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Haushaltskrise

Trotz Wegner-Versprechen: Berlin spart bei innerer Sicherheit – während Asylausgaben unantastbar bleiben

Berlin muss sparen und sucht deshalb nach Möglichkeiten, seine Ausgaben zu mindern: Obwohl Wegner das Gegenteil versprach, wird offenbar auch bei Bildung und innerer Sicherheit gespart. Nur Ausgaben für Flüchtlinge sind unantastbar.

Kai Wegner muss sparen. Und bricht dabei wohl seine Versprechen.

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„Arm, aber sexy“ hieß es mal über Berlin. 2003 prägte Klaus Wowereit diesen Spruch, der der Hauptstadt lange anhaftete. Inzwischen liegt die Betonung auf dem ersten Teil des Satzes. Denn Berlin muss sparen – und zwar in bisher unbekannten Größenordnungen. Die Berliner CDU und SPD, momentan verantwortlich in der Hauptstadt, verhandelten monatelang über einen Haushalt für das Jahr 2025.

Drei Milliarden Euro sollen im Vergleich zum Etat für das laufende Jahr 2024 eingespart werden. Welche Maßnahmen diese Einsparungen ermöglichen sollen, wird jetzt verhandelt. Man will im November final bekannt geben, wo und wie konkret gespart wird. Eines zeichnet sich jedoch schon jetzt ab: Berlin wird am Ausbau der Infrastruktur und bei den Sozialausgaben sparen, möglicherweise auch im Bildungsbereich, obwohl Wegner noch im Sommer explizit gesagt hatte, dass dort auf keinen Fall gespart werden soll. Ein großes Versprechen, das nun aufweicht.

Am Sonntag entschied die Schwarz-Rote Regierung, dass die Senatsverwaltungen für 2025 vorerst keine festen Mittelzusagen mehr machen dürfen. Das bedeutet eine Haushaltssperre für den Berliner Senat. Am Montag erhielten die Senatsverwaltungen ein entsprechendes Schreiben des Finanzsenators Stefan Evers, das klarstellt: Es wird zunächst kein Geld versprochen, bis genau feststeht, wo und wie viel gespart wird. Und da beginnen die Probleme für Bürgermeister Kai Wegner und seinen Senat.

Eine Sache ist dem CDU-Bürgermeister Kai Wegner, dessen Wahl nach der Wiederholungswahl manchen Berlinern Hoffnung gemacht hatte, es würde wieder bergauf mit der Hauptstadt gehen, offenbar zu heilig, um sie Teil der Einsparungen zu machen: Und zwar nicht die Bildung, sondern die Flüchtlingsaufnahme. Denn während alles im Rahmen der Einsparungspolitik auf dem Prüfstand steht, sollen die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung nicht infrage gestellt werden.

Untragbare Kosten für ein System, das niemandem wirklich hilft

Während Sozialprojekte, Schulausbaupläne und Bauprojekte nun zittern, steht für den Berliner Senat jetzt schon fest, dass die exorbitant hohen Kosten für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in Berlin unangetastet bleiben. Circa eine Milliarde Euro im Jahr kostet das den Berliner Senat. Eine Summe, die der Grund dafür ist, dass andere Investitionen derzeit nicht möglich sind.

Die Missstände in den Berliner Flüchtlingsunterkünften sind dabei für jeden ersichtlich, gerade im eigentlich für Ukraine-Flüchtlinge geschaffenen Notlager auf dem alten Flughafengelände Tegel ist die Situation prekär. Die Sicherheitslage ist miserabel, die Hygiene fatal und der Unmut groß. Immer wieder kommt es zu Gewalttaten unter Flüchtlingen oder gegen das überforderte Sicherheitspersonal. Sollten die Ankommenden eigentlich nur wenige Tage in dem Aufnahmelager verbringen, wohnen manche inzwischen schon länger als ein Jahr dort. Eine Situation, in der niemandem geholfen ist – weder den Flüchtlingen, noch der Stadt – die aber Millionen frisst. Dazu kommen Kosten für Hotels und Büroräume, die der Senat mieten oder sogar kaufen möchte, um dort Asylbewerber unterzubringen.

Die Kosten wurden bisher vom Senat stets mit dem Argument gerechtfertigt, es bestehe eine Notlage. Bundespolitisch reiht man sich da in den Chor vieler Gemeinden ein, die hilfsbereit Flüchtlinge aufnahmen, inzwischen aber unter der Belastung zusammenbrechen. Die Ampel-Regierung in Berlin agiert bisher kaum. Doch wann ist die „Notlage“ vorbei? Diese Frage drängt sich auf, gerade weil Berlin im Haushalt sparen muss.

Haushaltstrick wird nicht aufgehen

Um der Frage aus dem Weg zu gehen, arbeitet man im Senat seit Monaten daran, die Kosten mithilfe von Notfallkrediten zu finanzieren und nicht mehr über den regulären Haushalt. Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe von der SPD hatte diese Idee vorgeschlagen, die CDU kündigte an, gegen dieses Vorgehen keine Einsprüche zu haben. Das könnte jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit das Verfassungsgericht verhindern, aus ähnlichen Gründen, wie bereits das geplante Klimasondervermögen Ende 2023 scheiterte.

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Berlin plante damals, zehn Milliarden Euro für den klimaneutralen Umbau der städtischen Infrastruktur außerhalb des Haushalts zu investieren. Das Bundesverfassungsgericht kassierte daraufhin das identische Vorhaben für den Bund ein und Berlin legte auch seine Pläne für ein Klimasondervermögen auf Eis. Ein Sondervermögen für Flüchtlingsausgaben könnte aus denselben Gründen scheitern – das weiß der Senat.

Geldnot zwingt Wegner, seine Versprechen zu brechen

Also muss an anderer Stelle Platz im Haushalt geschaffen werden, um die Ausgaben zu senken. Denkverbote gebe es nicht, sagte Kai Wegner zuletzt flapsig über die anstehenden Sparmaßnahmen auf einer Pressekonferenz im Sommer. Was Wegner damit sagt, ist Folgendes: Es wird überall gespart, auch dort, wo er es explizit ausschloss. So ging Wegner in den Wahlkampf mit den Themen innere Sicherheit und Bildung. Immer wieder hieß es seitdem, dort werde Wegner nicht sparen. „Im Bereich der inneren Sicherheit und der Bildung dürfen wir, glaube ich, nicht sparen“, sagte der CDU-Politiker einst im Dezember 2023, als sich die Haushaltskrise in Berlin zuspitzte.

Dennoch setzt Wegner genau dort die Säge an: Nach Angaben einer Sprecherin der Senatsverwaltung für Inneres und Sport gegenüber dem Tagesspiegel aus diesem Mai, sieht sich die Feuerwehr in diesem Jahr 11,8 Millionen Euro Einsparungen gegenüber, die Polizei soll 2024 20,7 Millionen Euro sparen. Im kommenden Jahr sind weitere Einsparungen zu erwarten. Und das, obwohl Polizei und Feuerwehr schon jahrelang mangelnde Ausrüstung beklagen. Die Folgen sind schwerwiegend: Bodycams werden weniger gekauft als geplant, der Kauf neuer Fahrzeuge verschoben.

Im Bereich Bildung wird ebenfalls gespart. So berichtet die Berliner Zeitung jetzt über Wegners Pläne, die Standards im Schulneubauprogramm des Landes Berlin unter die Lupe zu nehmen. Das bedeutet: Der Bau neuer Schulen ist wackelig, weil sie Geld kosten. Der Tagesspiegel berichtet, dass die schwarz-rote Koalition auch mit dem Gedanken spielt, Geld zu sparen, indem man in neuen Schulen kleinere Räume als bisher geplant einbaut und der zusätzliche Bau von Kitas gestrichen werden könnte.

Bereits im Juli sagte Wegner in einem Podcast von Table.Media, es gebe ein paar „soziale Geschenke auch im Bildungsbereich, über die wir reden müssen“. Damit meinte er etwa das entgeltfreie Schulessen. Auch die Hochschulen sollen sparen: Die bis 2028 geltenden Hochschulverträge, in denen festgelegt wird, was Universitäten in Berlin leisten sollen, könnten gekürzt werden. Bisher sollte das Volumen um jährlich fünf Prozent wachsen. Jetzt denkt man über eine Kürzung nach.

Wo Berlin und Kai Wegner genau sparen werden, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden. Spätestens Ende des Jahres werden die Berliner schlauer sein. Die Flüchtlingsausgaben werden es aber nicht sein, so viel steht schon fest.

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