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Wirtschaftlicher Abstieg

Diese Wahl ist die „letzte Chance“ um Deutschlands Wirtschaft zu retten, warnen Unternehmer

Vor der Bundestagswahl haben mehrere führende Unternehmer vor der desaströsen Wirtschaftslage gewarnt. Die Bundestagswahl sei „die letzte Chance“ und „ein Weiter-so können wir uns nicht leisten“, heißt es aus der Industrie. Nur ein Kurswechsel nach der Bundestagswahl könne die Wogen glätten.

Während andere Unternehmer keine klaren Positionen beziehen, nimmt Martin Herrenknecht kein Blatt vor den Mund.

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Die Industrie steht 2025 besonders im Fokus: Der Abstieg, der bereits im vergangenen Jahr rasant Fahrt aufnahm, könnte in diesem Jahr neue Rekordgeschwindigkeiten erreichen – kommt es nicht zu einem Neuanfang. Den fordern auch die führenden Köpfe hinter Deutschlands renommiertesten Aktiengesellschaften. Vor allem die Chemie- und Automobilindustrie haben lange Zeit den Wohlstand der Bundesrepublik gesichert – drohen aber zunehmend unterzugehen.

Laut dem Handelsblatt Research Institute stehen in den kommenden Jahren 130.000 Stellen in der Automobilbranche auf dem Spiel – allein Ende November 2024 standen branchenübergreifend noch 130.000 Kürzungsmaßnahmen aus, die bereits angekündigt beziehungsweise eingeleitet wurden, wie eine Analyse der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft zeigt, tausende Stellen wurden bereits abgebaut.

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Für viele Unternehmen und Verbände gibt es nur einen Ausweg: ein Kurswechsel nach der Bundestagswahl. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben führende Manager und Unternehmensleiter jetzt genau das gefordert. Während einige auch von der Dekarbonisierung der Wirtschaft reden, betonen andere vor allem die Wirtschaftsfähigkeit des Landes. Am deutlichsten drückt sich einmal mehr Martin Herrenknecht aus.

„Die Hängepartie der Ampel hat endlich ein Ende, und wir wählen im Februar eine neue Regierung“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Herrenknecht AG, einem der weltweit führenden Hersteller für Tunnelvortriebmaschinen, optimistisch. „Das ist die letzte Chance, zurück zu einer wirtschaftsfreundlichen, leistungsorientierten Politik zu finden, die Innovationen ‚Made in Germany‘ fördert.“

In Deutschland brauche es einen „Kurswechsel hin zu mehr Leistungsorientierung und Eigenverantwortung“ – und zudem die Abschaffung des Bürgergeldes, um stattdessen den Arbeitnehmer mehr zu belohnen: „Mein Vorschlag ist deshalb, bei einer Wochenarbeitszeit von 38 Stunden zusätzlich fünf Überstunden steuerfrei zu vergüten“.

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Bereits im April hatte Herrenknecht die Bundesregierung in den Fokus genommen: Die Sozialleistungen des Staates würden dazu beitragen, dass Deutschland „immer mehr als Softie-Gesellschaft wahrgenommen“ werde (Apollo News berichtete). Es sei zudem nachvollziehbar, dass immer mehr Unternehmen das Land verlassen, „wenn man auf die Politik der Ampelregierung schaut, die das Geld mit der Gießkanne verteilt“, sagte der 82-Jährige damals gegenüber der FAZ.

Auch zum Jahreswechsel betonte Herrenknecht diese Position: Es wird „höchste Zeit, dass Deutschland wieder zum Wachstumsmotor Europas wird – mit einer Regierung, die Probleme pragmatisch löst, statt sie mit ideologiegetriebener Symbolpolitik zu überdecken“ – dafür brauche es „ganz klar eine Regierung unter CDU-Führung“, meinte der Unternehmer.

Gefragt nach dem Ergebnis der Präsidentschaftswahl in den USA gab Herrenknecht zu bedenken, „Trump ist Unternehmer, er versteht wirtschaftliche Dynamiken und wird dieses Verständnis nicht zugunsten von Europa einsetzen.“ Gemeint sind Abkommen und Zölle, die der designierte US-Präsident auf ausländische Importe erheben könnte, um die heimische Produktion zu stärken. Für Herrenknecht ist das aber vor allem ein Ansporn: „Wir müssen uns endlich stärker positionieren, uns wirtschaftlich gegenseitig stützen – getreu dem Motto Europe First.“ 

Dennoch hat auch Herrenknecht bereits mit Investitionen ins Ausland begonnen – das Unternehmen beschäftigt 900 der insgesamt 5.000 Mitarbeiter in China, auch nach Indien möchte Herrenknecht expandieren. Doch der Vorstandschef betont immer wieder: Nicht die fehlende Verbindung nach Deutschland, sondern die wirtschaftlichen Bedingungen in der Bundesrepublik sorgen für derartige Entscheidungen. Ähnlich sieht das auch Jürgen Otto, der Vorstandsvorsitzende von Heidelberger Druckmaschinen, das 1850 gegründet worden war.

„Ein Weiter-so können wir uns nicht leisten, wenn Deutschland seinen Ruf als Exportweltmeister und technologischer Vorreiter nicht einbüßen will. Es braucht einen Neustart für und in Deutschland“, hielt Otto fest. Auch er musste im Dezember den Abbau von 450 Stellen verkünden – für die verbliebenen 3.500 Angestellten am Stammsitz soll es aber eine Standortgarantie bis 2028 geben. Ähnliche, wenn auch nicht so direkte Worte fand außerdem Mercedes-Chef Ola Källenius, der von der neuen Bundesregierung zwar Investitionen in erneuerbare Energien erwartet, aber auch eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

„Die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen werden auch 2025 von Unsicherheit, Volatilität und Komplexität geprägt sein. Um in diesem Umfeld Erfolg zu haben, müssen wir uns auf die Dinge konzentrieren, die wir am besten können“, sagte überdies Klaus Rosenfeld, Chef des Zulieferers Schaeffler, der kürzlich den Regensburger Hersteller Vitesco übernahm, um in 55 Ländern mit 120.000 Angestellten E-Achsen und Hybridmodule für Elektroautos herzustellen. Im Jahr sollen dann 25 Milliarden Euro umgesetzt werden – in Deutschland mussten aber erstmal 2.800 Stellen abgebaut werden (Apollo News berichtete).

Auch der Vorstandsvorsitzende des gebeutelten Industrieunternehmens BASF, Markus Kamieth, sieht „wieder kein leichtes Jahr“ auf die Chemieindustrie zukommen. BASF hatte im vergangenen Jahr als größter Chemiekonzern der Welt immer wieder mit Einsparungsmaßnahmen und schlechten Quartalszahlen am Firmensitz in Ludwigshafen für Schlagzeilen gesorgt (Apollo News berichtete). Und so könnte es weitergehen, denn: „Anlagen, die im Wettbewerb nicht bestehen könnten, werden wir schließen. Andere werden wir fit machen“, so Kamieth – das könnte auch den Standort in Ludwigshafen mit 39.000 Beschäftigten betreffen.

„Wir machen überall in der Welt Gewinne, außer in Deutschland“, monierte der damalige Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller und lieferte damit einen Satz, der symbolisch für viele Traditionsunternehmen in Deutschland stehen dürfte.

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