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Das Weihnachts-Feindbild schlechthin: Warum Linke ihren „rechten Onkel“ so dringend brauchen

Alle Jahre wieder hören wir Warnungen vor dem „rechten Onkel“. Er ist das Letzte, woran Großstadt-Linke sich noch klammern können – sonst müsste man sich endgültig eingestehen, dass am eigenen Leben gar nichts mehr revolutionär oder widerständig ist.

Weihnachten als Stresstest: Das Leben ist eben nicht leicht, wenn man sich die ganze Zeit das Leben schwer macht. (IMAGO/Westend61)

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Jedes Jahr lesen wir in diversen Medien, wie unerträglich Weihnachten und die eigene Familie sind. Überschriften wie „So überstehen Sie Weihnachten mit der Familie“ sollen uns irgendwie vermitteln, wie schlimm die Festtage eigentlich sind. Und weil in der Regel die Mutter oder Großmutter für den Weihnachtsbraten zuständig ist, haben wir bei dem Thema auch ein Problem mit Sexismus und unbezahlter Care-Arbeit. Kurzum: Weihnachten ist hochproblematisch.

Im Zentrum dieser Erzählung steht er: der „rechte Onkel“. Dieses Fabelwesen ist der Kern eines neuen Opfer-Mythos für Menschen, die an Weihnachten und auch sonst eigentlich gar nichts auszustehen haben und lediglich mit der Dissonanz fertig werden müssen, plötzlich in die privilegierte Mittelschichts-Existenz zurückzukehren, die man doch als zugezogener Berliner längst mit viel Haltung hinter sich gelassen hat.

Solche Erzählungen sind die letzte mögliche Entwurzelung für die Anywheres, die sich selbst einreden: Eigentlich wäre ich alleine in meiner Wohnung in Kreuzberg viel glücklicher. Einmal im Jahr muss man aber schon zurück in sein schwäbisches oder westfälisches Dorf fahren und die schreckliche Normalität der spießbürgerlichen Familie über sich ergehen lassen. Unerträglich! Und so wird Weihnachten ganz schnell zur Projektionsfläche.

Sie müssen das verstehen: Man kann ja nicht nach den Feiertagen nach Berlin zurückfahren und beim Gemüsedöner mit den Freund*innen darüber reden, wie schön es zu Hause in der heteronormativen Familie bei Gänsebraten und Rotwein war – da würde man ja sein Gesicht verlieren.

Und so kann man den rechten Onkel aus dem Hut zaubern. Der hat einen Boomer-Spruch über das Gendern gemacht, und wenn nicht, gendert er zumindest selbst nicht. Das ist emotional schon sehr belastend. Und so hat man auch Weihnachten „dekonstruiert“ und problematisiert. Problem gelöst.

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Deswegen lesen Sie so viel über einen „rechten Onkel“, den es im Zweifel gar nicht geben muss. Er ist ein mystisches Wesen, ein wenig wie das Monster von Loch Ness oder Bigfoot. Fast eine Art Lebensgefühl. Funk-Formate liefern Argumentationshilfen gegen den „rechten Onkel“, das Portal Watson schenkt uns ein „Bullshit-Bingo“ zur Vorbereitung auf den „rassistischen und sexistischen Onkel“. Der sagt dann rassistische oder sexistische Dinge wie: „Studierst du etwa immernoch?“ oder „willst du denn für immer allein bleiben?“, und das trifft beziehungsunfähige Dauerstudenten natürlich sehr.

Selbst das Bundesfamilienministerium warnt vor dem „einen Onkel, der nicht nur nervt, sondern auch ganz schön problematische Aussagen von sich gibt“. Weil man als Familienministerium unbedingt Familien spalten muss. Und Kira Ayyadi von der Amadeu-Antonio-Stiftung verbreitet auf Belltower News Tipps gegen „rechte Sprüche unterm Tannenbaum“. „Zwischen Gänsebraten und Stammtischparolen“ müsse man Haltung zeigen. Denn: „Gute Argumentation beginnt nicht mit perfekten Fakten, sondern mit Haltung“.

Haltung statt Fakten – womit wir auch beim Kern der Diskussion wären. Es geht nämlich nicht um Fakten. Man will den ominösen „rechten Onkel“ ja auch gar nicht überzeugen. Im Gegenteil: Längst ist er aus dem Selbstbild vieler Großstadt-Linker gar nicht mehr wegzudenken.

Weihnachten nur mit den liebenden, unterstützenden Eltern zu verbringen, die einem auch noch im 13. Semester ohne zu Murren das Kunst-Studium finanzieren, ist zwar schön – aber es taugt eben nicht für einen Unterdrückungs-Epos, und das ganze Leben muss ja bekanntlich ein Unterdrückungs-Epos sein. Dass es im eigenen Leben gar keine Unterdrückung gibt, ist dabei natürlich völlig egal – was nicht passt, wird passend gemacht.

Irgendeine Form von Traumatisierung, Unterdrückung und Opferstatus konnte man sich schließlich immer noch andichten, und da soll Weihnachten keine Ausnahme sein. Und hier kommt der rechte Onkel ins Spiel. Gäbe es ihn nicht, müsste man sich wohl endgültig eingestehen, dass der eigene, moderne, progressive Lebensstil für andere längst kein Problem mehr ist. Und damit auch die Rolle als revolutionäres Subjekt fehlt.

Früher, vor 40 oder 50 Jahren, gab es vielleicht Streit zu Weihnachten, man musste sich und seine Art zu leben gegen ein paar Stockkonservative und Ex-Nazis in der Familie behaupten – doch diese Zeiten sind vorbei. Mittlerweile ist ungeduscht sein Studium schleifen lassen leider gar kein revolutionärer Akt mehr. Und auch sonst nichts im Leben. Selbst in der Kirche, einst Hort der bösen Reaktion, wird einem von der Kanzel in puncto Klima, Migration, Queerness und Co. längst recht gegeben. Widerständig ist einfach gar nichts mehr am eigenen Leben.

Im Gegenteil: Junge Linke in Großstädten sind so angepasst und langweilig wie keine zweite Bevölkerungsgruppe. Revolutionär ist an ihnen nichts mehr. Das ganze Leben ist eine einzige Stromlinienförmigkeit, um zwischen Friedrichshain und Charlottenburg auch gut mitschwimmen zu können und ja in jedes überteuerte, dafür aber vegane Café zu passen. Es gibt keine Kontroversen, keine Ecken und Kanten. Und: Man hat gar nichts auszustehen.

Wer nichts auszustehen hat, kann aber auch kein Opfer von irgendwas sein. Und Opfer sein, das muss ja. Also wird sich alle Jahre wieder auf einen rechten Onkel bezogen, den man eh nur einmal im Jahr sieht und dessen Kommentare in Wahrheit auch völlig unmaßgeblich sind.

Allein seine Existenz und Kommentare zu ertragen, ist aber schon ein revolutionärer Akt, der letzte, der einem noch bleibt. Hier kann man nochmal richtig widerständig sein, Haltung zeigen und die flachen Sprüche klopfen, die man vorher bei Funk oder der Amadeu-Antonio-Stiftung auswendig gelernt hat.

So kann man schön ausblenden, dass das eigene Leben mit Revolution und Unterdrückung gar nichts mehr zu tun hat – genau wie den Umstand, dass der „rechte Onkel“ mit seinen „Parolen“ in der Vergangenheit leider verdammt oft recht behalten hat.

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34 Kommentare

  • Also in meinem Bekanntenkreis sind auch genügend Opas (bis zu 90 Jahren) dabei die der Jugend genügend Kontra geben können. Lebenserfahrung schlägt halt Spinnerei.

    • um mich mit linken Vögeln zu beschäftigen, ne danke.

  • In meiner Familie gibt’s nur „rechte Onkels“. Wer aus dem Rahmen fällt ist die linke Cousine die mit ihrem Gebrabbel jedem auf den Zeiger geht.

    • So ist auch der Verteilung innerhalb der Gesellschaft. Nur die Medien zeigen diese extremen überproportional. So wirk es als seien sie die demokratische Mehrheit.

    • Lassen wir uns nicht spalten! Wir alle, jung und alt, haben unter der Altparteien-Herrschaft nur zu verlieren. Die AfD führt bereits in allen Altersgruppen außer 60+ — noch! Den Opa und die Oma werden wir auch noch bekehren!

    • Die Cousine kann man ganz schnell aus der Fassung bringen. Nicht dagegenargumentieren, sondern Fragen stellen. Es gilt ohnehin “ Wer fragt, der führt“.

  • ICH BIN der rechte Onkel! Auch wenn ich noch weit unter 40 bin. Frohe Weihnachten

  • Warum Linke ihren „rechten Onkel“ brauchen liegt ja auch daran, dass sie ansonsten allein am Tisch sitzen würden, denn links von ihnen ist die Wand!

  • Ich glaube an Gott und fürchte mich nicht.

  • Oh man… ich wäre so froh über n rechten Onkel.
    Endlich mal vernünftige Gespräche an Weihnachten 🙂

    • Lass Dich adoptieren.

  • Der rechte Onkel oder die noch rechtere Tante waren in meiner Jugend haltende und liebevolle Figuren, die nicht immer zu Allem ja und Amen sagten. Hervorragender und tiefreichender Artikel, ich wünsche weiter so viel Erfolg.

  • 😂 (Hinweis: „Ihre Eingabe war zu kurz“)

  • Wenn die bösen „rechten“ Onkels die Geschenke alle wieder mitnehmen, ist der Weihnachtsfriede aber auch gestört. Muss ein Friedensrichter weiterhelfen?

  • Lieber den rechten Onkel, als die Oma gegen rächts am Tisch, das hebt zumindest das Gesprächsniveau.

  • Ich, als liberal-konservativer Opa werde auch kritisch von meinen diversen Enkeln eingestuft. Eine Enkelin sieht mich deswegen als nazi-gefährdet und meidet mich.

  • Das war doch eine schöne Sache, dass sich da so viele linke Demagogen öffentlich lächerlich gemacht haben.
    Und jetzt kann man mit Fug und Recht sagen, „der rechte Onkel hatte Recht!“

  • Ich diskutiere nicht mehr. Ich höre dem linken Gelaber in aller Ruhe zu und kommentiere von Zeit zu Zeit schlagfertig und süffisant.

  • Laut Insa führt die AfD in allen Altersgruppen außer 60+: nur diese letzte Kohorte bleibt noch den Altparteien treu ergeben. Also sinds vielmehr die Jüngeren, die den Onkel und die Tante politisch aufklären und auf den ÖRR-Entzug setzen.

    • Also ich kenne mehr Leute um die 60 und darüber, die ausnahmslos KEINE „Systemlinge“ und entsetzt sind, was aus diesem Land wurde. Bei den Jüngeren hingegen, die ich kenne, sieht das ganz anders aus. Die glauben fest ans Klimanarrativ, dass Schuhe aus PU „nachhaltiger“ sind, als welche aus Leder, die AfD rechtsextrem ist und wir hier die gesamte Welt aufnehmen müssen, weil den armen Leuten doch geholfen werden muss, weil wir doch so ein reiches Land sind…und so…

  • Ich wünschte, die Jungen würden wieder rebellieren. Früher Jeans und Sneaker, später Piercings, etc. Wäre ein „Mitte rechts“ Denken und Aussprechen nicht der Schock für die Eltern? 🤗 Wie viele der städtischen Eltern gehören grün oder SPD an, weil man das Klima retten möchte oder immer schon SPD gewählt hat? In meinem Umfeld bin ich derzeit einzigartig weil ich AN, TE, Nius etc konsumiere. Das schockiert mich jeden Tag. Also Jugend: schockt eure Eltern, rebelliert, verschenkt beispielsweise ein AN Abo….

    • Gab doch schon ein paar Heulartikel von linken Mamas, deren Sprösslinge bösen Rechten, intoleranten Nasi Influencern folgen.

  • Der rechte Onkel soll aber nicht vergessen, ein Testament aufzusetzen, damit die grünen Neffen und Nichten keinen Pflichtteil erben.

  • Ich kann mich noch sehr gut an ein Gesellschaftspiel aus meiner Kindheit erinnern.Es ging ungefähr so:Mein rechter rechter Platz ist leer,ich wünsche mir den Onkel her.Ich glaube die Linken haben das Spiel nicht ganz begriffen.

    • Die Sache mit dem Gleichgewicht haben sie auch nicht verstanden!

  • „Meine rechte Onkel sitzt direkt an/unter meine linke Bein … Ja, watt sichä lieve Jodd dabei wiedä hättä uusjedacht…“

  • Bei uns gibt’s nicht mal die „linke Tante“ am Tisch zu finden. Alle sind sich einig.
    So ein Fremdkörper würde die weihnachtliche Stimmung nur stören.

  • Die Linken Faschos brauchen die Reichen Onkel und Tanten damit sie im Kommunismus nicht selbst zu Grunde gehen!

  • Das Geld und andere Vorteile der alten weißen Männer nimmt er/sie/divers gerne!

  • Mir sind rechte Onkels und Tanten dreimal lieber, als nervende, humorlose weltfremde linke Spinner.

  • Linke sind doch auf einen Opa mit langen Bart hereingefallen, der in Europa erst rund 500 Jahre nach der Schaffung von Markt- und Stadtrechten auf die Idee kam, etwas über Kapitalismus zu texten! :-))

    Nun liegt das Gehirn im Pfeffer, eine neue Spezies in Form von autonomen Humanoids wird bald die Werkshallen, Ateliers, Coworking-Spaces, Kulturstätten und Städte be-dynamisieren! Und die Marxsche Arbeitsgesellschaft entschwindet in digitale Sphären und DataCenter.

    Was nun LINKE? Selbstmord? Oder neue Roadmap?

  • Hat man schon jemals was von Linken zu Ramadan gehört, außer das sie es begrüßen zu feiern ? Die Verlogenheit ist unglaublich.

  • Fast alle Linke, die politisch ./. unser Land und unser Volk randalieren, sind eh bald schlechte Geschichte !

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