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Brüssel

Trotz massiver Kritik: EU will Entwaldungsverordnung in Kraft setzen

Trotz massiver Kritik an der geplante Entwaldungsverordnung der EU – von europäischen Regierungen, von EU-Politikern und südamerikanischen Regierungen – plant die EU-Kommission sie zum Jahresende in Kraft zu setzen.

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Kaum eine EU-Verordnung hat weltweit so viel Kritik hervorgerufen, wie die geplante Entwaldungsverordnung. Die Entwaldungsverordnung sieht vor, dass Produkte wie Soja, Kaffee, Möbel oder Steaks nur noch dann nach Europa importiert werden dürfen, wenn dafür keine Wälder zerstört werden. Ab 2025 müssen Importeure nachweisen, dass ihre Lieferanten weder fällen noch roden. So soll der Dschungel in Südamerika, Afrika und Asien geschützt werden. Wie Welt berichtet, gibt es aber vielfach Kritik an der Verordnung: von EU-Mitgliedsstaaten selbst, aber auch Ländern aus Nord- und Südamerika und aus der Wirtschaft. 

In Europa kritisieren neben Bundeskanzler Olaf Scholz zwanzig weitere Regierungschefs die geplante EU-Verordnung, so hört man aus EU-Kreisen, wie Welt schreibt. Scholz setzt sich für eine Aufschiebung des Gesetzes ein. Unterstützt wird er von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne). „Die Kommission hatte über ein Jahr Zeit, die Voraussetzungen für eine ordentliche und praxistaugliche Umsetzung der Verordnung zu schaffen“, sagte er in dieser Woche, wie Welt berichtet. „Das ist nicht gelungen.“

2023 stimmten die EU-Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament der Entwaldungsverordnung zu. Damals sagte der EU-Abgeordnete Christophe Hansen von der christdemokratischen EVP: “Bis heute sind unsere Supermarktregale allzu oft mit Produkten gefüllt, die mit der Asche abgebrannter Regenwälder bedeckt sind und die Lebensgrundlage indigener Völker vernichtet haben.” Ein Jahr später will man von diesen Worten nichts mehr wissen. Die EVP, zu der in Deutschland die Unionsparteien gehören, fordert eine Aufschiebung der Verordnung.

Kritik kommt auch aus dem außereuropäischen Ausland. Brasilien empfindet die Verordnung als übergriffig und befürchtet wirtschaftliche Schäden. Die brasilianische Regierung gibt an, dass ein Drittel der Exporte in die EU von der Regelung betroffen seien. Es dürften dann zum Beispiel keine Steaks mehr nach Europa geliefert werden, die von Rindern kommen, die heute dort grasen, wo vor einigen Jahren noch Regenwald wuchs.

Auch die US-Regierung fordert eine Verschiebung des Inkrafttretens der Verordnung, weil viele amerikanische Firmen noch nicht bereit seien. Sogar das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den südamerikanischen Staaten der Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur ist bedroht. Der Wirtschaftsgemeinschaft gehören Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Bolivien an. Seit 25 Jahren wird über das Freihandelsabkommen verhandelt. Die Freihandelszone würde 800 Millionen Menschen umfassen. Einer der Streitpunkte, die es noch zu klären gilt: die Entwaldungsverordnung. 

Der CDU-Europaabgeordnete und Umweltpolitiker Peter Liese sagt derweil, dass die Verordnung ein berechtigtes Ziel verfolge. “Aber in ihrer gegenwärtigen Form ist sie ein bürokratisches Monstrum.“ Viele Branchen seien betroffen, einigen drohe Überforderung. Dazu verweist er auf ein Beispiel aus seinem Wahlkreis in Südwestfalen. „In meinem Wahlkreis gibt es einen mittelständischen Röster, der seit über 30 Jahren fair gehandelten Bio-Kaffee produziert und gute Lieferbeziehungen nach Mittelamerika hat“, sagt Liese. „Die Kleinbauern, die ihn beliefern und die vorbildlich wirtschaften, kommen mit dem Instrumentarium nicht klar.“ 

Auch aus der Wirtschaft kommt scharfe Kritik. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Thilo Brodtmann, kritisiert die zunehmenden Vorschriften der EU: “Die Entwaldungsverordnung reiht sich in eine Serie von extrem wettbewerbsschädigenden Regularien ein.” Daneben spricht er das Lieferkettengesetz an, die Zollabgabe auf Kohlendioxid und die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. „Die EU überfrachtet Unternehmen mit kaum handhabbaren, völlig überzogenen Vorgaben.“ 

Oft wird kritisiert, dass es Überschneidungen zwischen verschiedenen EU-Richtlinien gibt. So kommt es zum Beispiel zu Überschneidungen zwischen der Entwaldungsverordnung und der Lieferkettenrichtlinie. Letztere sieht vor, dass vom Rohstoff bis zum Endprodukt kontrolliert werden muss, ob Geschäftspartner in anderen Ländern die Umwelt schützen. Trotz vielfacher Kritik aus der Wirtschaft, von EU-Mitgliedsstaaten und aus dem Ausland arbeite die EU-Kommission “weiterhin sehr intensiv“ daran, dass die Verordnung zum Jahresende in Kraft treten kann, berichtet Welt.

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