Werbung:

Bundestag

Alle AfD-Kandidaten für Ausschussvorsitz abgelehnt – Lauterbach und Esken gewählt

Alle AfD-Kandidaten für die Fachausschüsse im Bundestag wurden am Mittwoch deutlich abgelehnt – so wird es vermutlich für die gesamte Legislatur bleiben. Währenddessen konnten bekannte Gesichter wie Karl Lauterbach ein Fachgremium übernehmen.

Die Bundesvorsitzenden der AfD zeigten sich nach der Ausschussvorsitzwahl enttäuscht.

Werbung

Ein Viertel der 24 Fachausschüsse muss in den kommenden vier Jahren voraussichtlich ohne einen Vorsitzenden auskommen. Die eigentlich im Rahmen der Geschäftsordnung des Bundestages der AfD zugeschriebenen Ausschüsse werden zunächst kommissarisch von den dienstältesten Mitgliedern geleitet werden müssen, weil alle sechs AfD-Kandidaten bei den Wahlen abgelehnt worden waren. Später sollen die stellvertretenden Vorsitzenden gewählt werden, die dann die Geschicke übernehmen.

Die Gremien hatten sich am Mittwoch konstituiert und dabei in geheimer Wahl zunächst ihre Vorsitzenden gewählt. Alle Parteien erhielten dafür gemäß ihrer Fraktionsgröße ein Vorschlagsrecht für eine gewisse Anzahl von Ausschüssen. Trotz der Anonymität folgten die meisten Abgeordneten dem Ruf ihrer Fraktionen, nicht für die AfD-Kandidaten zu stimmen. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode waren die AfD-Vertreter abgelehnt worden, damals betraf dies jedoch nur drei Ausschüsse.

Delivered by AMA

Jetzt sind es schon doppelt so viele. Vor allem im mächtigen Haushaltsausschuss, aber auch in den von der AfD anvisierten Gremien für Inneres, Recht, Arbeit, Finanzen und Petitionen blieb der AfD eine Mitarbeit am parlamentarischen Alltag jetzt verwehrt. Dabei hatte sich der neue Vorsitzende der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, Jens Spahn, im April noch dafür ausgesprochen, die AfD wie eine normale Oppositionspartei zu behandeln.

Und die stärkste Oppositionspartei erhält traditionell den Haushaltsausschuss. Die Verwaltungswirtin Ulrike Schielke-Ziesing wurde hier jedoch mit 29 Nein- und zwölf Ja-Stimmen abgelehnt, die AfD verfügt über zehn Sitze. Das dürfte auch daran liegen, dass innerhalb der Union kurz vor den konstituierenden Sitzungen der Ausschüsse die Anordnung gemacht wurde, nicht für die AfD-Kandidaten zu stimmen – unter anderem von Spahn, der damit seine Aussage aus April revidierte (mehr dazu hier).

Im Innenausschuss wurde der Rechtsanwalt Jochen Haug mit demselben Stimmenverhältnis wie Parteikollegin Schielke-Ziesing abgelehnt. Bei Kay Gottschalk waren es bei 42 Mitgliedern im Finanzausschuss nur elf Ja- auf 31 Nein-Stimmen, die AfD hat hier zehn Vertreter. Gottschalk war 2023 ins mediale Rampenfeuer geraten, als bekannt wurde, dass eine seiner Mitarbeiterinnen Kontakte zu der damals vom Innenministerium verbotenen Organisation „Artgemeinschaft“ unterhalten hatte.

Lesen Sie auch:

Ähnlich vorbelastet ging Gerrit Huy in die Wahl zur Ausschussvorsitzwahl in dem Gremium für Arbeit und Soziales: Die AfD-Politikerin hatte einen signifikanten Part in der Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ eingenommen, die im Januar 2024 veröffentlicht worden war und hohe Wellen geschlagen hatte. Von 42 Mitgliedern im Arbeitsausschuss stimmten zehn – so viele Sitze hat die AfD – für Huy, 31 gegen sie.

Vorerst übernimmt jetzt ein bekanntes Gesicht die Leitung kommissarisch: Lisa Paus wird den Ausschuss als dienstälteste Abgeordnete so lange leiten, bis die stellvertretenden Vorsitzenden gewählt sind, die dann an Stelle der Vorsitzenden übernehmen können.

Zudem fiel der AfD-Kandidat Stefan Möller in dem Fachgremium für Recht und Verbraucherschutz mit zehn zu 27 Stimmen durch. Die AfD kommt bei 38 Mitgliedern hier auf neun Sitze. Auch im Petitionsausschuss, wo die AfD sechs der 26 Sitze besetzt, konnte Manfred Schiller keine Mehrheit hinter sich versammeln.

Damit folgte also die überwiegende Mehrheit aller anderen Abgeordneten der Anordnung ihrer Fraktionen, nicht für die AfD-Kandidaten zu stimmen. Nur vereinzelt gab es minimale Abweichungen. Nachdem die AfD bereits in der vergangenen Legislaturperiode leer ausgegangen war, hatte die Partei vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, das Gericht machte die Vorsitzwahl jedoch als Sache des Bundestages aus.

Währenddessen konnten in den anderen Ausschüssen jetzt bekannte Namen den Vorsitz für sich beanspruchen. Die innerparteilich stark kritisierte Saskia Esken übernimmt für die SPD beispielsweise das Gremium für Bildung, Familie, Frauen, Senioren und Jugend. Karl Lauterbach – der vor seiner Amtszeit als Minister im Gesundheitsausschuss tätig war – wird fortan den Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung leiten.

Außerdem besetzt die SPD die drei weitere Ausschüsse für Gesundheit mit Tanja Machalet, für Sport und Ehrenamt durch die ehemalige Bundestagsvizepräsidentin und Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz sowie für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung durch Macit Karaahmetoğlu.

Die Union führt insgesamt acht Gremien: Den Ausschuss für Auswärtiges mit Armin Laschet, für Digitales und Staatsmodernisierung mit Hansjörg Durz, für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat mit Hermann Färber, für Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit Mechthild Heil, für Tourismus mit Anja Karliczek, für Verteidigung mit Thomas Röwenkamp, für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit Wolfgang Stefinger sowie für Wirtschaft und Energie mit Christian Freiherr von Stetten.

Die Grünen können drei Ausschüsse leiten: Für Angelegenheiten der Europäischen Union mit Anton Hofreiter, für Kultur und Medien mit Sven Lehmann sowie für Verkehr mit Tarek Al-Wazir. Die Linke kommt auf zwei Vorsitzende in den Gremien für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, wo Lorenz Gösta Beutin den Vorsitz erlangte, und Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen, wo sich Caren Lay durchsetzte.

Werbung

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Strafbare Inhalte, Beleidigungen oder ähnliches sind verboten. Bitte haben Sie Verständnis, dass es ggf. zu längeren Bearbeitungszeiten kommt. Kommentare sind auf maximal 1.000 Zeichen limitiert.

101 Kommentare

  • Das ist das Komplett-Versagen der Demokratie.
    Und der Begriff Kartell-Parteien wird unterstrichen.

    187
  • Ich glaube nicht das daß noch lange so weitergehen kann. BT Vize seit Jahren verweigert, jetzt Ausschußvorsitz und Sitzungssaal auch noch verweigert. Es muß sich medienwirksam was verändern. Das herabwürdigen und Denunzieren muß sofort aufhören.

    101
  • Mit dieser aussergewöhnlichen Form der Demokratie werden wohl keine AFD-Wähler in andere Parteien zurückgeholt, sondern die AFD bekommt eher noch mehr Zulauf.

    59
  • Ich frage mich, wie kann das in einem Rechtsstaat möglich sein?

  • Das „müssen“ wir aber verstehen. Schließlich sind das unsere Besten. Vor allem die Raumfahrt ist wichtig. Könnten dort doch möglicherweise neue Viren entdeckt werden. 🙂 🙂 🙂

    78
  • es ist erschreckend wie sehr deutschland momentan gespalten wird. unsere regierung sollte das land zusammenbringen und nicht auseinander reißen…

    27
  • Die Linke für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen? Wenn das ein Signal an die Bau-und Wohnungswirtschaft sein soll, dann ist es ein Signal zum geordneten Rückzug!

  • Je öfter solche Ausgrenzungen geschehen, umso schneller kommt die AfD an die Regierung, ohne Koalitionspartner. Wer andern eine Grube gräbt….. Und solche nennen sich Demokraten!🤮

    104
  • Öffentlich von Demokratie faseln und in Wahrheit linke Ideologie in Reinform mit betreutem Denken.

  • Ergänzung – man kann die AFD für die garantieten zukünftigen Mißerfolge nun leider nicht verantwortlich machen.

    5
  • Nikolaus Blome (RTL-„Politikchef“) sagte dazu gestern: „Das war eine demokratische Abstimmung. Ob das jetzt demokratisch klug war, ist eine andere Frage!“ Alles klar!?

    23
  • Ich habe mich ein bißchen über den Sinn und Zweck der Ausschüsse informiert. Wenn ich das richtig verstanden habe, gehen die wichtigsten Ausschussposten „nicht zum Spass“ traditionell an die Opposition! Die Ausschüsse sind wichtige Kontrollorgane unserer Demokratie. Praktisch der Gegenspieler zur Regierung, der auf die Finger geschaut werden soll, um es in einfachen Worten zu sagen. Zu behaupten, man habe die Demokratie geschützt, in dem man der stärksten Opposition, der AfD, wichtige Ausschussposten verweigert, sollte sich fragen, ob er/sie überhaupt die Befähigung hat, im Bundestag zu sitzen! Was sagt eigentlich das Bundesverfassungsgericht dazu? Ihm müssten die Haare zu Berge stehen! Regierung und Ausschüsse in einer Hand! Also, ich finde das bedenklich.

  • Nur zwei Worte: Ein Skandal!

  • Die Fähigkeit zum Interessenausgleich entwickelt sich erst beim Ketzer einer Gesellschaft.
    Zitat: „Erst ab dem vierten Stadium sind Menschen in der Lage, andere Interessen und Lebenswelten zu erkennen und sie gedanklich im Sinne eines Interessenausgleichs zu bearbeiten“
    Quelle: Moralentwicklung

    Die Epoche Aufklärung kann die Fähigkeit nicht entwickeln, denn der Verstand führt nicht zur Vernunft – Myside Bias.

  • „Links ist vorbei! Es gibt keine linke Mehrheit und keine linke Politik mehr in Deutschland! Es ist vorbei!“ F. Merz 🤣 🤦‍♂️

    18
  • Die Linke kommt auf zwei Vorsitzende !! Was diese Posse noch mit Demokratie zu tun haben soll können wohl nur noch Selbsternannte Demokraten (der Mitte) oder was auch immer erklären !!
    Eine Demokratie ist Perse immer in Gefahr !! Vorzugsweise durch ihre Vertreter selbst !! Wie hier Eindrucksvoll bewiesen wird !!
    Hier werden Präzedenzfälle auch für die Zukunft geschaffen . Besser wird das wohl auch in Zukunft nicht mehr !

    86
  • Funktionierende „repräsentative“ Demokratie eben…….

  • Moin, seltsames Demokratie Verständnis .
    Jeder Abgeordnete ist frei in seiner Entscheidung.
    Bekommt aber die Vorgabe von der Fraktion……wen wollen Sie verblöden..
    Kommunistisches Manifest Kapitel 4..

    63
  • Dieses Vorgehen ist verfassungswidrig. Es verstößt gegen das Demokratieprinzip und den Schutz der Opposition und der Minderheit. Es ist eine Schande, dass das Verfassungsgericht dies sanktioniert. Ein parteiisches Gericht, mittlerweile.

    24
  • „Unsere Demokratie“ bei der Arbeit. Ich werde niemals wieder eine dieser antidemokratischen Alt-Parteien wählen.

  • Zumindest die AFD hat sich vorbildlich an parlamentarische Gefplogenheiten gehalten und haben nicht versucht, Lauterbach und Esken zu verhindern, oder irre ich mich?

    -7
  • Man könnte jetzt annehmen, dass die Voraussetzung für einen Ausschussvorsitz absolute Inkompetenz ist.

    43
  • Deutschland wo bist du hingekommen? Mir graut vor dir.

  • Das alles ist einfach nur Mobbing gegen die AfD und gleichzeitig wird dadurch die Demokratie zu Grabe getragen. Ich hoffe, dass die AfD noch stärker dadurch wird.

    41
  • Die anderen spucken Gift und Galle und trotzdem:
    Nicht aufregen, deren politische Entscheidungen
    arbeiten für Euch, liebe AfD!

Werbung