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Doch nicht „prorussisch“

Bayerischer Verfassungsschutz muss Bericht über Junge Freiheit und Tichys Einblick korrigieren

In einer Verfassungsschutzbroschüre rückte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Medien wie die Junge Freiheit oder Tichys Einblick in die Nähe pro-russischer Narrative. Die Unternehmen reichten Abmahnungen und Unterlassungserklärungen ein – die Behörde änderte die Darstellung nun.

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Das unter der Obhut von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann stehende Landesamt für Verfassungsschutz muss eine Broschüre anpassen.

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Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat einen Bericht über eine russische Desinformationskampagne überarbeitet. Die Behörde hatte darin behauptet, die Kampagne habe mithilfe von tausenden Bot-Accounts Medienartikel verbreitet, die angeblich in ein prorussisches Narrativ passen würden. Damit wurde zudem insinuiert, die betroffenen Medien, etwa die Berliner Zeitung, aber auch Tichys Einblick und die Junge Freiheit, würden russische Propaganda verbreiten (Apollo News berichtete).

Alle drei Unternehmen konnten jetzt erfolgreich gegen die Darstellung der eigenen Artikel als in ein prorussisches Narrativ passende Erzeugnisse vorgehen. Die JF forderte das Landesamt auf, den betreffenden Eintrag in der Broschüre „Interne Details zu russischer Desinformationskampagne ‚Doppelgänger‘“ anzupassen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Laut der Zeitung kam die Behörde dieser Aufforderung bereits vor der angegebenen Frist nach.

Hieß es in der ursprünglichen Fassung des Berichts noch, die Publikationen der angegebenen Medien würden „grundsätzlich ins russische Narrativ“ passen, änderte das Landesamt diese Passage auf Drängen der JF und der Berliner Zeitung. Die aufgeführten Medien werden jetzt als „Webseiten, deren Inhalte der Akteur in Teilen weiterverbreitet hat“, geführt. Dazu merkt der bayerische Verfassungsschutz an, dass „manche der Artikel gezielt aus ihrem Kontext gerissen“ wurden.

Außerdem stellt die Behörde klar: „Das BayLfV unterstellt explizit nicht, dass die Verantwortlichen der hier aufgelisteten Webseiten russische Propaganda verbreiten oder in Kenntnis darüber sind bzw. es gutheißen, dass ihre Inhalte im Rahmen der ‚Doppelgänger‘-Kampagne weiterverbreitet werden.“ Zu den in dieser Kategorie aufgeführten 27 Webseiten gehört kurioserweise auch das Statistische Bundesamt (Destatis), das mit einer Pressemitteilung aus Dezember 2023 aufgefallen sein soll, die mittlerweile aber nicht mehr abrufbar ist.

Gegenüber der Berliner Zeitung erklärte das Landesamt, es sei zu „inhaltlichen Missverständnissen“ gekommen. In der neuen, am Mittwoch veröffentlichten Version der „Doppelgänger“-Broschüre wurden deshalb die Links der Webseiten durch Links zu den betreffenden Artikeln ergänzt. Im Falle der Berliner Zeitung handelt es sich um einen Beitrag aus Februar dieses Jahres, in dem die aus dem Krieg in der Ukraine resultierenden wirtschaftlichen Vorteile für die USA evaluiert werden.

Der betroffene Artikel der JF hat hingegen gar nichts mit Russland oder dem Krieg in der Ukraine zu tun. Hierbei handelt es sich um ein Interview mit der hessischen Landtagsabgeordneten Anna Nguyen. Die AfD-Politikerin erwähnt in einem Satz das Wort „Russen“ – allerdings in keinem politischen oder prorussischen Kontext. Ansonsten werden in dem Gespräch, das ebenfalls im Februar dieses Jahres veröffentlicht wurde, hauptsächliche Themen mit Deutschland-Bezug behandelt.

Die Junge Freiheit gilt in der alternativen Medienlandschaft als eher prowestliche Zeitung. Ähnlich verhält es sich bei Tichys Einblick. Das monatlich erscheinende Magazin teilte am Donnerstag mit, das Bayerische Verfassungsamt mit „Verweis auf inhaltliche Unkorrektheit, fehlende Belege und wegen des erkennbaren Angriffs auf Pressefreiheit und Verletzung der Persönlichkeitsrechte abgemahnt“ zu haben. Mit den jetzt getätigten Änderungen kam das Landesamt den Forderungen von TE nach.

Das Magazin hat dennoch einen öffentlichen Schaden durch die ursprüngliche Darstellung in der Broschüre erlitten: Die Zuordnung von TE als „ins russische Narrativ“ passend, wurde prompt von manchen Medien ausgenutzt. Das der SPD nahestehende Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) bezeichnete unter anderem TE und die Berliner Zeitung im Zusammenhang mit der russischen Desinformationskampagne als „einschlägige Medien“. Auf der deutschen Wikipedia-Seite des Magazins lässt sich fortan lesen, dass TE „zu den einschlägigen Medien“ gehöre, „die im Rahmen der russischen Auslandspropaganda Narrative des Kremls verbreiten (…)“.

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