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Nach Terroranschlag

Wegen fehlender Barrieren: Anzeige gegen Stadt Magdeburg und Polizeibehörde

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg wurde Anzeige gegen die Stadt und die Polizei bei der Generalstaatsanwaltschaft erstattet. Der Grund: Wegen fehlender Barrieren sollen sich die Behörden der Beihilfe zum Mord und zur Körperverletzung schuldig gemacht haben.

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Eigentlich sollten Polizeifahrzeuge die Zufahrtsstraßen zum Magdeburger Weihnachtsmarkt absperren.

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Die Stadt Magdeburg wusste um das Risiko eines Anschlags auf den Weihnachtsmarkt – trotz geplanter Betonbarrieren konnte Taleb Al-Abdulmohsen am Freitag dennoch ungehindert in eine Menschenmenge am Alten Markt fahren. Deshalb hat das Kriminalistische Institut Jena (KIJ) am Montag Anzeige gegen die Stadtverwaltung sowie die Polizeibehörde erstattet, berichtet Bild.

Konkret geht es um Beihilfe zum Mord in fünf Fällen und 200-fache Beihilfe zur Körperverletzung, weil die betreffenden Stellen „keine technischen Absperrungen veranlassten, organisierten beziehungsweise vornahmen“, heißt es in der Anzeige. Diese wurde am Montag bei der Generalstaatsanwaltschaft im sachsen-anhaltinischen Naumburg erstattet.

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Der Grund: Durch eine sachgerechte Absperrung der betroffenen Gasse auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt – Zäune, Schranken oder Fahrzeuge – hätte der Anschlag, bei dem am Freitag 200 Personen verletzt und fünf Menschen getötet worden waren, verhindert werden können, moniert der KIJ-Vorstand Dieter Siegel: „Dieses Nichtstun erfüllt die Beihilfe zu einer Straftat durch Unterlassung“, erklärte er gegenüber der Magdeburger Volksstimme. Das KIJ ist ein 2006 von Forensikern und Polizeibeamten gegründeter Verein, der wissenschaftliche Gutachten rund um die Polizeiarbeit erstellt sowie die Aus- und Weiterbildung von Polizisten vornimmt.

Auf einer Pressekonferenz verteidigte der Vertreter der Stadt, Ronni Krug, am Samstag noch das Sicherheitskonzept auf dem Weihnachtsmarkt. Demnach hätte die Stadt nicht mit dem Anschlag „in seiner Dimension“ rechnen können. Die Tat war, laut Krug, „vielleicht auch nicht zu verhindern“. Aus einer Anfrage der AfD im Stadtrat ging jedoch bereits im Oktober hervor, dass sich die Stadt des Risikos bewusst war und mit Betonsteinen der Terrorgefahr begegnen wollte.

„Die Verwaltung sieht die Notwendigkeit der Sperren für den Weihnachtsmarkt auf dem Alten Markt aufgrund seiner Größe, seiner zentralen Lage und der hohen Zahl gleichzeitig anwesender Besucher“, heißt es in der Antwort der Stadt an die AfD. Die Zufahrtswege wurden also durchaus als Schwachpunkt identifiziert.

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Um den Weihnachtsmarkt sachgerecht zu schützen, gleichzeitig aber auch ansprechend zu gestalten, fand ein Ideenwettbewerb statt, bei dem auch „die gestalterische Integration von mobilen Sperren Bestandteil der Aufgabenstellung“ war. Die Ergebnisse des Wettbewerbs wurden letztlich dennoch nicht umgesetzt.

Dennoch sollte laut Bild-Informationen ein geeignetes Fahrzeug die Durchfahrt am Alten Markt blockieren, sodass lediglich Fußgänger auf das Weihnachtsmarkt-Areal zutritt hätten. Eine Sprecherin des Innenministeriums erklärte auf Anfrage der Zeitung, die Polizei habe eine „Einsatzkonzeption“ entworfen. „Demnach sind an geeigneten Zugängen ggf. mobile Sperren durch das Postieren von Fahrzeugen zu errichten.“

Am Freitagabend war das offenbar nicht der Fall: Kurz nach 19 Uhr konnte der 1976 in Saudi-Arabien geborene Taleb Al-Abdulmohsen mit einem BMW X3, einem SUV, durch die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt fahren. Schon zuvor gab es Anzeichen für die Anschlagsfantasien des Täters – die Behörden gingen den Hinweisen meist aber nicht weiter nach (Apollo News berichtete hier und hier).

Al-Abdulmohsen war in Deutschland als Arzt tätig. Immer wieder kündigte er in den Sozialen Medien an, Rache an Deutschland nehmen zu wollen. Den deutschen Behörden wirft er vor, Europa islamisieren zu wollen und islamkritische Gruppen zu „jagen“. Deshalb gingen mehrfach Meldungen über mutmaßliche Anschlagspläne des Täters bei deutschen Behörden ein.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wies eine Hinweisgeberin im September 2023 ab, weil derartige Angelegenheiten der Polizei berichtet werden sollten (Apollo News berichtete). Auch saudi-arabische Behörden sollen 2023 und 2024 deutsche Behörden über Taleb Al-Abdulmohsen informiert haben, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Auch eine Antwort auf einen X-Beitrag von Bundesinnenministerin Nancy Faeser blieb folgenlos: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich in diesem Jahr sterbe, um Gerechtigkeit zu schaffen“, schrieb Al-Abdulmohsen da.

Bei einer Sicherheitsüberprüfung konnten das Landeskriminalamt und der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt zudem „keine konkrete Gefahr“ erkennen. Die Behörden erteilten dem Arzt lediglich eine schriftliche Gefährderansprache. Weitere Konsequenzen gab es nicht (Apollo News berichtete hier und hier).

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