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RKI-Files

Verschollen oder zurückgehalten? Brisantes RKI-Protokoll plötzlich aufgetaucht

Ein verschollen geglaubtes RKI-Protokoll ist aufgetaucht: das vom 9. Mai 2020 stammende Dokument war fälschlicherweise im Zusatzmaterial, wo das RKI Tabellen und Präsentationen speicherte, verortet. Doch warum fehlte das Papier dann in der von Multipolar gerichtlich eingeklagten Version?

In den neu veröffentlichten RKI-Protokollen fehlen einige Dokumente. Eines ist nun aufgetaucht. Es beinhaltet nicht nur interessante Aussagen, sondern wirft auch die Frage auf, warum es nicht in der gerichtlich eingeklagten Version enthalten ist, die Multipolar übergeben wurde.

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Die kürzlich durchgestochenen Krisenstabsprotokolle des Robert-Koch-Instituts sorgten für Aufregung – beinhalteten jedoch auf den ersten Blick nicht alle Sitzungsprotokolle. So fehlt beispielsweise die Dokumentation der Sitzung vom 8. Mai 2020, die vermutlich wegen eines lokalen Feiertags ausfiel. Viel brisanter erscheint da das Fehlen des Protokolls vom Folgetag – das jetzt aber im Zusatzmaterial aufgetaucht ist und interessante Aussagen enthält.

Die Dokumentensammlung der Protokolle von 2020 bis 2023 wurde Anfang der Woche von der freien Journalistin Aya Velázquez veröffentlicht, nachdem ein ehemaliger Mitarbeiter das Material durchgestochen haben soll. Im Zuge dessen wurde auch das Zusatzmaterial, in dem eigentlich Präsentationen, Tabellen und ähnliches zu finden ist, veröffentlicht.

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Dort ist nun auch im Zusatzordner für den 14. Mai 2020 das Ergebnisprotokoll vom 9. Mai aufgetaucht. Pikant an der falschen Sortierung des Papiers ist, dass ebenjenes Protokoll nicht in den, von dem Onlinemagazin Multipolar gerichtlich eingeklagten, Protokollen vorhanden ist und auch nicht in der Ende Mai veröffentlichten, größtenteils ungeschwärzten Version des RKI.

Wurde das Protokoll also mutwillig aussortiert oder handelt es sich um ein Versehen? Auch dann wäre die fehlerhafte Sortierung ein Skandal, würde es doch bedeuten, dass das RKI vor der Herausgabe des ersten, damals noch weitläufig geschwärzten Dokumentensatzes an Multipolar im März, die Protokolle nicht noch einmal auf ihre Vollständigkeit überprüfte.

Dieser Umstand erscheint fragwürdig, weil damals ein etwa 1.000 Seiten umfassendes Begleitschreiben der Kanzlei Raue mitveröffentlicht wurde, worin die Schwärzungen begründet werden. Alle Protokolle wurden also genauestens überprüft und in den politischen sowie wissenschaftlichen Kontext eingeordnet, um zu entscheiden, in welchen Fällen das RKI eine Schwärzung rechtlich argumentieren kann. Dass dabei keine Übersicht erstellt und das fehlende Protokoll ausgemacht wurde, erscheint unglaubwürdig.

Entweder wollte das RKI nicht zugeben, dass man den Speicherort des Dokuments wegen fehlerhafter Sortierung nicht mehr lokalisieren konnte oder das Protokoll zurückhalten. Ein Blick in das betreffende Schreiben offenbart, dass dort durchaus brisante Inhalte vorhanden sind. So wird beispielsweise bei einer Diskussion über das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung festgehalten, „zu den (sic!) Tragen von Masken im Freien gibt es keine Evidenz“.

Ein Auszug aus dem Krisenstabsprotokoll vom 9. Mai 2020.

Das spielte damals aber noch keine Rolle, weil am 29. April 2020 zwar eine Maskenpflicht, jedoch nur im öffentlichen Personennahverkehr sowie in Supermärkten festgesetzt wurde. Vom Tragen einer Maske, die damals übrigens noch aus Stoff oder einem Schal bestehen durfte, im Freien waren lediglich Besucher von Wochenmärkten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Hamburg betroffen.

Eine zweite interessante Aussage des Ergebnisprotokolls vom 9. Mai bezieht sich auf die festgesetzte Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner. Wenn dieser Wert überschritten wurde, hieß es Einschränkungen. Geschäfte mussten schließen, Aktivitäten eingestellt werden. In dem Protokoll heißt es: „Der Wert wurde politisch gesetzt“. Dieser Umstand ist zwar hinlänglich bekannt, verdeutlicht aber noch einmal schwarz auf weiß, dass etwaige Maßnahmen nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhten.

Ein Auszug aus dem Krisenstabsprotokoll vom 9. Mai 2020.

Das RKI begrüßte den Schritt damals dennoch, weil die Einstufung einer Region als Risikogebiet zuvor händisch durchgeführt werden musste und dementsprechend für einen großen bürokratischen Aufwand sorgte. In diesem ersten Corona-Lockdown blieb die Inzidenz noch moderat, überschritt vorerst vereinzelt die 50-Fälle. Erst im Lockdown ab Winter 2021 stieg die Inzidenz dann erheblich auf über 1.000. Zeitgleich verbreitete sich aber auch die ansteckendere, dafür meist mildere Omikron-Variante.

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