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Bundesaufnahmeprogramm

Um Baerbocks Behörde zu schützen: Böhmermann verbreitet Falschinformationen

In seiner Sendung behauptet Böhmermann, bei der Affäre um die illegale Aufnahme von Afghanen habe die Bundespolizei gefälschte Dokumente zu spät gemeldet – doch das stimmt nicht. Er nimmt damit Baerbocks Behörde in Schutz – denn eigentlich waren es Fehler des Auswärtigen Amtes.

Schon 2024 gab es einen Bericht, dass die Bundespolizei Informationen an das Auswärtige Amt weiterleitete.

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Um die Vorwürfe, dass das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan (BAP) ein Sicherheitsrisiko darstellen würde, ins Lächerliche zu ziehen, verbreitet Jan Böhmermann Falschinformationen: Die Schuld für fehlerhafte Visa liege nicht beim Auswärtigen Amt, sondern bei der Bundespolizei, die falsche Pässe nicht gemeldet hätte. Außerdem deutete er in seiner Satiresendung ZDF Magazin Royale am Freitag an, dass die Bundespolizei aus politischen Motiven so handeln könnte, um Stimmung gegen Afghanen zu machen. 

Böhmermann kündigte an, einen „Faktencheck“ machen zu wollen. Die Identitätsüberprüfung beim BAP sei „sehr sicher und sehr gründlich“, weil die Bewerber für ein Visum viele Stationen durchlaufen müssen. Um die Kritik am BAP zu entkräften, führte Böhmermann Vergleiche durch, die nichts mit der Sache zu tun hatten.

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Anstatt den Hinweis, dass es Sicherheitsprobleme gibt, zu entkräften, behauptete der Moderator, dass in Wahrheit die deutschen Bundespolizisten in Islamabad das Sicherheitsrisiko seien, weil ein Polizist betrunken Auto gefahren sei und einer in eine Schlägerei verwickelt worden sei – dabei hat das Fehlverhalten dieser Bundespolizisten mit gefälschten Visa nichts zu tun.

Von den 1.437 Personen, die durch das BAP von Afghanistan nach Deutschland gereist sind, sei hingegen laut dem Bundesinnenministerium nur eine Person straffällig geworden, so Böhmermann. „Bundespolizisten, das sind die Fakten, sind doppelt so gefährlich wie Afghanen“, sagte er überspitzend.

Böhmermann gab dann zwar zu, dass die Bundespolizisten am 18. Januar 2024 sechzehn Personen, die aus Afghanistan gekommen waren, feststellten, denen Visa ausgestellt worden waren, obwohl die Pässe nicht visafähig waren. Er nutzte diesen Umstand aber aus, um zu behaupten, die Beamten hätten die Mängel zu spät gemeldet.

Böhmermann behauptete, dass die Bundespolizei erst auf die fehlerhaften Dokumente hingewiesen habe, als das Flugzeug in Deutschland angekommen war. Das ist jedoch falsch. Wie Business Insider bereits im Juli 2024 berichtete, hatten Bundespolizisten in Islamabad die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes darauf aufmerksam gemacht, dass in mehreren Fällen Proxy-Pässe vorgelegt wurden. 

Daraufhin wurde auch Strafanzeige gegen die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes gestellt. Die Berliner Staatsanwaltschaft kam jedoch zu dem Ergebnis, dass kein strafbares Verhalten vorgelegen habe. In den beanstandeten Fällen habe die Identität zweifellos festgestanden. Die Fehler bei der Vergabe der Visa könnten passiert sein, weil Mitarbeiter überfordert waren oder nicht richtig eingearbeitet wurden, so die Berliner Staatsanwaltschaft.

Bei den von den Bundespolizisten beanstandeten Proxy-Pässen handelt es sich um Pässe, die in Afghanistan ausgestellt werden können, ohne dass die antragstellende Person anwesend sein muss. In Deutschland werden Proxy-Pässe aus diesem Grund nicht anerkannt. Business Insider schreibt, dass sich die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes offenbar über den Hinweis der Bundespolizei hinweggesetzt hätten.

Böhmermann verbreitete jedoch in seiner Sendung Falschinformationen: „Nirgendwo, bei keiner Gelegenheit, hat die Bundespolizei jemandem Bescheid gesagt“. Laut dem Moderator könne es für das angebliche Fehlverhalten der Polizeibehörde, das es so nicht gegeben hat, nur zwei Erklärungen geben: Inkompetenz oder Absicht, um „Politik zu machen“.

„Weil sie das BAP aus irgendwelchen Gründen scheiße finden, machen sie absichtlich Fehler, um das eigentlich sichere Aufnahmeprogramm zu sabotieren“, meinte er. Und weiter: „Ich kann mir beides nicht vorstellen“.

Die Recherche des Business Insider, aus der kein Fehlverhalten der Bundespolizisten in Islamabad hervorgeht, wird nur auf der Webseite afghanistan-bts.de angeführt, die vom ZDF Magazin Royale begleitend zur Recherche erstellt wurde. Wer nur die ZDF-Sendung sieht, erfährt jedoch nichts von dem Artikel, der Böhmermanns gesamte Argumentationsstruktur zusammenbrechen lässt.

Doch auch auf der Internetseite wird versucht, die Fehler, die eigentlich beim Auswärtigen Amt passierten, kleinzureden. Mit der Sendung wird vor allem das Auswärtige Amt und mit ihm Annalena Baerbock in Schutz genommen und Kritiker des Bundesaufnahmeprogramms werden lächerlich gemacht, um ihre Kritik zu diskreditieren.

Am Dienstag wurde dann auch Innenministerin Nancy Faeser auf einer Pressekonferenz auf die Böhmermann-Sendung angesprochen. Sie wurde gefragt, ob sie Erkenntnisse habe, dass die Vorwürfe von Böhmermann stimmen. Daraufhin sprach Faeser der Bundespolizei ihr Vertrauen aus. Sie gehe davon aus, dass die Polizisten vor Ort sorgfältig arbeiten.

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