Doch nicht „prorussisch“
Bayerischer Verfassungsschutz muss Bericht über Junge Freiheit und Tichys Einblick korrigieren
In einer Verfassungsschutzbroschüre rückte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Medien wie die Junge Freiheit oder Tichys Einblick in die Nähe pro-russischer Narrative. Die Unternehmen reichten Abmahnungen und Unterlassungserklärungen ein – die Behörde änderte die Darstellung nun.
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Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat einen Bericht über eine russische Desinformationskampagne überarbeitet. Die Behörde hatte darin behauptet, die Kampagne habe mithilfe von tausenden Bot-Accounts Medienartikel verbreitet, die angeblich in ein prorussisches Narrativ passen würden. Damit wurde zudem insinuiert, die betroffenen Medien, etwa die Berliner Zeitung, aber auch Tichys Einblick und die Junge Freiheit, würden russische Propaganda verbreiten (Apollo News berichtete).
Alle drei Unternehmen konnten jetzt erfolgreich gegen die Darstellung der eigenen Artikel als in ein prorussisches Narrativ passende Erzeugnisse vorgehen. Die JF forderte das Landesamt auf, den betreffenden Eintrag in der Broschüre „Interne Details zu russischer Desinformationskampagne ‚Doppelgänger‘“ anzupassen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Laut der Zeitung kam die Behörde dieser Aufforderung bereits vor der angegebenen Frist nach.
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Hieß es in der ursprünglichen Fassung des Berichts noch, die Publikationen der angegebenen Medien würden „grundsätzlich ins russische Narrativ“ passen, änderte das Landesamt diese Passage auf Drängen der JF und der Berliner Zeitung. Die aufgeführten Medien werden jetzt als „Webseiten, deren Inhalte der Akteur in Teilen weiterverbreitet hat“, geführt. Dazu merkt der bayerische Verfassungsschutz an, dass „manche der Artikel gezielt aus ihrem Kontext gerissen“ wurden.
Außerdem stellt die Behörde klar: „Das BayLfV unterstellt explizit nicht, dass die Verantwortlichen der hier aufgelisteten Webseiten russische Propaganda verbreiten oder in Kenntnis darüber sind bzw. es gutheißen, dass ihre Inhalte im Rahmen der ‚Doppelgänger‘-Kampagne weiterverbreitet werden.“ Zu den in dieser Kategorie aufgeführten 27 Webseiten gehört kurioserweise auch das Statistische Bundesamt (Destatis), das mit einer Pressemitteilung aus Dezember 2023 aufgefallen sein soll, die mittlerweile aber nicht mehr abrufbar ist.
Gegenüber der Berliner Zeitung erklärte das Landesamt, es sei zu „inhaltlichen Missverständnissen“ gekommen. In der neuen, am Mittwoch veröffentlichten Version der „Doppelgänger“-Broschüre wurden deshalb die Links der Webseiten durch Links zu den betreffenden Artikeln ergänzt. Im Falle der Berliner Zeitung handelt es sich um einen Beitrag aus Februar dieses Jahres, in dem die aus dem Krieg in der Ukraine resultierenden wirtschaftlichen Vorteile für die USA evaluiert werden.
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Die Junge Freiheit gilt in der alternativen Medienlandschaft als eher prowestliche Zeitung. Ähnlich verhält es sich bei Tichys Einblick. Das monatlich erscheinende Magazin teilte am Donnerstag mit, das Bayerische Verfassungsamt mit „Verweis auf inhaltliche Unkorrektheit, fehlende Belege und wegen des erkennbaren Angriffs auf Pressefreiheit und Verletzung der Persönlichkeitsrechte abgemahnt“ zu haben. Mit den jetzt getätigten Änderungen kam das Landesamt den Forderungen von TE nach.
Das Magazin hat dennoch einen öffentlichen Schaden durch die ursprüngliche Darstellung in der Broschüre erlitten: Die Zuordnung von TE als „ins russische Narrativ“ passend, wurde prompt von manchen Medien ausgenutzt. Das der SPD nahestehende Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) bezeichnete unter anderem TE und die Berliner Zeitung im Zusammenhang mit der russischen Desinformationskampagne als „einschlägige Medien“. Auf der deutschen Wikipedia-Seite des Magazins lässt sich fortan lesen, dass TE „zu den einschlägigen Medien“ gehöre, „die im Rahmen der russischen Auslandspropaganda Narrative des Kremls verbreiten (…)“.
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Es geht bei dieser Kampagne doch überhaupt nicht um „russische Narrative“ (sonst wären JF und TE nicht dabei), sondern darum systemkritische Medien zu diskreditieren.
RND und Wiki haben ja auch sofort angebissen.
Zersetzung halt…
Verfassungsschutz 😂🤣😂😁😂🤣
Wann ist auch dem Letzten klar, wo die CSU zu verorten ist???
Ich bin mir sicher, daß FJS im Grab rotiert.
Meinungsvielfalt, Pressefreiheit und der Fassadenschutz
Joachim Herrmann – treten Sie zurück!
Das kann ja buchstäblich jeden treffen!
Heißt doch in letzter Konsequenz: wenn ich auf meiner Website ein Rezept über russischen Borschtsch poste, und einer dieser Bots verlinkt es, muss ich damit rechnen, wenig später in der Wikipedia zu den Medien gerechnet zu werden, die „Narrative des Kremls“ verbreiten.
Ausgerechnet die radikal pro-ukrainische JF, ich lach mich scheckig!
Das zeigt wieder einmal Luthers Weisheit: „Mit Herren ist nicht gut Kirschen essen, sie beschmeißen einen mit den Stielen.“