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Wegen kritischer Klima-Postings: Wie der MDR Jagd auf Michael W. machte

In einer Doku über Hass und Bedrohungen gegen Klimaaktivisten lauert das Team von MDR Investigativ einem Online-Kommentator vor dessen Haus auf. Alles, was der getan hatte, war einen Klima-Lobbyisten als „Diktator“ zu bezeichnen. Dann werden seine Aussagen durch Schnitte entscheidend aus dem Zusammenhang gerissen.

Ein Screenshot aus der MDR-Dokumentation über Bedrohungen gegen Klimaaktivisten

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Bedrohliche Klavier-Musik unterlegt die Szene. Die Stimme im Off sagt in ernstem Ton: „Hildesheim in Niedersachsen, hier soll Michael [W.] wohnen“ (der MDR veröffentlichte seinen vollständigen Namen), während man düstere Aufnahmen der Stadt sieht. Besagter Michael W. wird dann von einem Kamerateam vor seinem Auto abgefangen, man hat ihm vor seinem Haus aufgelauert. Nun soll er „mit seinem Verhalten“ konfrontiert werden. W. hat allerdings nichts getan, er ist keine prominente oder politische Person. Er hatte lediglich unter einem Facebook-Beitrag, der sich mit dem Chef der deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, kritisch auseinandersetzt hatte, einen Kommentar hinterlassen, der Resch als einen „Klimadiktator“ bezeichnete. Das war es. Genug für eine aufwendige Aktion des MDR.

Für das Team von MDR Investigativ reichte das aus, um unangemeldet vor dem Haus des Mannes mit Kameras aufzutauchen und ihn mit dem Kommentar zu konfrontieren. Die zusätzliche Schuld von W. ist, so scheint es: Unter demselben Beitrag, den er kommentiert hatte, hatte jemand anderes eine indirekte Bedrohung gegen Resch ausgesprochen. Der Kommentar von W. wurde von Facebook direkt unter der Bedrohung angezeigt, wofür W. allerdings nichts kann. Es besteht kein Zusammenhang zwischen beiden Postings. Doch der Redakteur des MDR versucht im Gespräch mit W. eine Verbindung herzustellen, lässt ihn den anderen Kommentar rechtfertigen.

Diese Szene wurde anfang September in einer Dokumentation von MDR-Investigativ ausgestrahlt. Das Ziel der Recherchen war es, „Täter“, die Klimaaktivisten im Internet verunglimpfen, beleidigen und bedrohen würden, zu finden. Zu ihnen gehörte der Einschätzung des MDR-Teams nach auch Michael W.

Apollo News sprach mit W. Er erklärt, dass er vom MDR-Team nicht gefragt wurde, ob das Video mit ihm ausgestrahlt werden dürfe. Als einziger der Konfrontierten in der Doku wurde er mit vollem Namen und nicht verpixelt veröffentlicht. Das gesamte Gespräch soll etwa 15 Minuten gedauert haben, wurde aber nur in Ausschnitten veröffentlicht, erklärt W. Seine Aussagen wurden verzerrt dargestellt. Denn er hatte im Gespräch mit dem MDR darauf hingewiesen, dass er mit dem bedrohlichen Kommentar nichts zu tun hatte – das erklärt W. gegenüber Apollo News. In der ausgestrahlten Version der Dokumentation lässt sich diese entscheidende Aussage nicht mehr finden. Es wurde weggeschnitten, möglicherweise um ihn als potenziellen Hassverbrecher darzustellen.

Auf Anfrage von Apollo News äußerte sich der MDR zu dem Vorfall nur zögerlich. Erst bittet ein Sprecher um mehr Zeit, man wolle den Fall prüfen. Erst nach über einer Woche bezog ein Sprecher des MDR Stellung – ignoriert die meisten Fragen aber einfach. Auf die Frage, wieso W. nicht um Einverständnis zur Ausstrahlung gebeten wurde, heißt es, dass er „informiert“ wurde, dass „eine redaktionelle Veröffentlichung“ geplant sei. Aus Sicht des MDR habe man W. „mit seiner Position ausführlich zu Wort kommen lassen“. Einen Teil der Anfrage, wie beispielsweise die Frage, wieso man sich entschieden hatte, ohne Ankündigung vor Ws Haus aufzutauchen, wurde nicht beantwortet. Wieso es journalistisch akzeptabel wäre, einem Menschen, der keine Person des öffentlichen Lebens ist, auf der Straße aufzulauern, will man nicht erklären.

Das Gespräch mit W. sollte dem Zusammenschnitt nach immer nur in eine Richtung gehen. Man wollte einen unbescholtenen Bürger, der keine Straftat begangen hat, um jeden Preis in die Richtung eines potentiellen Hassverbrechers rücken. Und so wird der harmlose Kommentar über den „Klimadiktator“ Michael Resch in der Dokumentation in eine Reihe mit übelsten Beleidigungen und Bedrohungen gestellt. Andere Menschen, die in der Dokumentation konfrontiert wurden, sind teilweise sogar wegen Beleidigung verurteilt.

In der Dokumentation geht es dem MDR offenbar darum, Privatpersonen, die im Schutz der Anonymität Dinge im Netz posten, in die Öffentlichkeit zu rücken. Was mit Michael W. passiert ist, grenzt dabei allerdings an einen Versuch der Einschüchterung. Die Botschaft soll wohl sein: Niemand soll sich verstecken können.

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