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Zwei Jahre „Blinddarm“: Der entgrenzte Hass gegen Ungeimpfte muss aufgearbeitet werden

Heute vor zwei Jahren erklärte ZDF-„Satirikerin“ Sarah Bosetti Ungeimpfte zum „Blinddarm" der Gesellschaft. Dabei war sie nur die Spitze des Eisbergs. Der Hass auf Ungeimpfte hat im Winter vor zwei Jahren erschreckende Ausmaße angenommen.

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„Wäre die Spaltung der Gesellschaft wirklich etwas so Schlimmes? Sie würde ja nicht in der Mitte auseinanderbrechen, sondern ziemlich weit rechts unten. Und so ein Blinddarm ist ja nicht im strengeren Sinne essenziell für das Überleben des Gesamtkomplexes.“ Das erklärte die „Satirikerin“ Sarah Bosetti heute vor exakt zwei Jahren in ihrer ZDF-Sendung Bosetti will reden. Mit dieser Aussage war Bosetti mindestens einmal nah an Vernichtungsphantasien gegen gesellschaftliche Minderheiten. Dass sich das ZDF überhaupt traute, so etwas auszustrahlen, zeigt, wie entgrenzt die Wut auf Ungeimpfte war. Wurde die Entscheidung sich nicht impfen zu lassen im September und Oktober 2021 zumindest noch geduldet, schlug die Stimmung im November und Dezember in fanatischen Hass um.

Dabei waren die entmenschlichenden Aussagen Bosettis nur die Spitze des Eisbergs. Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte „drakonische Strafen“ gegen Impfunwillige und äußerte am 15. November gegenüber der Welt, dass Ungeimpfte „nicht als Minderheit die Mehrheit – ich sag das mal – terrorisieren dürfen. Und auch mit entsprechenden Regeln konfrontiert werden.“ Bei einer Tagung in Rostock am 6. November 2021 erklärte Altbundespräsident Joachim Gauck in Bezug auf Ungeimpfte: „Dann ist ja auch schrecklich, dass wir in einem Land leben, in dem nicht nur Bildungswillige leben, sondern auch hinreichende Zahlen von Bekloppten.“

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„Dieses Land muss irgendwann mal konsequent sein“ erklärte Friedrich Merz am 23. November 2021 bei Markus Lanz. Er forderte die konsequente Umsetzung von der 2G-Regel und zwar auch am Arbeitsplatz. „Wir sind an einem Punkt, wo das Land in Geiselhaft genommen wird von Impfgegnern und Corona-Leugnern“, so Merz weiter. Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery trägt mit seinen Aussagen im besonderen Verantwortung für eine Entgrenzung gegenüber Ungeimpften – bei Anne Will sprach er am 7. November gar von einer „Tyrannei der Ungeimpften“.

Ein Staat ohne „rote Linien“

Funktionäre, Politiker und auch Teile der Gesellschaft hatten sich vor dem Grundsatz, der Gleichheit vor dem Recht verabschiedet. Der Zugang zu grundgesetzlich verbrieften Rechten wurde plötzlich und historisch einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik an Voraussetzungen gekoppelt und damit in ihr Gegenteil verkehrt. Man war nicht mehr rechtlich gleichgestellt. Statt gleichem Recht für alle galt die gleiche Pflicht für alle. Wer diese Pflicht nicht erfüllen wollte, der war eben „raus aus dem gesellschaftlichen Leben“, wie es Saarlands Ex-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) am 9. Dezember bei maybrit illner formulierte.

Am 5. Dezember forderte Markus Söder bei Anne Will Karl Lauterbach zum Gesundheitsminister zu ernennen. Es brauche nun keine Person, die erst 100 Tage Einarbeitungszeit benötige, erklärte Söder damals. So kam es dann auch. Bundeskanzler Olaf Scholz zögerte die Ernennung des Gesundheitsministers lange heraus. Aufgrund des öffentlichen Drucks wurde Lauterbach dann schließlich Nachfolger von Jens Spahn. In seiner ersten Regierungserklärung erklärte Bundeskanzler Scholz, dass es „keine roten Linien“ mehr geben dürfe. Dabei wird jeder Rechtsstaat gerade durch rote Linien charakterisiert.

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Bosetti bekommt eigene Late-Night-Show

Kaum im Amt machte Lauterbach sich daran, federführend ein Impfpflichtgesetz herauszuarbeiten. Der Gesetzesentwurf zur Impfpflicht sah de facto die bürgerliche Vernichtung von allen Impfunwilligen vor. Wer die Impfung verweigerte, hätte ein Bußgeld in Höhe von 2.500 Euro zahlen müssen. Dieses Bußgeld wäre bei auch mehrfach zu leisten gewesen, wenn die betreffende Person die Impfung weiterhin verweigert hätte.

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Bei Zahlungsunfähigkeit kommt normalerweise das Zwangsmittel der Erzwingungshaft zur Anwendung. Dieses war bei der Impfpflicht ausgeschlossen. Bei dem Impfpflichtgesetz wäre stattdessen die Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von bis zu 25.000 Euro erforderlich gewesen. Wer das Zwangsgeld nicht zahlen hätte wollen oder können, dem hätte die Beitreibung bzw. Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher gedroht.

Die gesellschaftlichen Verwerfungen dieser Zeit wurden bis heute nicht aufgearbeitet. Konsequenzen gab es für niemanden. Scholz ist noch immer Bundeskanzler, Lauterbach noch immer Gesundheitsminister. Marie-Agnes Strack-Zimmermann wurde sogar zur Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses gewählt und Sarah Bosetti hat im Oktober eine eigene Late-Night-Show bei 3sat bekommen.

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