Die islamische Welt ist aktuell in Aufruhr wegen des israelischen Anti-Hamas-Einsatzes in Gaza, überzogene Vorwürfe wie eines angeblichen israelischen „Genozids“ an den Palästinensern hört man fast täglich. Während man, solange es gegen den jüdischen Staat geht, gerne die härtesten Anschuldigungen erhebt, ist es ganz ruhig, wenn es um die muslimischen Glaubensbrüder in China geht: Dort findet gegen die Volksgruppe der Uiguren eine Verfolgung statt, die man wohl mindestens als kulturellen Genozid bezeichnen kann.
Dass es um die Religionsfreiheit in China nicht gut bestellt ist, ist seit langem kein Geheimnis mehr. Erlaubt sind in China nur „offiziell anerkannten Religionen“, die einen Glauben so vermitteln, dass er keinen Zweifel an der Herrschaft der Kommunistischen Partei zulässt. Auch vermeintlich abtrünnige Christen werden so verfolgt. Insbesondere seit 2017 läuft dabei eine Repressionskampagne gegen die Uiguren.
Die muslimische Minderheit in der westlichen Provinz Xinjiang wird wegen einer Kombination aus ihrem Glauben und ihrer Ethnie verfolgt. In Peking betrachtet man die Volksgruppe als potenzielle Separatisten und verfolgt sie deshalb ganz besonders rabiat. Anders als etwa die in China ansässigen Hui-Muslime, mit denen man deutlich zuvorkommender umgeht, denen man Religionsunterricht und Fasten erlaubt und wo teilweise sogar Zensur vornimmt, um die Muslime vor Darstellungen von Mohammed oder Schweinen zu schützen.
Bei den Uiguren in Xinjiang dagegen ist eine Verhaftung schon möglich, wenn man einen nicht staatskonformen Koran dabeihat oder einen langen Bart trägt. Denn wie auch in Hongkong oder dem (noch) unabhängigen Taiwan, sieht Peking in der Grenzprovinz Xinjiang die Einheit des Staates durch „Separatismus“ gefährdet.
Als Separatismus gilt dabei all jene lokale Identität oder Autonomiebestrebung, die die kommunistische Herrschaft gefährden könnte: Wenn Hongkonger die aus britischer Zeit gewohnten Freiheiten verlangen, Tibetaner die chinesische Herrschaft ablehnen oder in Xinjiang Uiguren eine von der Han-Chinesen-Ethnie andere religiöse und kulturelle Identität haben, gilt das als Bedrohung.
Die Uiguren sind ein Turkvolk und deshalb mit Kasachen, Turkmenen und Türken verwandt. Im Gebiet des heutigen Xinjiang waren die Uiguren schon lange vor den Han-Chinesen ansässig. Im 19. Jahrhundert eroberte die chinesische Qing-Dynastie das Gebiet und seitdem ist es unter chinesischer Herrschaft. Schon damals versuchte man durch die Lehren von Konfuzianismus und Mandarin die Uiguren mehr chinesisch zu formen – die Versuche schlugen fehl.
In den Jahrzehnten nach dem Fall der Qing-Dynastie 1911, versuchten die Uiguren dann zweimal einen Staat zu gründen – beide scheiterten, weil sie von der chinesischen Zentralregierung niedergeschlagen wurden. Je nach Staatsführer war diese danach freundlicher oder feindseliger gegenüber den Uiguren gesinnt. 1990 als die Sowjetunion in Nationalstaaten zerfiel, wurden dann die Repressionen immer schärfer, da Peking ebenfalls den Zerfall seines Reichs fürchtete.
Unter Xi eskalierte der Repressionsapparat
Seit 2014 verfolgt nun Parteichef Xi Jinping eine systematische Verfolgung der Uiguren, intensiviert seit 2017. Unter dem Prinzip des „Volkskriegs“ sollen in Xinjiang die „drei bösen Kräfte“, Terrorismus, Separatismus und Extremismus, bekämpft werden. Dem vorausgegangen waren auch lokale Terroranschläge islamistischer Extremisten. Die Taktiken, die das chinesische Regime dabei gegen „Radikalisierung“ fährt, sind allerdings weit breiter gefasst, als nur die Bekämpfung einzelner tatsächlicher Extremisten.
Es geht inzwischen um die Zerstörung der uigurisch Kultur und Identität selbst, die mit der loyaler Parteianhänger ersetzt werden soll. Dazu setzt man auf eine Reihe von Maßnahmen, sei es Überwachung mit Checkpoints und Gesichtserkennung – die etwa anhand ihrer Gesichtsform Uiguren von Han-Chinesen unterscheidet und einen „Uiguren-Alarm“ auslösen kann – bis hin zu Internierung im großen Stil.
Teilweise ganze Dörfer werden dabei festgesetzt und in Lager gebracht, die die chinesische Regierung offiziell als Berufsausbildungszentrum präsentiert, wo alle Uiguren freiwillig wären. Mit Mauern, Wachtürmen und Zellen. Dort sind Folter und Einschüchterung Alltag – mit dem Ziel, mit Gewalt die uigurische Kultur auszulöschen.
In den letzten Jahre waren geschätzt immer an die 1,8 Millionen Uiguren gleichzeitig in den Lagern interniert. Dort bleiben sie meist für mehrere Jahre. Millionen Uiguren haben so schon die Gehirnwäsche-ähnlichen Programme durchlaufen, ca. 1,3 Millionen jedes Jahr. Satellitenbilder zeigen, wie insbesondere zwischen 2017 und 2021 der Ausbau der Lager vorangetrieben wurde. In kürzester Zeit – teilweise in wenigen Monaten – wurden neue Lager gebaut.
Einen Einblick darin, wie das Regime das Repressionsprogramm sieht, geben geleakte Regierungsdokumenten, in denen für Angehörigen, die nach Inhaftierten fragen, folgende Antwort der Sicherheitskräfte empfohlen wird: „Sie haben kein Verbrechen begangen und werden nicht verurteilt. Es ist nur so, dass ihr Denken durch ungesunde Gedanken infiziert wurde und wenn sie nicht schnell Bildung und Korrektur erhalten, werden sie zu einer großen aktiven Bedrohung für die Gesellschaft und Ihre Familie.“
Und weiter: „Es ist sehr schwer, Viren in kurzer Zeit vollständig auszurotten. Es muss wie eine Entgiftung für Drogenabhängige behandelt werden. Sie müssen einige Zeit in einem Entgiftungszentrum behandelt werden, bevor die Geißel der Sucht vollständig besiegt wird. Gegenwärtig kann nur eine aktive Aus- und Weiterbildung diesen ‚bösartigen Tumor‘ in ihrem Denken gründlich beseitigen, und nur mit gesundem Denken können Sie eine glückliche Familie haben.“
Wie man den „bösartigen Tumor“ in den Gedanken der Uiguren loswerden will
„Ich bin sicher, dass Sie sie unterstützen werden, denn dies ist zu ihrem eigenen Besten und auch zu Ihrem eigenen Wohl. Freiheit ist nur möglich, wenn dieses ‚Virus‘ in ihrem Denken ausgerottet ist und sie bei guter Gesundheit sind.” Dieses Gedanken-„Virus“ sollen die Gefangenen loswerden, indem sie täglich in kommunistischer Staatspropaganda unterrichtet werden.
Aber nicht nur die Kultur will man loswerden, auch die Ethnie selbst versucht Peking zu zerschlagen. So werden inzwischen auch immer mehr Fällen von Zwangssterilisierungen uigurischer Frauen bekannt, während gleichzeitig eine Politik betrieben wird, die eine Einwanderung von Han-Chinesen forciert. Auch gibt es im Rahmen der „Bilden Sie Paare und erkennen Sie Verwandte“-Politik ein erzwungenes Zusammenleben von alleinstehenden uigurischen Frauen, deren Männer teilweise in Internierungslagern sind, und Han-Männern, die von der Regierung als Arbeiter in die Region geschickt werden. Um „ethnische Einheit“ zu stärken, werden diese zwangsweise in Häusern und Wohnungen gemeinsam mit uigurischen Frauen untergebracht, die mit ihnen teilweise im gleichen Bett schlafen müssen.
Vordergründig präsentiert sich China dabei immer als tolerant und multiethnisch. So hat die Region formell einen Autonomiestatus und eine Gouverneurin, der der uigurischen Minderheit angehört. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass in China die Macht nicht beim Staat, sondern bei der Partei liegt. Einzig auf oberster Ebene sind Staats- und Parteiämter verbunden, auf Provinz und Städteebene gibt es immer einen staatlichen Beamten, Gouverneur oder Bürgermeister, und den Parteisekretär, der in der Rangordnung vor ihm steht – übrigens in allen Regionen Chinas. In Xinjiang ist der dementsprechend Han-Chinese.
Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas unterstützt Chinas Vorgehen
In der islamischen Welt herrscht zu all der Verfolgung ihrer Glaubensbrüder aber lautestes Schweigen. Während viele diese Staaten für anti-israelische Resolutionen stimmen, die dem jüdischen Staat vorwerfen, es begehe einen Genozid, es habe ein großes Konzentrationslager aufgebaut, es betreibe einen Apartheidstaat, schweigt man bei China – auf das tatsächlich viele dieser Vorwürfe zutreffen.
In einem Brief an die UNO unterzeichneten 22 Staaten 2019 die Forderung, die Internierungslager endlich zu schließen. Unter den Unterzeichnern war aber kein Staat mit muslimischer Mehrheit dabei.
Man schweigt – oder schlimmer noch, einige der islamischen Staaten, wie Pakistan, befürworten das Vorgehen gegen die islamische Minderheit, auch weil sie sich machtpolitisch gut mit China stellen wollen. Als Antwort auf jenen UN-Brief unterzeichneten 32 Staaten einen Reaktionsbrief an die UNO und verteidigen Chinas Politik gegen die Uiguren.
Darunter sind fast allesamt Staaten enthalten, die keine diplomatischen Beziehungen mit Israel unterhalten oder die regelmäßig bei der UNO gegen Israel stimmen. Auch von den Palästinensern ist keine Unterstützung zu erwarten. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas meint, China sei „der verlässlichste Freund des palästinensischen Volkes“, und er teile seine Unterstützung für die „legitime Position Chinas in Bezug auf Hongkong, Xinjiang und andere Angelegenheiten, die Chinas Kerninteressen betreffen.“ Dagegen war es der jüdische Staat, Israel, der mit 50 Staaten in einer gemeinsamen Erklärung an einen UN-Ausschuss die Menschenrechtssituation der Uiguren in China anprangert.
Ein Genozid nach Völkerstrafrecht ist durch die Absicht klassifiziert, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“. Peking zielt in der Region auf nichts anderes ab, als die langfristige Auslöschung des Volkes der Uiguren – durch Vernichtung ihrer Kultur, durch Umerziehungs-Lager, Umsiedlung und durch systematische Verhinderung der Fortpflanzung durch Sterilisation. Pekings Pläne sind genozidal.
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Es geht nie um Christen, Muslime, Juden…, sondern um Vorteile und Macht. So sind die unterschiedlichen Religionsgruppen sich untereinander auch nicht einig. Wir müssen auch gar nicht erst nach China gehen oder die muslimische Gemeinschaft kritisieren. Die deutsche Bundesregierung macht es auch nicht anders. Verfolgte Christen in dieser Welt interessieren sie überhaupt nicht. Stark gefährdete Christen in Afghanistan oder wo auch immer auf der Welt, werden nicht mit dem gleichen Engagement wie Muslime geschützt. Wir können auch nach Bergkarabach schauen. Wie erbärmlich hat sich Baerbock in dieser Frage verhalten.
Wenn ich nicht irre, ist es das erste Mal, dass ein deutsches Medium ausführlich darüber berichtet. Muss wohl daran liegen, dass wir China gegenüber nur allzu gerne den Bückling machen.
Es gibt 3 Welteroberungsideologien, die nicht halt machen, bevor sie nicht die ganze Welt unterworfen haben: Faschismus, Kommunismus, Islam. Die von Ihnen mitfühlend verteidigten Uiguren sind nicht die unschuldigen Nur-Opfer, als die Sie sie und sie sich selbst darstellen. Sie haben keinen Zweifel daran gelassen, daß auch sie am islamischen Welteroberungszug teilhaben werden, so man sie nur läßt. Aber die Chinesen lassen sie nicht, der dämliche Westen schon.
Die wissen halt, dass man die kleinhalten muss. Genauso wie es bei den Rohinja gemacht wird. Auch in Südthailand ist ständiger Militäreinsatz gegen die dortige muslimische Minderheit nötig, weil die da ihr eigenes Kalifat ausrufen wollen. Japan lässt wohlweislich keine moslemischen Migranten ins Land. Warum wohl?
Peking sollte sich einmal anschauen, auf was für eine überlegene Art und Weise Deutschland ähnlich gelagerte Probleme handhabt.
Als Konsequenz daraus sind hier wohl eher wir die gefährdete Spezies. Aber vielleicht legen die Chinesen mehr Wert auf ein friedliches , messerattacken-freies Zusammenleben als so mancher deutscher Journalist?
Immerhin werden die Terroranschläge seitens der Uiguren zumindest in einem Nebensatz erwähnt.
Mal im Ernst,
hier werden Unmengen übelster Vorwürfe erhoben, ohne auch nur eine einzige Quelle für diese zu nennen.
Lassen Sie mich raten Herr Thorman, wieder Adrian Zenz?