Mit Begeisterung schreibt die Tagesschau von „20 Minuten Knast für Trump“. Dass Ex-Präsident Donald Trump in Fulton County, Georgia, vor Gericht erscheinen musste, und dabei ein paar Minuten hinter Gittern saß, um auf seinen Termin zu warten und die Justizfotos zu machen, scheint ein wahres Freudenfest für deutsche Medien zu sein. Und am liebsten würde man den Ex-Präsidenten auf Dauer hinter Gitter sehen. Trump ist erledigt, Trump muss erledigt werden und zwar mit der größtmöglichen Demütigung – das ist das Motto.
Vordergründig geht es natürlich um die Anklagen. Und ja, es ist sicher nicht so, dass Trump eine völlig weiße Weste hat. Unter den inzwischen vier verschiedenen Anklagen, gibt es durchaus einige, die ein starkes juristisches Fundament haben: Die Geheimdokumente-Anklage etwa, wo er sich weigerte, Unterlagen aus seiner Präsidentschaftszeit herauszugeben – nicht etwa, weil er die an fremde Mächte verkaufen wollte, wie einige Verschwörungstheoretiker von links spekulierten, sondern weil er einfach gern im Privaten damit angibt. Das ist Trump: Die Dinge, in denen er sich wirklich kriminell verhält, sind häufig gerade solche vermeintlichen Banalitäten, die einfach zu seinem Charakter gehören.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Es ging vielen Linken darum ihn loszuwerden, von der ersten Minute an, in der er seinen Fuß ins Weiße Haus setzte – und schon davor. Ihn seines Amtes zu entheben, darüber sprach man schon bevor er überhaupt seinen Amtseid ablegte. Seine Wahl als Präsident wurde als ausländische Verschwörung dargestellt – als etwas, dass es als Entscheidung der amerikanischen Wähler einfach nicht geben darf. Vor Amtsantritt bis ins vorletzte Amtsjahr wurde er mit Ermittlungen zu einer angeblichen Russland-Verbindung überschüttet, die es nie gab. Gefüttert mit Material, das Firmen für die Kampagne seiner Wahlrivalin Clinton angefertigt hatten. In dem Kontext wurden über ihn die wildesten Verschwörungstheorien verbreitet, die man sich vorstellen kann: Es galt als Mainstream, darüber zu fantasieren, dass ein russischer Agent im Weißen Haus sitzt.
Mediale Attacken, unbegründete Ermittlungen und Zensur
Nachdem die Russland-Ermittlungen zeigten, dass all diese Theorien gehaltlos sind, wechselte man binnen Monaten das Thema und klagte ihn wegen eines Telefonats in die Ukraine an: Damals versuchte Trump die Ukrainer dazu zu bringen, die windige Geschäfte von Hunter Biden, Joe Bidens Sohn, unter die Lupe zu nehmen. Unabhängig vom Telefonat: Hunters Umgang mit den Geschäften war wohl illegal, zumindest klagen deswegen US-Behörden Biden Junior an. Aber das ist ein Thema für sich. Noch bevor er zur Wiederwahl antrat, musste er also einen (erfolglosen) Amtsenthebungsprozess über sich ergehen lassen.
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Kongressausschuss berichtet
Joe Biden traf sich mit russischen und kasachischen Oligarchen – und sein Sohn Hunter erhielt Millionen von ihnen
Neue Bankunterlagen, die ein US-Kongressausschuss veröffentlichte, zeigen, dass Präsidentensohn Hunter Biden Millionen von russischen und kasachischen Oligarchen erhielt. Mit diesen traf sich Joe Biden im gleichen Zeitraum in Washington zum Abendessen – während er Vizepräsident war.Im Wahlkampf zensierten soziale Medien im großen Stil das womöglich Wahl-verändernde „October Surprise“, die Enthüllungen rund um Hunter Bidens Emails. Nach Jahren voller medialer Attacken, unbegründeter FBI-Ermittlungen und Zensur im Netz setzte bei Trump die Paranoia ein: Die Wahlniederlage konnte er nicht anerkennen, für ihn war klar, dass es auch hier im Verborgenen eine Verschwörung gegen ihn gab. Das Vorgehen gegen Trump rechtfertigt seine Wahllügen freilich nicht, aber es ist mit einer der Gründe dafür, dass sie von seinen Anhängern ernst genommen wurden. Zu sagen die Wahl wurde ihm „gestohlen“, mag zwar nicht richtig sein, aber es gleicht der Rhetorik, die man auch schon von Demokraten hören konnte, wenn sie bei Wahlen scheiterten: Man denke nur an die Präsidentschaftswahl 2000 oder die Gouverneurswahl 2018 in Georgia – oder eben die Präsidentschaftswahl 2016.
Das kann man nicht vergleichen, wird es jetzt heißen. Und ja, die Situation und Mittel sind definitiv anderer Art und Qualität, aber die Motivation dahinter ist die gleiche: Die Wahl zu revidieren. Trump versuchte Bundesstaaten davon zu überzeugen andere Wahlmänner zu ernennen, beziehungsweise später den Kongress davon zu überzeugen, einige Wahlmänner-Stimmen für Biden als ungültig zu erklären. Exakt das gleiche haben die Demokraten natürlich nicht gemacht, aber nach der Wahl 2016 gab es auch in linken Kreisen Bestrebungen, die Wahlmänner dazu zu bewegen, ihre Stimmen nicht für Trump abzugeben, obwohl sie sich dazu verpflichtet hatten. Und einige der prominentesten Demokraten, die in dem Ausschuss saßen, der Trump für den Sturm aufs Kapitol ins Visier nehmen sollte, hatten selbst vorher schon versucht, Wahlmänner-Stimmen für Bush und Trump als ungültig zu erklären, obwohl beide rechtmäßig gewählt wurden.
Die Flucht nach vorne
Trump aber soll jetzt dafür vor Gericht. Die Straftaten, die ihm dabei im Zusammenhang mit dem Wahlnachgang 2020 vorgeworfen werden, sind fast alle von politischer Natur. Denn es geht nunmal um politische Äußerungen: Forderungen, meist sogar öffentliche, eben jene Biden-Stimmen für ungültig erklären zu lassen. Sein Verhalten kann man zurecht als falsch und undemokratisch ansehen, aber es ist eine politische Forderung, die im US-Politbetrieb nicht neu ist, wenn auch bisher nicht in diesem Maße angewandt. Eine zweite Amtsenthebung gegen ihn, an die man ein Ämterverbot hätte anschließen können, scheiterte. Jetzt soll er auf strafrechtlichen Weg dafür rangenommen werden, woran der Kongress versagte.
Ob das klappt, hängt von den Geschworenen ab, den Richtern und den Details des Verfahrens – etwa ob es primär um Meinungsäußerungen geht oder um mehr. Aber eines ist für die meisten, ob Gegner oder Anhänger, wohl jetzt schon klar: Trump soll vernichtet werden. Und der einzige Weg für ihn ist die Flucht nach vorne, in die Offensive.
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Ab wann wird eine Politiker-Falschaussage zum Verbrechen? Und Wünsche zur Wahlmänner-Ernennung eine Straftat? Die Hintergründe über das, was eine demokratische Staatsanwältin Donald Trump in Georgia vorwirft.Für die Demokraten ist der Schlachtplan klar: Trumps Anklagen treiben ihn unter republikanischen Wählern zu neuen Höhen, andere, kompetentere Kandidaten lässt er hinter sich. Und dann vielleicht gerade rund um die Zeit im nächsten Jahr, wenn die Parteitage stattfinden, er die Vorwahlen gewonnen hat und als Kandidat seiner Partei nominiert wird, trudeln die Verurteilungen rein – wenn er noch nicht toxisch genug für moderate Wähler war, sollte er es spätestens dann sein. Im Spiegel heißt es, das Foto aus dem Gefängnis in Georgia „dürfte ihm politisch noch schaden“. Genau das ist das Kalkül. Aber es kann auch gewaltig nach hinten losgehen. 2016 hat das gezeigt – auch da lachte man über ihn, verteufelte ihn, erklärte ihn zum unmöglichen Kandidaten. Jetzt steuert man wieder auf genau diese Situation zu.
Trump als Instrument der Rache
Für die republikanische Basis ist Trump das Instrument der Rache – Rache an den Demokraten für all das, was sie dem Land, den Republikanern, und am Ende Trump selbst angetan haben. Neben ihm gibt es kompetentere Kandidaten. Neben ihm gibt es Kandidaten, die man moderaten Wählern viel besser verkaufen kann und gegen die Biden ins völlige Hintertreffen kommen würde. Es gibt Kandidaten, die weitaus konservativer sind. Aber je mehr es darum geht, Trump zu vernichten, umso mehr geht es der Basis um genau diese Rache. Sein grimmiges Gesicht auf dem Foto aus Georgia ist Sinnbild dafür.
Klar die meisten Umfragen zeigen Biden vorne, sollte Trump nominiert werden. Aber was, wenn es anders kommt? Man hat sich so sehr auf Trump eingeschossen, dass man dieses Szenario völlig ausblendet. Ein Ex-Präsident, der ins Weiße Haus zurückkehrt, das hat es seit mehr als hundert Jahren nicht mehr gegeben. Es wäre die ultimative Genugtuung, die ultimative Bestätigung für Trump und die ultimative Demütigung seiner Gegner.
2016 versprach Trump noch die Ermittlungen gegen Clinton durchzuziehen, nach der Wahl gab er das dann als Zeichen der Versöhnung auf. So etwas wäre heute undenkbar – Stichwort Biden-Deals etwa. Keiner kann voraussehen, wie die nächste US-Wahl ausgeht. Aber wenn es so weitergeht, wird es mindestens eine 50:50-Chance geben, dass ab 2025 wieder Donald Trump im Oval Office sitzt. Und dass Joe Biden seinen Ruhestand damit verbringt, mit anzusehen, wie sein Sohn ins Gefängnis wandert.
Nach meinem Dafürhalten ist Trump politisch gar nicht so „rechts“, gerade im Vergleich mit anderen Republikanern. Trotzdem hassen die Linken ihn über alles.
Zum Thema Wahlbetrug: Da sollte man als ein im fernen Deutschland sitzender Journalist sehr sehr vorsichtig und zurückhaltend sein.
Denn 1.) sind die Wahlbetrugsgeschichten wohl nicht von Trump ausgegangen. 2.) gibt es mit „2000 Mules“ eine sehr eindrucksvolle Doku, in der eine Menge eindrücklicher Hinweise/Beweise für Wahlbetrug aufgeführt werden, 3.) sollte man sich mal Fotos und Videos von Wahlkampveranstaltungen Biden/Trump ansehen, wo bei Trump 1000ende Menschen waren, während Biden nur wenige mobilisieren konnte.
Und 4.) sollte man mal vor Ort mit Amerikanern sprechen. Natürlich gibt im Nachhinein niemand gerne zu, Biden gewählt zu haben, aber die Vielzahl an Trump-Flaggen und Aufklebern an Häusern und Autos lässt mich massiv an einem echten Wahlsieg zweifeln.