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Aschaffenburg

Zum Tatzeitpunkt hätte er im Gefängnis sitzen können: die kriminelle Geschichte von Enamullah O.

Enamullah O. tötete am Mittwoch zwei Menschen – dabei hätte er zu diesem Zeitpunkt im Gefängnis sitzen können. Weil wegen zweier Taten später eine Gesamtstrafe verhängt werden sollte, war er zunächst auf freiem Fuß. Zuvor nahmen die Behörden den Afghanen mehrfach ins Visier.

Polizeibekannt und verurteilt: trotz einer kriminellen Geschichte war Enamullah O. auf freiem Fuß.

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Eigentlich hätte er Deutschland längst verlassen müssen, dennoch tötete Enamullah O. am Mittwoch zwei Menschen in Aschaffenburg. Wie jetzt bekannt wurde, war der aus Afghanistan stammende Täter nicht nur vollziehbar ausreisepflichtig, die Staatsanwaltschaft führte auch eine Liste von Ermittlungsverfahren gegen den 28-Jährigen, wie die Welt berichtet. Er hätte zum Tatzeitpunkt zudem eigentlich eine Strafe absitzen müssen.

Was ursprünglich in den Medien mit „in der Vergangenheit psychisch auffällig“ beschrieben wurde, entlarvt sich als eine Reihe von Handlungen, die von regelrechter Gewaltbereitschaft zeugen. Widerstand und tätliche Angriffe gegen Beamte, vorsätzliche Körperverletzung und Sachbeschädigung sind nur einige Vorwürfe, die gegen O. erhoben wurden. 

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Im Mai vergangenen Jahres schlug der Afghane zunächst eine Beamtin des Polizeireviers in Aschaffenburg und soll anschließend das Holster eines Polizisten gegriffen haben. Später öffnete er dann auch die Primärsicherung eines Holsters von einem anderen Beamten. Mit viel Mühe gelang es den Einsatzkräften, dem Angreifer Hand- und Fußfesseln anzulegen. Drei Polizisten verletzte der Täter dabei. 

Nur einen Monat später entkleidete sich der Afghane im Juni am Hauptbahnhof Aschaffenburg vollständig vor zwei Polizeibeamten und soll empfindliche Streugutbehälter beschädigt haben. Im August randalierte er schließlich in Alzenau und beschädigte dabei ein Auto. Nach Eintreffen der Polizei schlug er wiederholt seinen Kopf gegen den Boden. Während der Fahrt im Rettungswagen griff er den begleitenden Rettungssanitäter und Polizisten mit Tritten an. Ein Haftbefehl habe die Staatsanwaltschaft jedoch als „unverhältnismäßig“ empfunden. 

Ein angeblicher Zimmernachbar Enamullahs in einer Asylunterkunft in Alzenau beschrieb den späteren Mörder als „unberechenbar und gefährlich“. Gegenüber Nius sagte der Nachbar, der sich als Amir vorstellt: „Er war gefährlich. Ich habe ihn gesehen und hatte Angst.“ Dreimal sei er gewalttätig geworden und dreimal soll er in psychiatrische Behandlung gekommen, jedoch nach kurzer Zeit wieder entlassen worden sein. 

Außerdem habe der Afghane eine ukrainische Frau bedroht und angegriffen. „Er schnitt einer Landsfrau von mir immer wieder in die Haut. Sie schrie um Hilfe, ich alarmierte die Polizei“, berichtete eine andere ukrainische Bewohnerin der Unterkunft gegenüber Bild. In die Gänge der Unterkunft soll er zudem uriniert haben. Wegen Betrugs durch Nutzung eines nicht auf ihn ausgestellten Fahrausweises ist im Februar 2024 eine Geldstrafe gegen O. in Höhe von 15 Tagessätzen verhängt worden. 

Weil er sich in einem Flüchtlingszentrum bei Schweinfurt geprügelt haben soll, wurde Enamullah O. bereits im Frühjahr 2024 laut Bild wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. In den meisten Fällen lagen laut den Ermittlungsbehörden jedoch „keine Voraussetzungen für eine strafrechtliche einstweilige Unterbringung“ vor.

Die im Frühjahr 2024 verhängte Geldstrafe zahlte Enamullah O. nicht – daraufhin forderte die Staatsanwaltschaft Schweinfurt am 2. Dezember eine Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen. Doch diese trat der Afghane nicht wie vorgesehen am 23. Dezember an. 

Letztlich half ihm die Geldstrafe wegen Betrugs aus Februar 2024: Die Strafprozessordnung sieht in einem solchen Fall vor, dass das Gericht über eine Gesamtstrafe nachträglich entscheiden soll, wie es in der Bild heißt. Aus diesem Grund wurde der 28-Jährige nicht übergangsweise inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft spricht von einer „üblichen Vorgehensweise“ – eine zweite Straftat schützte Enamullah O. also vor weiteren Konsequenzen.

Sein Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bereits im Juni 2023 ab. Enamullah O. reiste 2022 aus Bulgarien über Österreich illegal nach Deutschland ein. Nach Ablehnung seines Asylantrages ordnete die Behörde seine Abschiebung nach Bulgarien über das Dublin-Verfahren an, doch nichts passierte.

Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat das BAMF die bayerischen Behörden zu spät über die eingeleitete Ausweisung informiert, Enamullah O. blieb also zunächst in Deutschland. Am 4. Dezember 2024 kündigte der Afghane schließlich schriftlich an, freiwillig ausreisen zu wollen. Weil er jedoch notwendige Fristen und Termine nicht wahrnahm, konnte die Ausreise nicht durchgeführt werden. Wieder passierte nichts.

Am 22. Januar – zu diesem Zeitpunkt hätte Enamullah O. noch die Ersatzfreiheitsstrafe absitzen können – griff der 28-Jährige dann eine Kindergartengruppe im Park Schöntal in Aschaffenburg an. Der zweijährige Yannis sowie ein 41-jähriger Mann, der die Gruppe beschützen wollte, wurden getötet, drei weitere Personen schwer verletzt. Der Täter wurde jetzt erneut in eine Psychiatrie eingewiesen und könnte als schuldunfähig eingestuft werden.

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