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Landtagswahl

Wird in Thüringen jetzt BSW-Kandidatin Katja Wolf Ministerpräsidentin?

CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt will in Thüringen unbedingt Ministerpräsident werden. Dafür müsste die Union aber zwingend mit der Linken kooperieren. In Bund und Land kann die CDU unter diesen Voraussetzungen nur verlieren. Thüringen könnte deswegen nun sogar Rot-Rot-Dunkerot drohen.

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Die Wahl in Thüringen ist ein Paukenschlag. Mit 32,8 Prozent hat die AfD ihr bestes Ergebnis in ihrer Parteigeschichte erzielt. Zudem ist sie erstmals stärkste Kraft geworden. AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke formuliert entsprechend mit Nachdruck seinen Machtanspruch. Dass die AfD tatsächlich an der kommenden Regierung in irgendeiner Art und Weise beteiligt sein wird, geschweige denn Höcke Ministerpräsident wird, gilt jedoch als ausgeschlossen. Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU, erklärte schon Minuten nach der Wahl, dass an der Brandmauer nicht gerüttelt werden wird.

Stattdessen will CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt in die Erfurter Staatskanzlei einziehen. Sich selbst bezeichnete er am Wahlabend als „stärkste Kraft der politischen Mitte“. Auch Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) erklärte, dass der Auftrag für die Regierungsbildung bei der CDU liege. Lange sah es am Wahlabend jedoch so aus, dass es in Thüringen eine Mehrheit für eine Koalition aus CDU, BSW und SPD gebe. Daraus wird jedoch nichts. Zusammen kommen die Parteien nur auf 44 der 88 Mandate. Die CDU wäre also gezwungen, mit der Linken zusammenzuarbeiten. Ein Parteitagsbeschluss verbietet der Union jedoch jegliche Zusammenarbeit mit der Partei um Bodo Ramelow.

Mario Czaja, ehemaliger Generalsekretär der CDU, plädiert nun offen für eine Koalition mit der Linken. Die Partei sei „eine konservative Sozialdemokratie ostdeutscher Prägung“. Deswegen sollte man sich gegenüber der Linken öffnen. Mit dieser Meinung steht Czaja aber wohl ziemlich isoliert da. Am Morgen erklärte die stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Karin Prien gebetsmühlenartig, dass die Brandmauer gegenüber der AfD bestehe. Doch auch mit der Linken werde es keine Koalition geben. Bemerkenswert dabei ist, dass Prien innerhalb der CDU dem linken Lager angehört.

Ansonsten sind kaum weitere Stimmen aus der CDU zu vernehmen. Parteivorsitzender Friedrich Merz gratulierte sowohl Sachsens Spitzenkandidat Michael Kretschmer als auch Mario Voigt knapp per X (ehemals Twitter). Dort erklärte er: „Herzlichen Glückwunsch, lieber Michael Kretschmer und lieber Mario Voigt! Unter so schwierigen Umständen ein solches Ergebnis zu erzielen, ist ein großer Erfolg.“ Doch ob gewollt oder nicht gewollt, vermied er es sogar, einen Anspruch auf die Regierungsbildung zu formulieren.

Bei allem Jubel darüber, dass die CDU in Thüringen zweitstärkste Kraft wurde, müsste man – wenn man ehrlich ist – eingestehen, dass das Ergebnis alles andere als erfreulich ist. In Thüringen hat die Union das zweitschlechteste Ergebnis ihrer Parteigeschichte eingefahren. Trotz katastrophaler Regierungsarbeit sowohl im Land als auch im Bund konnte man gegenüber der Wahl 2019 gerade einmal zwei Prozent zulegen.

In Regierungsverantwortung kann die CDU nur verlieren

Sicher ist, dass Mario Voigt dennoch unbedingt Ministerpräsident werden will. Klar ist aber auch, dass die CDU unter diesen Voraussetzungen sowohl im Bund als auch im Land nur verlieren kann. Mit der Linken und wohl auch dem BSW bestehen bestenfalls rudimentäre inhaltliche Überschneidungen. Eine entsprechende Koalition dürfte entsprechend auf tönernen Füßen stehen. Doch auch schon die schlichte Tatsache der Zusammenarbeit mit der Linken, welche von der Union seit der Existenz der Partei vehement ausgeschlossen wurde, dürfte der Union Stimmen kosten.

Gerade mit Blick auf die Bundestagswahl wäre die Union wohl heilfroh, keine Regierungsverantwortung in Thüringen übernehmen zu müssen. Sicherlich wird die Union zunächst Gespräche für eine Koalitionsbildung anführen. Ob diese schlussendlich erfolgreich sein werden, ist jedoch offen. Vor allem die CDU-Bundesspitze dürfte darauf drängen, den Preis für eine Regierungsbeteiligung hochzutreiben, denn eine Koalition mit rot und dunkelrot wäre eine schwere Hypothek für die Bundestagswahl.

Möglich ist daher auch, dass es schlussendlich zu einer Minderheitskoalition von SPD und Linke unter Führung der BSW-Spitzenkandidatin Katja Wolf kommt. Bei de facto-Tolerierung dieser Koalition könnte die CDU hier zumindest mit einem Fuß Opposition gegen die linke Regierung betreiben. Hinzu kommt, dass BSW, Linke und SPD zusammen auf 33 Mandate kommen, während die AfD auf 32 Mandate kommt. In Thüringen wird im dritten Wahlgang derjenige Kandidat gewählt, der die relativ meisten Stimmen erhält. Die CDU könnte also, wenn sie sich bei einer solchen Ministerpräsidentenwahl enthielte, Björn Höcke als Ministerpräsident verhindern und zugleich den Schein der Abgrenzung gegenüber der Linken wahren.

Derzeit scheint alles auf Mario Voigt als neuen Ministerpräsidenten hinauszulaufen. Mittelfristig droht die CDU unter den gegebenen Bedingungen von links und rechts zerrieben zu werden. Für die Bundes-CDU wäre die Kooperation mit der Linken ebenfalls ein Debakel. Abgesehen von Mario Voigt dürften in der Union also viele darauf hoffen, dass die CDU in Thüringen nicht in Regierungsverantwortung kommt.

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