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BSW-Einsprüche

„Nur noch Karlsruhe kann jetzt unsere Verfassung schützen“: Bundestag lehnt Neuauszählung seiner Wahl ab

Mit den Stimmen aller Fraktionen außer der AfD hat der Bundestag in namentlicher Abstimmung die Einsprüche des BSW gegen die Bundestagswahl abgelehnt. Damit wird die Wahl vorerst nicht neu ausgezählt – jetzt ist der Weg zum Bundesverfassungsgericht frei.

Sahra Wagenknecht besteht auf einer Neuauszählung der Bundestagswahl. (IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

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Der Bundestag hat mit breiter Mehrheit zwei BSW-Wahleinsprüche zurückgewiesen. In namentlicher Abstimmung stimmten 426 Abgeordnete gegen die Neuauszählung der Bundestagswahl, 129 stimmten dafür. Nur die AfD-Fraktion hatte sich für eine Neuauszählung der Wahl starkgemacht. Von den Abgeordneten der Linkspartei fehlten auffällig viele, ein Fraktionsmitglied aus Berlin enthielt sich der Stimme.

Zuvor war etwa eine halbe Stunde vor weitgehend leeren Rängen über die Einsprüche diskutiert worden. Der Bundestag folgt mit dem Votum einer Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses, der die Einsprüche unter anderem als „unbegründet“ qualifiziert hatte und keine Mandatsrelevanz erkennen konnte (Apollo News berichtete).

Der CDU-Rechtspolitiker Carsten Müller eröffnete die Debatte und behauptete, die Tatsache, dass das BSW laut amtlichem Ergebnis in einzelnen Wahlbezirken null Stimmen erhalten habe, sei „der Ausdruck einer freien Wahl“ und „keine Anomalie“. In der Regel sei bei Überprüfung der Vorwürfe des BSW „genau das Gegenteil herausgekommen“ von dem, was die Wagenknecht-Partei behauptet habe.

Der Bundestag müsse seiner Verantwortung bei der Wahlprüfung gerecht werden und „eine effektive Überprüfung der Korrektheit der Wahl“ wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert vornehmen, mahnte hingegen der AfD-Wahlprüfer Fabian Jacobi an. Die Entscheidung nach Karlsruhe zu schieben, ist für ihn ein Fehler.

Die Stimmabgabe sei das entscheidende Element der politischen Mitwirkung, stellte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Johannes Fechner, fest. Der Fraktionsjustiziar hatte früh klargemacht, dass er eine Entscheidung in der Sache noch in diesem Jahr erreichen wollte. Alle Wähler müssten „100-prozentig die Sicherheit haben, dass sie ihre Stimme abgeben können, dass ihre Stimme gezählt wird“.

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Bei der Prüfung in diesem Sinne sei nun eben festgestellt worden, dass es keine Wahlfehler oder Zählfehler gegeben habe. Eine Neuauszählung könne man „nicht ins Blaue hinein auf Basis von Vermutungen oder bloßen Möglichkeiten“ vornehmen. Entsprechend sei auch die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes zur Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl in Berlin 2022 ein „Fehlurteil“ gewesen, so Fechner.

„Unbelegte Zweifel, politische Inszenierungen und populistische Unterstellungen“ zerstörten das Vertrauen in die Demokratie, erklärte die SPD-Abgeordnete Esther Dilcher in der Debatte. „Statistische Spielereien“ und Hochrechnungen reichten nicht aus, um eine Neuauszählung zu beschließen.

Dilcher zitierte auch aus einer nichtöffentlichen Sitzung des Wahlprüfungsausschusses: „Bei der politischen Gesamtlage sollte man doch vorsichtig sein, ob man hier wirklich nicht dran rühren wolle“, sagte sie in Richtung der AfD-Fraktion als potentiellem Urheber der Aussage. Die SPD hingegen verteidige Rechtsstaat, Regeln und konsequente Einhaltung der Verfahren.

Nicht jeder Wahlfehler könne zu einer Neuauszählung führen, stellte der CSU-Politiker Thomas Silberhorn dar. Zwar würden stets einzelne Stimmen falsch ausgezählt – was er bereits als Wahlfehler ansieht, da dadurch das Vertrauen der Wähler eingeschränkt werden könnte. Doch nur bei systematischen Wahlfehlern sei Einsprüchen stattzugeben. Solche seien „nicht ersichtlich“. Dass die AfD sich dem BSW anschließe, überrasche ihn nicht.

AfD-Redner Rainer Galla wies darauf hin, dass der Volkswille Grundlage parlamentarischer Arbeit sei. Daran hätten die Altparteien jedoch kein Interesse gezeigt. Die Mandatsrelevanz der Einsprüche sei „zum Greifen nah“. Die Bundeswahlleiterin im Wege der Amtshilfe unbürokratisch um eine Nachzählung zu ersuchen, hätten die Wähler bei der Überprüfung erwartet. Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip würden es dem Parlament gebieten, Probleme mit den Rechtsgrundlagen „abzustellen“ und den Willen des Volkes als „oberstem Souverän“ zu „ergründen“.

Bei der Wahl zum Deutschen Bundestag am 23. Februar 2025 kam es bei der Auszählung und Dokumentation der Ergebnisse zu größeren Unregelmäßigkeiten als üblich. Teilweise wurden diese Fehler noch vor Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses korrigiert, teilweise aber auch offensichtlich nicht. In diesem endgültigen Ergebnis kommt das BSW auf 4,981 Prozent – etwa 10.000 Stimmen zu wenig für einen Einzug in den Bundestag.

Da jedoch nur punktuell nachgezählt wurde, ist bis heute unklar, ob das BSW wirklich weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten hat – oder ob es in Fraktionsstärke im Bundestag sitzen müsste. Eine Aufklärung dieser Frage wurde durch die Bundestagsabstimmung heute mindestens bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das nun innerhalb von zwei Monaten angerufen werden kann, verzögert. Gegenüber der dpa erklärte der neue BSW-Bundesvorsitzende Fabio De Masi zu dem Votum: „Deutschland hat womöglich einen Kanzler ohne legitime Mehrheit. Nur noch Karlsruhe kann jetzt unsere Verfassung schützen.“

Sollte das BSW nach einer Neuauszählung tatsächlich ins Parlament einziehen, hätte das erhebliche politische Folgen. Insgesamt müssten nach dem geltenden Ampel-Wahlrecht mindestens 34 Sitze neu verteilt werden – zulasten aller derzeit vertretenen Parteien. Die schwarz-rote Koalition verlöre ihre Mehrheit und wäre auf einen dritten Partner – wohl die Grünen – angewiesen.

Unmittelbar vor der Debatte im Plenum des Deutschen Bundestags hatte der Wahlprüfungsausschuss erneut getagt und über weitere Einsprüche beraten. Da nach der Ausschussentscheidung eine mehrtägige Frist zu wahren ist, bis das Plenum entscheiden kann, werden diese Einsprüche aber erst im nächsten Jahr abgestimmt. Konkret geht es um Beschwerden von Wahlkreissiegern, die aufgrund der von der Ampel eingeführten „Zweitstimmendeckung“ kein Mandat erhalten haben.

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33 Kommentare

  • Abgeordnete von Parteien entscheiden über ein Anliegen, bei dessen positivem Bescheid sie selber benachteiligt wären und Mandate einbüßen würden.

    Was bei einer solchen Abstimmung rauskommt, das kann sich jeder selber denken.

  • Viel Glück beim total unabhängigen Justiz-Roulette.

    • Beim Roulette hat man in der Regel bessere Chancen, denn da sollte der Zufall gelten. In „unserer Demokratie“ überlässt man jedoch nichts dem Zufall.

  • Dann kann man sich seinen Teil nur denken. Wenn man nichts zu befürchten hätte würde man neu auszählen lassen. So muss man als Bürger weiter Misstrauen hegen.

  • Nun, Demokratie hin oder her – aber, wenn mein Mandat irgendwie von einer fehlerhaften Auszählung abhängen würde (und ich sonst nichts könnte – zumindest nicht für dieses Salär), wäre ich auch gegen eine Neuauszählung …

  • Bis Karlsruhe entscheidet, ist die Legislaturperiode vorbei. Selbst wenn das BSW gewönne, ist der Schaden irreparabel.

  • Die ganze Prüfung ist völlig intransparent, dabei wäre es so einfach:
    Es gibt eine Partei „Bündnis für Deutschland“, die fast überall gar keine Stimmen oder nur ein Zehntel der BSW-Stimmen hatte.
    In meinem Wahlraum, in dem ich Wahlvorsteher war, gab es keine Stimmen für „Bündnis für Deutschland“, wohl aber BSW, vielleicht 6%.
    Jetzt hätte man sich nur im großen Stil Wahlergebnisse von einzelnen Wahlräumen ansehen müssen. „Meine“ konnte ich noch vor 3 Wochen einsehen. Deshalb kann ich das so genau sagen.
    Mein Wahlraum hat ein normales Ergebnis. Wenn es umgekehrt gewesen wäre, BSW fast nichts und die andere Partei 5%, dann wäre das ein klarer Hinweis auf Vertauschung bei der Auszählung.
    Deshalb erwarte ich von einem Prüfungsauschuss folgende Info: Wir haben querbeet 10.000 von 60.000 Wahlraumergebnisse nachgesehen. Es gab keine Vertauschung.
    Oder: (Wie oben) es gab X Vertauschungen…hochgerechnet eventuell BSW über 5%, also Neuauszählung.
    Warum geht das nicht so?

  • Offenbar ein Copeischer Moment. Jetzt nicht locker lassen!

  • Jetzt fehlt noch das BVerfG, welches garantiert auch eine Urteilsbegründung in die gleiche Richtung finden wird, also daß eine Neuauszählung überflüssig ist! Aber hey, alles top demokratisch hier – in der „UnsereDemokratie“!

  • Ist doch wie bei allen sonstigen „Durchsuchungen“: Wer nichts zu fürchten hat, dem kann es doch egal sein.

    • Umd Kosten dürften doch für „Unsere Demokratie“ auch keine Rolle spielen, das wird schon drin sein. Ich geb auch 2 € Demokratieabgabe.

  • Vermutlich war Frau Brosius-Gersdorf nicht entschieden genug gegen eine Neu-Auszählung und dieses kleine Detail hat sie die Kandidatur fürs höchstrichterliche Amt beim BVG gekostet.

    • Steile These, aber kreativ.

  • Man mag sich erinnern sich an „baseless“, „debunked“ und „no standing“ – oder auch nicht. Auf jeden Fall war so viel Demokratie noch nie.

  • UnsereDemokratie™️ hinterlässt inzwischen dauerhaft einen unangenehm-süßlichen Geruch, den man für gewöhnlich erstmals wahrnimmt, wenn man den vertrauten Nachbarn für ein paar Wochen nicht mehr gesehen hat.

  • Rein gar nichts halte ich vom BSW oder von der Person Wagenknecht. Trotzdem drücke ich dieser Partei in der Angelegenheit die Daumen. Unfassbar, was da im Bundestag und in der Regierung vor sich geht. Man kann nur hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht einen lichten Moment haben wird.

  • Wer hat eigentlich solche Gesetze mal erlassen?

  • Tja – mit Recht und Gesetz haben es unsere Blockenparteien in Teilen halt nicht so.

    Zum Ausgleich beschuldigen Sie die AfD der Verfassungsfeindlichkeit.

  • Das BSW hat einen Dr. Mett Mario zum MP in Thüringen gemacht. Das ist jetzt der Dank der CDU dafür. Das BSW kann jetzt abdanken. Es braucht auch keine weitere Linkspartei hinter der Brandmauer.

  • Jede Woche aufs Neue nagen sie am Fundament der Republik.

  • Mal schauen, wie die zukünftigen Wahlergebnisse „interpretiert“ werden vom politischen Establishment, wenn die AfD Mehrheiten abräumt.

    Und auf welcher Seite steht dann das Verfassungsgericht: Auf Seiten des Souveräns oder auf Seiten von „Unsere Demoktatie“?

    Fragen, die sich in einer funktionierenden Demokratie gar nicht stellen.

  • Wer nicht neu auszählt, hat etwas zu fürchten.

  • >>„Nur noch Karlsruhe kann jetzt unsere Verfassung schützen“<<

    Bei allem Respekt Herr De Masi, aber wo haben Sie in den letzten 15 Jahren gelebt? Glauben Sie ernsthaft, dass dieses Gericht noch die Verfassung schützt? Die Damen und Herren gehen sich im Kanzleramt satt essen.
    Wenn Sie Glück haben, bekommen Sie in sechs Jahren Recht.

    • Spätestens wenn das BVerfG gegen das BSW entscheidet, wird auch der gute Herr de Masi endlich kapieren, dass die Kartellparteien nicht nur die AfD, sondern sämtliche(!) Opposition ausschalten wollten (BSW, FDP und schlussendlich auch die CDU, wenn sie nicht mehr artig alles abnickt!)

  • Nun Frau Wagenknecht das nur Karlsruhe die Verfassung schützen könnte, diese Hoffnung
    hatte die AfD in der Corona Zeit auch.
    Ich Hoffe Sie haben damit mehr Glück 🍀.
    Allerdings rechne ich damit das die von „Unserer Demokratie „“ und von ihnen mitgetragen
    Installierten Richter Sie schön Auflaufen lassen.
    Alles andere wäre eine Sensation.
    Der Meinung ist der Freund meines Tankwarts.

  • Das BVerfG wird einen Teufel tun. Dort sitzen Richter der Kartellparteien CDU, SPD und Grüne, welche im Hinterzimmer ausgekungelt werden. Ab 2029 kann man wenigstens in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen wieder Vertrauen in die Landesverfassungsgerichte haben, weil dort wegen der 2/3-Mehrheit Richterwahlen ohne AfD nicht mehr möglich sind bzw. in Sachsen-Anhalt sein werden. Aber beim Bundesverfassungsgericht haben die Altparteien schon die Regeln manipuliert. Anders als in den ostdeutschen Ländern kann im Bundestag für die Bundesverfassungsrichter das Mehrheitserfordernis jederzeit mit einer einfachen Mehrheit von der 2/3-Mehrheit auf eine einfache Mehrheit abgeschwächt werden, da es nur einfachgesetzlich verankert ist. Zudem gibt es den Ersatzwahlmechanismus, sodass der Bundesrat einspringen würde, in dem die AfD nicht vertreten ist.

    • Interessant. Danke!

  • bin kein BSW Fan aber es sind doch demokratische Mindestanforderungen bei begründeten Zweifeln diese auszuräumen. Das Ganze stinkt gewaltig!
    @unseredemokratie

  • Ich bin überzeugt davon, dass die Wahlen manipuliert waren!
    Und jetzt die Nachzählung verweigert, ich könnte 😡🤬🤢🤮

    • ich auch. Wir bräuchten dringend bei den nächsten Wahlen Wahlbeobachter. Am besten außer-europäische.

    • Aber die Leute wollen es einfach nicht glauben.
      Siehe Grüne-Stimmen in Sachsen.

  • Eine Farce sondergleichen!
    Neue Auszählung hätte Klarheit schaffen können.
    Das Relativieren und Herumgerede, wie z.B. das hier:
    „„Unbelegte Zweifel, politische Inszenierungen und populistische Unterstellungen“ zerstörten das Vertrauen in die Demokratie, erklärte die SPD-Abgeordnete Esther Dilcher in der Debatte. „Statistische Spielereien“ und Hochrechnungen reichten nicht aus, um eine Neuauszählung zu beschließen.“; GENAU sowas zerstört Vertrauen!!
    Die Äußerung des AfD-lers dazu halte ich für die einzig richtige Argumentation in diesem Fall.
    Nu ja, „Unsere Demokratie“ – hat sich wieder einmal entblößt – als nicht wirklich demokratisch. Widerlich!!
    Ich bin kein Fan von BSW; in einer echten Demokratie hätte es jedoch eine Neuauszählung zwingend geben müssen.
    Hier ist ein „Webfehler“ drin: Eventuell von Mandatsverlust betroffene Abgeordnete dürfen mit entscheiden, ob die Neuauszählung stattfindet – oder eben nicht.
    Nun, schaun mer mal aufs Verfassungsgericht – bzgl. „Vertrauen“…

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