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Maulkorb im Bundestag: Renten-Kritiker dürfen nicht reden

Am Freitag soll über das Renten-Paket abgestimmt werden – die Kritiker aus den Reihen der Union dürfen dabei gar nicht stattfinden. Die Fraktion setzt Abweichler offenbar nicht auf die Rednerliste – Ein schlechtes Zeichen für die Demokratie.

Johannes Winkel ist im Rentenstreit zu einer wichtigen gesellschaftlichen Stimme geworden – im Bundestag soll diese Stimme am Freitag keinen Platz haben. (IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

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Die Fraktionsführung von CDU und CSU will die Kritiker in den eigenen Reihen wohl bis zuletzt ruhigstellen: Abgeordnete, die sich kritisch zum geplanten Rentenpaket der Bundesregierung positionieren, sollen in der Debatte im Bundestag am Freitag offenbar keine Redezeit bekommen.

In der umstrittenen Frage des Rentenpaketes ist in den letzten Wochen eine hitzige Diskussion entbrannt – im Bundestag soll sie aber nicht abgebildet werden. Für die Union soll unter anderem Generalsekretär Linnemann sprechen – aber offenbar keiner aus der Jungen Gruppe oder aus dem Kreise der übrigen Abgeordneten, die das von der SPD und Friedrich Merz geschnürte Paket kritisiert haben.

Auch von Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin und damit eigentlich Vertreterin der Rechte aller Abgeordneten, wird aktuell nicht erwartet, daran etwas zu ändern. Innerfraktionell soll sie eher zu denen gehören, die auf die Abweichler einwirken, um sie wieder auf Kanzler-Linie zu bringen. Dabei könnte sie Abgeordneten, unabhängig von der Fraktionsführung, zusätzliches Rederecht erteilen.

Damit hat die aktuell relevanteste politische Debatte keinen Platz im Bundestag: Kritik an dem Rentenpaket wird damit allenfalls den Grünen oder den Linken überlassen. Die Union derweil will vor allem ein Zeichen gegen innerparteiliche Demokratie setzen. Für das Parlament und den Parlamentarismus eine schlechte Nachricht.

Wenn der Bundestag eine relevante Streitfrage nicht abbildet, delegitimiert er sich selbst: Das Parlament muss die Bühne der politischen Auseinandersetzung sein. Oft genug ist er das bei lauter „Fraktionsdisziplin“ schon nicht mehr, und das ist ein Demokratieproblem.

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2013 bis 2017 war der Bundestag geprägt von einer ganz großen Koalition aus Union und SPD, die zusammen rund 80 Prozent der Mandate hielten, begleitet von einer grün-linken Mini-Opposition. Merkel regierte durch, der Bundestag wurde in seinem Wirken mehr denn je zum reinen Abnick-Organ. Das Ergebnis war eine Politik an weiten Teilen der Bevölkerung vorbei und der Aufstieg der AfD als Korrektiv genau dieser Entwicklung.

Der Renten-Streit hätte hingegen eine Sternstunde des Parlamentarismus sein können – auch und gerade eine Ablehnung wäre ein Lebenszeichen eines souveränen Bundestages gewesen, der oft genug nur wie ein Wurmfortsatz der Regierung wirkt. Im Angesicht eines faulen Rentenpaketes, für das man in der Union in der Sache gar keine Argumente findet. Friedrich Merz sagte selbst: „Gar nichts spricht dafür“.

Wie Generalsekretär Carsten Linnemann die Zustimmung dann im Bundestag begründen will, wird vor diesem Hintergrund spannend werden. Die Union täte aber gut daran, auch ihren Abweichlern eine Stimme in der Debatte zu geben. Tut sie es nicht, hat die große politische Streitfrage im Bundestag einfach nicht stattgefunden – und das Parlament wäre wirklich wie eine Demokratie-Simulation, das nur zum Durchwinken der Regierungsbeschlüsse taugt.

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49 Kommentare

  • Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brauchen, um zu weinen.

    • Und wenn der Mund nicht aufgemacht wird zum Sprechen, bleibt nur ein willenloses Schweigen übrig.

    • Die JU hat so fertig wie Merz. Nur merken es beide nicht.

  • Die Verfassungswirklichkeit hat sich schon lange vom Geist der Verfassung entfernt. Während in den Fünfziger- und Siebzigerjahren noch heftig um die Sache gerungen wurde, die Westbindung der jungen Bundesrepublik und die Ostpolitik der ihren Jugendjahren entwachsenen Bundesrepublik, und während damals die Fetzen flogen und man sich nichts schenkte, ist seit den Achtzigerjahren die tatsächliche Ausschaltung des Parlaments wirksam, in der Kohl-Zeit beginnend und noch nicht durchgreifend, in den Merkel-Jahren extrem zunehmend, bis zur Ausschaltung des Parlaments. Die Griechenland-Rettung wurde ohne größere Diskussion durchgewunken, die Corona-Politik vollständig der Exekutive überlassen. Es hätte eine Sternstunde des Parlaments werden können, wenn über die Corona-Maßnahmen gestritten, diskutiert und abgestimmt worden wäre. Die tatsächliche unkontrollierte Macht lag jedoch bei der Regierung und der Ministerpräsidentenkonferenz, einem Organ, das man vergeblich in unserer Verfassung sucht.

    • Da wäre es doch konsequent, das Parlament auf maximal 100 Abgeordnete zu reduzieren ……..

    • Alles richtig, aber bitte nie vergessen: Das Volk WILL es offensichtlich so.
      („Die sollen endlich aufhören zu streiten.“)

  • Entscheidend ist, zu benennen wer dabei mitgemacht hat, damit sie hinter her nicht sagen können sie wären dagegen gewesen.

    • Deshalb ja die namentliche Abstimmung. Sie dient aber vorrangig dazu , die PARTEIKRATUR -Listenplätze neu zu vergeben, wenn die Genossen nicht spuren. 😁

  • Wozu braucht es überhaupt noch ein Parlament, wenn nur noch die Parteispitzen entscheiden, wer bei „unserer Demokratie“ mitmachen darf?

  • Solange die Jungen weiterhin in der CDU bleiben, werden sie als Stimmvieh benutzt.

    • Eben.

    • Keiner hat vordergründig etwas davon, wenn sich die Jungen zwingen lassen:
      1. Sie selbst entwerten sich. Die Wähler werden es nicht vergessen.
      2. Die CDU wird ein paar Wochen später untergehen.
      3. Die SPD wird mit ihren Pavlovschen Anhängern weiter Prozente verlieren.
      4. die Steuerzahler werden betrogen, oder werden ermuntert, sich selbst etwas vorzumachen.

  • Nun, Demokratie gestern und heute:

    Gestern: Parlament = Ort des Redens.

    Heute: Silencement = Ort des Schweigens.

  • Demokratie-Simulation trifft es auf den Punkt. Wie kann man da mit gutem Gewissen zustimmen?

  • Sie müssen nicht reden.
    Es reicht, wenn sie gegen die Demokratiefeinde stimmen.

  • Ich hätte da eine Idee wie wäre es wenn der Friedrich und die Heide gemeinsam eine Rede halten 🤣🤣🥳

  • Ja, dürfen wir uns jetzt offiziell auch zu den autokratischen Staaten zählen? Oder sprechen Politikwissenschaftler eher noch von einer Defekten Demokratie oder Scheindemokratie? Ja, wo stehen wir denn jetzt?

    Also, nach Russland würde ich jetzt als Gegenentwurf allerdings immer weniger verweisen…

    Ich finde durchaus interessant, dass die Begrifflichkeiten nach dem Zusammenbruch des Ost-Blocks entstanden sind, in deren Zeit (Transformation) sich die Demokratien noch im Aufbau befanden. https://de.wikipedia.org/wiki/Defekte_Demokratie

    Wenn wir also so weiter machen, könnten wir bald wieder auf dem Punkt von vor 1989 sein, da dürfte sich Putin ja freuen, wenn er hier alles übernehmen würde: ‚Politisch schon Alles vorbereitet, wie praktisch!‘ könnte er sagen!

  • Wenn es so käme, dass Rentenkritiker in der Union am Freitag im Bundestag ihre Haltung nicht vertreten dürfen, sollte sich überlegt werden, ob das vereinbar mit dem Antidiskriminierungsgesetz wäre, das ja auch Minderheiten Gleichbehandlung zusichert.
    Und die Junge Gruppe, die sich gegen das von der SPD geprägten Rentenpaket stellt, scheint doch zu einer massiv gefährdeten Minderheit zu gehören——- Politiker in der Union mit stabilem Rückgrat sind doch selten, rar, geworden– ist mein Eindruck — also eine schützenswerte Minderheit.

  • „Ein schlechtes Zeichen für die Demokratie.“….. Nicht wenn es sich um „UNSERE DEMOKRATIE“ handelt. 😉

  • „Ein schlechtes Zeichen für die Demokratie“, aber das ist es schon lange. Die Regierung ist total überfordert. Darum geht man diese Baustellen nicht an, Versprechen nicht eingelöst in der Hoffnung, dass das tote Pferd noch ein paar Jahre weiter läuft.

  • Die Abgeordneten der „rebellischen“ Jungen Union können ja einfach aus dieser CDU austreten, wenn sie keine demokratische Partei mehr sein möchte. DAS wäre doch mal rebellisch.

  • Mein Eindruck ist, dass es in Deutschland allgemein eine Tendenz zum Unterdrücken aller Art von Kritik gibt, selbst wenn eine geäußerte Gegenmeinung ein Sachanliegen betrifft und konstruktive Mitarbeit an der Lösung eines Problems darstellt. Narzisstische Hypersensibilität unserer Politiker und Diskursverweigerung bei Sachthemen bringen Deutschland gewiss nicht wieder nach vorn. Was für eine selbstentlarvende Posse bietet die CDU, die sich für ach so staatstragend hält, wenn sie ermahnende und daher unerwünschte Stimmen aus den eigenen Reihen im Vorfeld einer Parlamentsdebatte aussortiert? Und wie anders als eine Posse soll man eine solche parlamentarische Veranstaltung nennen?

    • Die wird über Generationen von ganz oben durchgereicht, regelrecht anerzogen! Mein Eindruck!

  • Die werden trotzdem am Stuhl kleben bleiben, das ist das Dilemma mit den Berufspolitiker.

  • Mein lieber Herr Roland: nein das ist ein gutes Zeichen für uns Beobachter…. wir können mitverfolgen (in Echtzeit) wie es die CDU zerlegt.😁 Das wird nicht mehr lange gut gehen und die Koalition soll noch 3 Jahre halten… der nächste Streit ist da schon vorprogrammiert. Die CDU mußte jetzt schon zweimal zurück stecken. Beim dritten Mal, kommt es zum großen 💥

  • Damit hat die JU ihr letztes Vertrauen beerdigt,
    Braucht niemand mehr.

    • Mal ehrlich ! Sie hatten noch ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Mitgliedern und Politik der Jungen Union ? Und das nach über 200 Tagen CDU/CSU SPD Regierung ?
      Also wir haben unseren Ju Politiker schon vor 2 Monaten aus dem Verein geworfen .
      Das Gelaber und die Entschuldigungen konnte keiner mehr ertragen !

  • Manche würden sagen, wer nach 16 Jahren „sanfter Diktatur“ und 3 Jahre Wünsch dir Was Politik immer noch von Demokratie spricht, kann sich weitere 20 Jahre hinlegen und das wahre Geschehen verpennen.

    Ein Parlament was überwiegend umgangen wurde und Entscheidungen ALLEIN oder in den Parteizentralen getroffen wurden, ist weit vom „Umsetzen des Wählerwillen“ entfernt.

  • Die CDU wird immer undemokratischer und
    autoritärer.
    Unwählbar dieser desaströse Verein, Partei möchte ich diesen Morast nicht nennen.
    Merz geht als schlechtester Kanzler aller Zeiten in die Geschichte ein.

    • … Widdewiddewitt, wie sie mir gefällt !
      Und da sage Einer, Kinderlieder seien pure Phantasie.

    • Iss so. In die Enge getrieben wird jedes Wesen aggressiv. Ist ein positives Zeichen, es wird eng.

    • BISHER schlechtester Kanzler, die Hölle kennt keinen tiefsten Punkt.

  • Diktatur lässt grüßen.

  • Die Abweichler der CDU sollten einen offenen Brief schreiben und die Redner der AfD sollten ihre Redezeit dazu nutzen, diesen Brief im Parlament zu verlesen.

  • Welch kühner Geist behauptet da, dass wir noch in einer Demokratie leben? Millionen Wähler fallen immer noch auf die gleichen Betrüger rein, nur die Namen ändern sich. Diese Wähler ahnen die Realität, ab es lebt sich doch so mit Illusionen am besten. Noch!

  • Ich find es super, dass der Staatsrates Vorsitzende im Werden der GaGroKo schon einmal das SED typische Synchron- Klatschen einübt.

    Vorwärts und nicht vergessen
    es gibt Hummer zum Abendessen

    Rotfroooont🌹✊

    😁😁

  • „Ein schlechtes Zeichen für die Demokratie.“
    Ist doch ein hervorragendes Zeichen für „Unseredemokratie“ (ein Wort).

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