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Wahlprüfungsbeschwerde

Niemand will zuständig sein: Wie Wagenknecht vom Bundestag vorgeführt wird

Die Überprüfung der BSW-Beschwerde nach der Bundestagswahl scheitert auf ganzer Linie. Während das Bundesverfassungsgericht auf den Bundestag verweist, nimmt dieser einen Ausschuss in die Verantwortung, den es noch nicht gibt. Wagenknecht wird vorgeführt.

Sahra Wagenknechts politische Zukunft ist weiterhin ungewiss.

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Wo auch immer das Bündnis Sahra Wagenknecht nach einer Anlaufstelle für eine Wahlprüfungsbeschwerde sucht, läuft es momentan gegen verschlossene Türen. Am 3. Juni gab das Bundesverfassungsgericht bekannt, zwei Anträge der Partei abgelehnt zu haben. Bereits im März war das BSW mit einem Eilantrag vor dem höchsten deutschen Gericht gescheitert, und auch im Bundestag werden die Zuständigkeiten gekonnt abgewiesen.

Das Ziel der Wagenknecht-Gruppe: eine Neuauszählung der Bundestagswahl – doch niemand scheint die Beschwerde so wirklich ernst zu nehmen. Dabei geht es um eine entscheidende Frage: rechtfertigt das knappe Ergebnis der Partei eine Neuauszählung? Am 23. Februar hatte das BSW mit 4,981 Prozent den Einzug in den Bundestag verpasst. Nicht einmal 9.500 Stimmen trennten die Partei von ein paar Sitzen im Plenum. Dafür machte das Bündnis auch die Platzierung auf dem Stimmzettel verantwortlich, weil das BSW unter dem Bündnis Deutschland und zudem an einer Faltstelle platziert worden war.

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Das Bundesverfassungsgericht hielt jedoch fest, dass die Anordnung hier festgelegten sowie an dem Zweitstimmenergebnis einer Partei bei der letzten Bundestagswahl und erst dann am Alphabet ausgerichteten Parametern folgt, wie es in Paragraf 30 des Bundeswahlgesetzes festgelegt ist. Im zweiten Antrag bemängelte das BSW, dass es bei einem knappen Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde keine rechtlich gesicherte Möglichkeit der Einspruchserhebung gebe. Daraufhin verwiesen die Richter wie bereits im März auf das Verfahren im Bundestag.

Hier gibt es den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, der von dem SPD-Politiker Macit Karaahmetoğlu geleitet wird. Der teilte dem BSW in einem der Tagesschau vorliegenden Schreiben jedoch mit: „Zu Ihrem Anliegen kann ich mich als Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung nicht äußern. Dieser Ausschuss führt zwar die Wahlprüfung im Titel, diese obliegt aber dem vom Plenum gesondert gewählten Wahlprüfungsausschuss.“

Den Unterschied zwischen den beiden Wahlprüfungsgremien erklärt Karaahmetoğlu dann folgendermaßen: Der Wahlprüfungsausschuss, der über die Beschwerde des BSW entscheiden müsste, sei kein normaler Fachausschuss, deren es 24 im Bundestag gibt und die sich allesamt im Mai konstituierten (mehr dazu hier). Vielmehr müsste er durch den Bundestag gewählt werden.

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„Der Wahlprüfungsausschuss wird dann abschließend dem Plenum des Deutschen Bundestages zu jedem Einspruch eine Beschlussempfehlung vorlegen. Das Plenum wird anschließend über die Beschlussempfehlung entscheiden“, erklärte der SPD-Politiker weiter in dem Schreiben. Somit wird das BSW durchgereicht: Vom Bundesverfassungsgericht wurde die Partei an den Bundestag verwiesen, der wiederum einen noch nicht existierenden Ausschuss in die Verantwortung nimmt.

Es könnte sich also noch Wochen oder Monate hinziehen, bis sich der Bundestag endlich der Beschwerde des BSW annimmt. Bis dahin könnten bereits zahlreiche folgenschwere Entscheidungen getroffen worden sein – die mit dem BSW im Bundestag vermutlich nicht möglich gewesen wären. Denn: Mit der Partei im Plenum kommen Union und SPD nicht mehr auf eine Mehrheit, es bräuchte dann die Grünen für eine sichere Zusammenarbeit und eine Minderheitsregierung wäre in manchen Themen nur mit den Stimmen der AfD tragbar.

Grüne und Union lassen sich programmatisch jedoch nur schwer vereinbaren – das haben auch die Verhandlungen rund um die Grundgesetzänderung zur Einrichtung eines schuldenfinanzierten Sondervermögens gezeigt. Für Union und SPD wäre eine Neuauszählung aller Stimmzettel daher mit einem gewissen Risiko verbunden, weil das BSW somit eventuell doch noch in den Bundestag einziehen und die aktuelle Regierung pulverisieren könnte.

Die Entscheidung über die Wahlprüfungsbeschwerde könnte also drastische Folgen haben. Aufgrund der Gewichtigkeit hat auch das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung dahingehend nicht grundsätzlich ausgeräumt. Und auch auf der Seite des Bundestags zum Wahlprüfungsausschuss heißt es: „Gegen die Entscheidung des Parlaments kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.“

Die Frage ist nur: wann? Weil sich die offiziellen Stellen nach der Bundestagswahl mit einer Einordnung des BSW-Ergebnisses schwertaten, hatte die Partei eigenständig nach Auszählungsfehlern und Ungereimtheiten bei den Ergebnismeldungen aus den einzelnen Wahlkreisen gesucht – und war fündig geworden.

Bundesweit wurde das Ergebnis der Partei nach oben korrigiert: Statt der nach der Wahl fehlenden 13.435 Stimmen waren es nach der Verkündung des offiziellen Endergebnisses durch die Bundeswahlleiterin nur noch 9.529. Hinzu kommen Ungereimtheiten bei der Wahl der Auslandsdeutschen: Zahlreiche der 213.000 für die Bundestagswahl registrierten Auslandsdeutschen erhielten die notwendigen Unterlagen nicht rechtzeitig oder gar erst nach der Wahl.

Gereicht hat die Ermittlung all dieser Fehler am Ende dennoch nicht. Weil bei rund 50 Millionen abgegebener Stimmen die fehlenden 9.500 aber auch durch Auszählungsfehler oder Ähnliches zustande gekommen sein könnten, möchte die Partei weiter für eine Neuauszählung kämpfen. Das BSW könnte sich folglich noch ein drittes Mal an das Bundesverfassungsgericht wenden – das Problem: Für die Beschwerde beim Wahlprüfungsausschuss gibt es keine Frist. Das Gremium könnte also auch erst zum Ende der Legislatur eine Entscheidung fällen.

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65 Kommentare

  • Wenn eine Entscheidung überhaupt erzwungen werden kann ,

    dann Jahre später wenn es keine Rolle mehr spielt !

    kommt einem doch irgendwie bekannt vor !

    106
  • Nur so ein Gedanke: wenn jetzt das Bundeskanzleramt neu gebaut wird… wäre es dann nicht im Sinne des Klimaschutzes effizient, das Bundesverfassungsgericht in dem Gebäude gleich mit unterzubringen? So könnten die Richtenden ihren Schutzauftrag deutlich klimaneutraler nachkommen?

    67
  • Der Bundestag – insbesondere die „Regierung“sdarstellenden – haben kein Interesse an einer Veränderung der Zusammensetzung des Parlaments, weil ein Einzug des BSW automatisch eine Reduzierung der Parlamentarierenden der übrigen Parteien nach sich zöge. Schließlich ist die Summe aller Sitze auf 630 Stück begrenzt.
    Ach so: auch die „Regierung“ hätte schlagartig keine Mehrheit mehr.

    66
  • Deutschland agiert wie ein Willkürstaat.
    Klar, dass Wagenknecht auf keinen Fall in den Bundestag kommen durfte.
    Mit der AfD wären es über 25% regierungskritische Stimmen zur Einberufung von Untersuchungsausschüssen beispielsweise zur Flüchtlings- und Corona-Krise gewesen.
    Die Angst vor dem Machtverlust des Mainstreams entlarvt diesen als antidemokratisch.
    Wagenknecht wurde bereits 2018 mit „Aufstehen“ in den Burnout getrieben.
    Jetzt halt so.
    Man variiert.

  • Der Fehler ist, daß in Deutschland sogar eindeutige Verstöße gegen das Grundgesetz bis hinunter zur Mißachtung von Verordnungen juristisch nicht verfolgt werden. Auch verschwundene Unterlagen und Erinnerungen (DDR-Tankstellen, vdL-E-Mails, CUM-EX-Scholz) werden nicht verfolgt. Relativ neu: Sabotage von interessierter Seite. Das ist ein ungleicher Machtkampf wie in der Feudalzeit.

    49
  • Hauptsache ihre Parteigenossin Katja Wolff sitzt im Ministeramt bei Mett-Mario in Thüringen. Wagenknecht wird so behandelt, wie die AFD die letzten Jahre, Sie wird ausgegrenzt oder einfach ignoriert. Das politische Kartell lässt keine Opposition zu.
    Versager in der Regierung müssen ertragen werden, weil der Wähler diese Arroganz der Macht nicht erkennen will. Bezahlen werden wir letztlich alle dafür.

    82
  • Mittlerweile steht die Regierung über dem Gesetz und keiner will was tun. Ich habe Sara Wagenknecht nicht gewählt, wünsche ihr aber trotzdem Gerechtigkeit. Manchmal dauert das, aber es wird geschehen.

    29
  • Dieser ganze Staat kommt vor lauter Bürokratie und pseudo-Verordnungen langsam aber sicher zum erliegen. Man kann ja heutzutage kaum noch ein Auto anmelden.

  • Trotz Koalitionsplänen zur Einschränkung freiwilliger Aufnahmeprogramme will die Bundesregierung an bereits erteilten Aufnahmezusagen für gefährdete Afghanen festhalten.
    Das erklärte Aussenminister Wadephul (CDU) im BT.
    «Wo wir Aufnahmezusagen in rechtlich verbindlicher Form gegeben haben, halten wir die selbstverständlich ein», betonte der Minister lt. einem Bericht von Zeit online.
    Konkret geht es um rund 2500 Afghaninnen u. Afghanen, die derzeit in Islamabad auf ihre Ausreise warten.
    Darunter befänden sich auch zahlreiche sogenannte Ortskräfte, die in der Vergangenheit für dt. Institutionen tätig gewesen seien – etwa die Bundeswehr o. Ministerien, schreibt die Zeit.
    Für diese Menschen besteht seit dem Machtwechsel in Kabul durch die Taliban 2021 ein besonderes Schutzbedürfnis.
    – Während die alte Bundesregierung die Aufnahmeprogramme fortführte, hatte die neue Regierung aus Union und SPD ursprünglich angekündigt, solche Programme «so weit wie möglich» zu beenden.

    20
  • Wagenknecht hat ihren Auftrag – der AfD bei wichtigen Wahlen entscheidende Stimmen weguznehmen – erfüllt. Nun wird sie nicht mehr benötigt. Ist bei Maaßen und der WerteUnion das gleiche. Beide werden nicht mal mehr in irgendwelche Sendungen eingeladen und kaum noch erwähnt. Selber Schuld.

    38
  • Wir sind eine erwachsene Demokratie, gell Herr Merz.

    19
  • Es ist keine Demokratie in der wir leben.

    25
  • Ein weiteres Bespiel mit welchen unfähren Mittel der Parteien Block vorgeht.
    Ist das noch demokratisch?

  • Es verfestigt sich der Eindruck, dass nicht OK das Problem ist, sondern „OV“ –
    „Organisierte Verantwortungslosigkeit“.
    Die OV zieht sich im Übrigen durch die gesamte Verwaltung – ohne Ausnahmen

  • Das Parlament scheint mehr eine Bürgerkriegszone als eine demokratische Institution zu sein, wenn man sich das so anschaut .In einer ehrlichen Demokratie sollte jeder Parlamentarier daran interessiert sein, dass die Wahrheit über allem steht und dem Wählerwillen entsprochen wird.

  • Es könnte sich also noch Wochen oder Monate hinziehen ???
    Monate oder Jahre ist wohl wahrscheinlicher.
    Ich würde vorsoglich mal darauf Klagen, daß sämtlich bisherige getroffenen Entscheidungen, Beschlüsse, Gesetzesänderungen, SonderSchulden usw. für nichtig erklärt werden, wenn das BSW nach der Neuauszählung in den Bundestag einzieht.
    Dann würde es auf jeden Fall schneller mit der zu erwartenden rechtswidrigen Ablehnung der Wahlbeschwerde gehen.

    17
  • Nun … „unsere Demokratie“ ist stark und kommt auch mit einer solchen Situation zurecht. Es wird immer offensichtlicher, dass dieses System ein in sich geschlossenes , mit Methoden , welche man nur aus totalitären, diktatorischen Systemen kennt , agiert , um sich selbst zu schützen. Da ist es absolut hilfreich das Volk und die Opposition durch (bewusste?) Lücken in Gesetzen und „Geschäftsordnungen“ im wahrsten Sinne des Wortes „abzuschneiden“ und in die Handlungsunfähigkeit zu degradieren.

  • Diese Politik Systeme sind zu einer pervertierten Farce verkommen!
    Mit Demokratie zum Wohl des Landes oder der Bürger hat das alles nichts mehr zu tun.

  • „Unsere Demokratie“ wir durch Brandmauern eingehegt.
    Hier sind es formale Brandmauern.

  • Karrenmagd vorgeführt?! Wohl ehe ihre Wähler nach Strich und Faden verarscht!😜😂🤣🤪

  • So viel zu Demokratie, fairen und korrekten Wahlen und den Willen des Souveräns. Deutschland hat fertig.
    Merz wie bei Fox News sind blanker Hohn, wenn er was von einer erwachsenen Demokratie sagt. Der hat sich korrupt den Bundeskanzler mit Steuergeld gekauft. Sowas passiert nicht in einer Demokratie.

  • Moin, ich denke das Parteien die in jeder Beziehung über das Land entscheiden können altbacken. Der Parteienproporz spielt eine immer größere Rolle. Mittlerweile kommt erst die Partei dann das Land.
    Die Länder in Europa wo der Adel noch mitbestimmen kann
    geht es offensichtlich besser als uns .

  • Das Linke Kartell hält zusammen ( zähle ich auch die Linke dazu), BSW und AFD stören da nur, man bleibt lieber unter sich und teilt sich dieses Buntland untereinander auf!

  • Ja dass ist dumm gelaufen für das BSW, allerdings nicht ganz unschuldig.
    Wäre die Parteilinie des BSW nach den Wahlen in Thüringen und Brandenburg, sowie im Vorfeld der Bundestagswahl gegenüber der AFD nicht so ein Hickhack gewesen müsste Frau Wagenknecht jetzt möglicherweise nicht nach 9600 Stimmen suchen. Sondern würde mit 96000 Stimmen mehr im Bundestag sitzen. CDU CSU SPD werden sich mit Händen und Füssen gegen eine Neuauszählung wehren.

  • Wer braucht denn noch die Alt-Stalinistin Sahra W? Nun haben es sich die Linken und ihre Sozi-Genossen im Geiste von der SPD mit den merkelgrünen Herz-Jesu-Sozialisten (formerly known as CDU) so gemütlich eingerichtet,da stört die doch nur noch.

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