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Nationalratswahl

Wahlen in Österreich: Vor dem FPÖ-Triumph

Bei den bevorstehenden Nationalratswahlen in Österreich könnten bis zu sieben Parteien in das Parlament einziehen - und der voraussichtliche Wahlsieger, die FPÖ, könnte trotz Sieg auf die Oppositionsbank müssen.

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Am 29. September wählt Österreich einen neuen Nationalrat – und aktuellen Umfragen zufolge droht der Alpenrepublik dabei ein regelrechtes Wahlbeben. Während bei der letzten Wahl im Jahr 2019 die konservative ÖVP mit 37,46 Prozent die Wahl klar vor der linken SPÖ (21,18 Prozent) und der rechten FPÖ (16,17 Prozent) gewinnen konnte, sieht die Situation heute ganz anders aus.

Das liegt unter anderem daran, dass der 2019 noch sehr beliebte Bundeskanzler Sebastian Kurz am 9. Oktober 2021 zurücktreten musste, nachdem bekannt wurde, dass er Mittel aus dem Finanzministerium genutzt haben soll, um Umfragen zu seinen Gunsten zu kaufen. Die ÖVP konnte sich bis heute nicht von dem Rückschlag erholen. Sie steht in Umfragen nur noch bei knapp über 20 Prozent.

Von diesem Absturz dürfte die FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl am meisten profitieren. Sie könnte aktuellen Umfragen zufolge mit bis zu 30 Prozent der Wählerstimmen stärkste Kraft werden. Damit hätten die Freiheitlichen den Ibiza-Skandal um Ex-Parteichef HC Strache endgültig abgeschüttelt.

Die SPÖ mit ihrem ausgesprochen linken Parteichef Andi Babler dürfte aktuellen Umfragen zufolge ihr Wahlergebnis von 2019 ungefähr halten können. Damals holte die SPÖ nur 21,18 Prozent, ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Die linksliberalen NEOS dürften – ebenso wie die SPÖ – ihr Ergebnis halten können, während den Grünen, die bei der Wahl 2019 noch 13,9 Prozent holten, der Fall unter die 10-Prozent-Marke droht.

Zwei linke Parteien haben gute Chancen

In Österreich gilt nur eine Vier-Prozent-Hürde. Dies erleichtert die Chance für kleine Parteien, in das Parlament zu kommen, erheblich im Vergleich zur in Deutschland angewendeten Fünf-Prozent-Hürde. Bei dieser Wahl stehen die Chancen für die kommunistische KPÖ und die ehemals satirische, mittlerweile eher linksgerichtete BIER-Partei gut, den Sprung in den Nationalrat zu schaffen. Während die BIER-Partei um ihren Parteivorsitzenden Dr. Dominik Wlazny alias Marco Pogo bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022 mit 8,3 Prozent drittstärkste Kraft wurde, war der größte Erfolg der KPÖ die Landtagswahl in Salzburg, bei der die Kommunisten 11,66 Prozent holten.

In aktuellen Umfragen liegt die BIER-Partei bei fünf bis sechs Prozent, die KPÖ kommt auf drei bis vier Prozent. Sollten BIER-Partei und KPÖ in den neuen Nationalrat einziehen, würde das österreichische Parlament sieben statt wie bisher fünf Parteien beinhalten – ein neuer Rekord.

Die Koalitionsbildung dürfte sich damit schwierig gestalten. Eine Zweier-Koalition ist derzeit nur mit der FPÖ möglich. Die SPÖ lehnt eine solche Koalition auf Bundesebene aber konsequent ab. Dahingegen gibt es derzeit mehrere ÖVP-FPÖ-Koalitionen auf Landesebene. Ob die ÖVP sich erneut auf eine solche Koalition einlässt, ist fraglich – insbesondere eine, bei der die FPÖ den Anspruch auf das Kanzleramt stellt.

Das Verhältnis der beiden Parteien ist so zerrüttet wie nie. 2019 hatte Kurz nach dem Erscheinen des Ibiza-Videos die Entlassung von Herbert Kickl als Innenminister veranlasst. Der jetzige FPÖ-Chef hat das nicht vergessen. Die ÖVP wiederum sieht in Herbert Kickl – wie alle anderen Parteien im Nationalrat – einen gefährlichen Demagogen, mit dem man nicht zusammenarbeiten wolle.

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Bei der Nationalratswahl 1999, bei der die ÖVP 415 Stimmen weniger als die FPÖ hatte, einigten sich beide Parteien zwar auf eine Koalition, aber unter Führung der ÖVP. Damals erreichten sie jedoch dieselbe Mandatsstärke. Ein solches Szenario ist in Anbetracht des zu erwartenden Vorsprungs der FPÖ vor der ÖVP mehr als unwahrscheinlich.

Das Verhältnis zwischen der ÖVP und ihrem aktuellen Koalitionspartner, den Grünen, ist schon länger belastet, vor allem aber seit einem Alleingang der grünen Umweltministerin im EU-Ministerrat angeschlagen. Sie stimmte – entgegen der Koalitionsabsprache – für das sogenannte EU-Renaturierungsgesetz. Kanzler Nehammer sprach von einem „Affront“, ließ die Koalition aber nicht platzen. Aufgrund dieses Vorfalls scheint als realistischste Dreier-Koalition eine Koalition aus ÖVP, SPÖ und den linksliberalen NEOS – eine Koalition, die es bisher noch nicht gab.

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