Er wünscht allen Weißen den Tod, posaunt seinen Hass auf das Vereinigte Königreich offen heraus, fantasierte über Anschläge auf jüdische Hochzeiten: Jetzt ist Briten-Premier Keir Starmer „hocherfreut“ darüber, dass Alaa Abd El-Fattah in das Vereinigte Königreich einreisen konnte. Der Fall des 2021 eingebürgerten Ägypters polarisiert Großbritannien und reißt bekannte Konfliktlinien auf.

Das Großbritannien, wo unbescholtene Briten auch wegen geradezu lächerlich anmutender Kommentare Besuch von der Polizei bekommen und sogar festgenommen werden – ausgerechnet für dieses Großbritannien ist die „Heimkehr“ eines jüngst eingebürgerten Ägypters, der zu Großbritannien keine wirkliche Beziehung hat, die „Top-Priorität“, wie Premierminister Starmer erklärt hatte. Und das trotz seiner zahlreichen Hasskommentare, die teilweise vor Gewaltfantasien und Menschenhass nur so triefen.

Alaa Abd El-Fattah machte sich als ägyptischer Blogger-Aktivist einen Namen: Im Arabischen Frühling, bei den Protesten gegen den damaligen Diktator Mubarak, spielte er eine relevante Rolle. Auch das folgende Regime der Muslimbruderschaft unter Präsident Mursi hatte ihn zum Gegner, schließlich geriet er auch in das Visier der Militärdiktatur von Feldmarschall Al-Sisi, der die Muslimbrüder 2013 in einem Putsch entmachtet hatte und das Land seitdem höchst autoritär führt. Abd El-Fattah wurde über rund 10 Jahre, zuletzt seit 2019, unter unmenschlichen Bedingungen als politischer Gefangener inhaftiert. Der ägyptische Staat folterte und misshandelte ihn im Gefängnis.

Brite ist Abd El-Fattah nur, weil seine Mutter in London geboren wurde, als ihre Mutter dort wiederum promovierte. „Unsere Mutter ist in London geboren. Dass wir dadurch die Möglichkeit hatten, die britische Staatsbürgerschaft zu beantragen, wussten wir lange nicht“, erklärten seine Schwestern 2022 in einem Zeit-Interview. Erst damals wurde er zum britischen Staatsbürger. Seine Einbürgerung war offenbar vor allem ein taktischer Schritt, um seine Chance auf Freilassung zu verbessern.

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Einen positiven Bezug zu seiner angeblichen Heimat Großbritannien hat er allem Anschein nach nicht – offenbar ganz im Gegenteil. Briten bezeichnete er als „Hunde und Affen“. Er rief zur Gewalt gegen Polizisten oder den Amtssitz des britischen Premierministers auf, fantasierte über die globale Ermordung von Weißen und Juden. „Ich bin Rassist, ich mag weiße Menschen nicht“, bekannte er. „Ich bin stolz darauf, rassistisch gegen Weiße zu sein“. Der Iran solle seine Atomwaffen doch nutzen, um alle Weißen auszurotten, schrieb er. Er beschrieb sich als „gewalttätige Person“, die „die Tötung aller Zionisten einschließlich Zivilisten“ befürworte. Die Posts sind in der Regel rund 15 Jahre alt.

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Jetzt entschuldigt sich der Mann für seine Posts. „Sie waren größtenteils Ausdruck des Zorns und der Frustration eines jungen Mannes in einer Zeit regionaler Krisen“, behauptet er – als Abd El-Fattah diese Posts verfasste, war er teilweise über 30 Jahre alt. Vieles, behauptet er, werde auch bewusst aus dem Kontext gerissen und böswillig interpretiert. Teilweise scheint das auch zu stimmen.

Die Wut, die sich in Großbritannien nun Bahn bricht, geht aber über den Mann und seine Posts hinaus – es ist ein eklatanter Doppelstandard, der hier offenkundig wird. In Großbritannien werden regelmäßig Menschen auch wegen völlig harmloser Äußerungen, online wie offline, verhaftet. 2025 wurde etwa ein Mann festgenommen, der bei einer Demonstration gegen einen Moschee-Bau „wir lieben Schweinespeck“ gerufen hatte. Ein 71-Jähriger, der mit einem zugespitzten Post vor dem wachsenden Antisemitismus im Vereinigten Königreich nach dem siebten Oktober warnte, wurde festgenommen, über acht Stunden festgehalten und sein Haus wurde durchsucht.

Die Feministin Julie Bindel erhielt Besuch von der Polizei, weil sie die Gender-Ideologie kritisierte. Der irische Comedian Graham Linehan wurde bei seiner Einreise am Flughafen London Heathrow durch die Polizei festgesetzt, weil er auf X gepostet hatte, man sollte „trans-identifizierten Männern“, die in Frauenräume eindringen und damit einen „Akt der Gewalt“ verüben würden, „in die Eier schlagen“, wenn nichts anderes helfe. Ein Witz, wie Linehan betonte.

Fälle wie diese gibt es zuhauf: Die zunehmende Repression gegen die freie Rede im Vereinigten Königreich ist zunehmend auch international bekannt. Drakonische Gesetze wie der „Malicious Communications Act“ (Gesetz über böswillige Kommunikation) stellen unspezifisch Äußerungen im Netz unter Strafe, die „Kummer“ oder „Sorge“ auslösen könnten.

Dass die Labour-Regierung, unter der diese Entwicklungen noch verschärft wurden, jetzt einen eingebürgerten Ägypter zur höchsten Priorität erklärt und nach Großbritannien holt und dessen Hassbotschaften dabei offenbar völlig ignoriert, bestärkt Starmer-Kritiker in ihrer Bezeichnung des Premiers als „Two-Tier-Keir“ und ihrem Beklagen von „Two-Tier-Justice“, einer Zwei-Klassen-Justiz – dass manche Menschen, vor allem Ausländer und Staatsbürger mit Migrationshintergrund, nicht mal halb so hart bestraft werden würden wie Briten ohne Migrationshintergrund.

Manche Kritik ist auch heuchlerisch und wohlfeil. Wenn etwa die ehemalige Kurzzeit-Premierministerin Liz Truss mit Blick auf Abd El-Fattah beklagt, ein „Menschenrechts-/NGO-Industriekomplex“ habe „den britischen Staat vollständig vereinnahmt“ und Keir Starmer sei Teil dieses Komplexes, wird sie berechtigterweise daran erinnert, dass es ihre Regierung und maßgeblich sie als Außenministerin war, die den Mann 2021 in Großbritannien einbürgerten. Truss hatte sich als Ministerin auch für die Freilassung Abd El-Fattahs sowie seine Überstellung nach Großbritannien eingesetzt. Wie auch viele Vertreter der konservativen Tories insgesamt.

Dennoch bleibt ein eklatantes Missverhältnis: Kaum zu bezweifeln ist, dass ein britischer Durchschnittsbürger für Äußerungen wie die, die Abd El-Fattah tätigte, mindestens mit einem Besuch mit Gefährderansprache von der Polizei hätte rechnen können, wenn nicht gar mit einer Verhaftung oder Hausdurchsuchung. Dieses Missverhältnis ist es vor allem, das für Wut im Vereinigten Königreich sorgt – und den alten Vorwürfen gegen „Two-Tier-Keir“ neues Material liefert.

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