Sozialsysteme und dieses Landes insgesamt gefährdet – sondern auch ihre Glaubwürdigkeit zu Grabe getragen.

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42 Kommentare

  • Merkelismus war nie fort.

    Das schlimme: Koalition wird trotzdem scheitern.
    Das Gesetz bleibt jedoch.
    Vollpfosten.

    So, ich geh gerad zum Mülleimer.
    Braucht das noch jemand oder kann das weg?

    • Ich muss mal etwas loswerden . An dem Tag wo die AfD verboten werden sollte werde ich vom Steuerzahler zum Leistungsempfänger . Ohne Hoffnung auf Änderung werde ich dieses System nicht weiter mit meiner Lebensleistung unterstützen.

  • Das war doch eigentlich klar. Die wissen auch, dass die CDU/CSU derzeit im freien Fall ist. Das heißt ein Wiedereinzug in den Bundestag über Direktmandate ist relativ unwahrscheinlich. Also kommt es auf einen guten Listenplatz an und den bekommt nur wer „brav“ ist. Oder sollen die nach dieser Legislaturperiode etwa arbeiten gehen???

    • Umgekehrt. Wer in seinem Wahlkreis bekannt ist, gute Arbeit leistet und auch in solchen Situationen zu seiner Meinung steht, hat gute Chancen, seinen Wahlkreis auch beim nächsten Mal zu gewinnen.
      Die Listenplätze werden immer weniger je näher die Union an die 20% Marke rutscht oder darunter.

  • Warum sollen diese jungen Abgeordneten die Einnahmequelle riskieren? Macht doch keinen Sinn! Da wird bischen PR-Revolte gemacht und das wars. Am Ende bekommen sie auch wieder Wählerstimmen von den Unbelehrbaren.

  • Die sind nichts als eine gesichtslose knetbare Masse.

    • Deren Wählerschaft ist auch nicht besser.

  • Die Namen der Standhaften, die dagegen gestimmt haben, muss man sich merken. Die anderen kann man leider getrost vergessen.

  • Also wenn 9 dagegen stimmen und der Schwellenwert bei 13 lag, dann würde ich selbst den 9 „Mutigen“ nicht groß auf die Schulter klopfen. Haben die vorher Streichhölzer gezogen?

  • Was wirklich den Widerstand der Jungen gebrochen hat, war der Deal mit den Linken; als Heidi Rechinnek angekündigt hat, daß die Fraktion der Linken sich enthalten würde, war klar, daß das Gesetzespaket als solches sowieso beschlossen wird, weil die einfache Mehrheit bei ca. 50 Enthaltungen der Linken immer erreicht worden wäre.
    Es ist, erstens, die Frage, was Spahn& Merz den Linken dafür versprochen haben.
    Zweitens, dieses Verfahren kann natürlich auf jeden kommenden Koalitionskonflikt angewendet werden, dh die Unionsabgeordneten werden noch öfter SPD Politik zustimmen müssen. Ich kann mit schwer vorstellen, wie die Union bei der daraus resultierenden Politik über 20% bleiben möchte. So sediert sind nicht Mal deutsche Wähler.

  • War doch zu erwarten.

  • Sehr schlecht für Deutschland! Aber die Union und die SPD werden dafür die Quittung erhalten. Zum Beispiel bei der BW-Wahl im März. Die Stimmung ist hier absolut im Keller. Die Regierungsparteien brauchen sich hier erst gar nicht auf die Marktplätze zu stellen. Gewählt werden die noch von Senioren, Ahnungslosen und Ideologen.

    • „von Senioren, Ahnungslosen und Ideologen“-Also noch genug. Jetzt muss man den beiden erstgenannten Gruppen klarmachen, dass es ohne Industrie aber dafür mit Auslandsabenteuern +Stadtbild 2031 keine Rente mehr geben wird.

    • Wenn die Blockparteien mich da an ihren Ständen im Vorbeigehen fatalerweise versuchen anzusprechen, gibt’s von mir seit über zehn Jahren kurze, eloquente, gar lieblich gesäuselte Worterwiderungen im zarten oberen Hörsturzbereich zurück.

      Wählen hilft ja nicht, wie man sieht – da bleibt nur die Peer-2-Peer-Ansprache direkter Meinungsvermittlung.

      Ich hätt’s gerne anders – aber die scheinbar nicht.
      Masochistisch? Todestrieb? Nur taub?
      Was stimmt nicht mit denen?

  • Das eigene Einkommen über moralische Ansprüche, Politiker eben.

  • Was für ein Gesicht? Aber ist ja nur eine Momentaufnahme. Vielleicht knallen zuhause die Sektkorken, weil Job gesichert. Oder? 😉

  • Dieses Land und dessen Bevölkerung lieferte sich wiederholt und kommende Generationen Kriminellen aus.

    Solange man nicht akzeptiert, dass man KEIN Untertan sein muss und KEINE fremde Personen und Institutionen als Vormund braucht, bleibt das Volk in der Zeitschleife des Untergangs gefangen.

    Demokratie braucht KEINE Parteien, aber Parteien brauchen das Volk was sie mästet und deren Dekadenz finanziert.

  • Die hohen Abgeordnetenbezüge (11.800 € mtl.) plus 2,5% Pension davon für jedes Jahr Bundestag = 10% nach 4 Jahren = 1.180 mtl. beruhigen fast jedes Gewissen.

  • Hat jemand etwas anderes erwartet?

  • Damit haben sie sicher Wähler gewonnen …nicht 🤣

  • Moin , so sind sie heute unterwegs hohes Selbstbewusstsein bei gleichzeitiger Ahnungslosigkeit.
    Viel Lärm um nichts…….

  • Erstaunlich, dass auch die AN-Leser völlig verkennen, was Politiker antreibt: Den Nutzen des Landes zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden. Haha, Scherzchen 🤣. Nein, was den Politiker antreibt, ist, seine eigene Karriere zu sichern und befördern und nichts, nichts, gar nichts sonst. Ist das jetzt verstanden worden? Ist doch nicht so schwer zu merken.
    BTW, auch wenn Sie es mir übelnehmen, das wird, warte nur balde, auch bei der einzigen Opposition nicht anders sein 🙃

  • „Stromlinienförmigkeit und Kadavergehorsam“…kennt man aus einer Zeit da hatten die meisten so einen komischen Krampf im Arm,…

  • Lieber Herr Roland, ich stimme Ihnen ja oft zu – hier sind Sie nun leider auf einem Holzweg ohne zugkräftiges Zugpferd.

    Sie fordern ja von der Jungen Union das, was Sie selbst beklagen: den Kadavergehorsam, gegenüber einmal gefassten EIGENEN Positionen .

    Man kann es doch an Bärbel Bas an Exempel ablesen: Dumme Menschen bleiben unbeirrt, weil bildungsresistent und weil sie eigenen Fähigkeiten penetrant überschätzen.

    Demokrstie IST ständiger Kompromiss. Wenn Sie verheiratet sein sollten, wenn Sie Kinder haben, sollten Sie eigentlich wissen, das dich NIEMAND in einer Familie mit “ seinem Film“ durchsetzt, das der Kompromiss STÄNDIG neu ausgehandelt wird, auch dann, wenn es Ihnen widerstrebt. Das ist doch ganz selbstverständlich in größeren Einheiten nicht anders.

    Wer stur an seinem Thema klebt, seinen Ansprüchen ist – sorry to say- ein Idiot.

    Im Gegenteil ist die Abstimmung heute ein Beispiel dafür, dass sich das sachlich bessere Argument NICHTautomatisiert durchzusetzen hätte.

    • Welcher Kompromiss? SPD 100%, CDU 0%. GG easy.

  • Die Umfaller sind keine neue Generation Merkel, sondern eine schon immer dagewesene Generation Merkel, die sich nur kurzfristig als „Windturbine“ zu verstellen versucht hat.

    Das musste bei solchen charakter- und noch mehr gewissenlosen Gestalten zwangsläufig direkt in die Hose gehen.

    Fazit: Es kam wie es kommen musste und nicht anders zu erwarten war.

  • Wir könnten schon längst wieder auf dem Weg zu einer Demokratie und einem ordentlichen Rechtsstaat sein, wenn nicht dauernd neue Hoffnungen mit den Altparteien entstehen würden.
    Man muss ein für alle Mal konstatieren, dass echte Änderungen nur durch eine alleinige AfD Regierung mit satten Mehrheiten möglich werden.
    Und selbst dann müssen alle aufrechten und anständig gebliebenen Kräfte trotz aller Unterschiede im Detail am selben Strang ziehen. Aber auch das ist dann mit Risiken verbunden, da auch in der AfD nur Menschen sind. Aber es ist zumindest wieder echte Veränderung möglich.

  • Unter maximalen Schäden für sich selbst (vor allem aber für das Land) hat die deutsche Christdemagogie heute einen Pyrrhussieg errungen, der zudem völlig vermeidbar gewesen wäre. Herzlichen Dank für nichts!

    Aber immerhin blieb der schöne Schein gewahrt: von wegen Minderheitsregierung von Heidi Rechineks Gnaden usw.

    Jetzt muss die „Union“ nur noch die AfD verbieten lassen, dann ist das Klassenziel erreicht.

  • Die zerstören sich die eigene Zukunft! Auch die Jungen in der CDU/CSU kann man vergessen. Das braucht dieses Land nicht!

  • Die junge Gruppe hat gezeigt wie gut sie in die gesichert wählerbetrügende Union passt – denn diese ist die verlogenste der Altparteien.
    Und Frau Bosbach ist natürlich auch dabei – ganz der Papa.

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