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Interview

Sprecher offenbart: Bundesregierung führt Gespräche mit Taliban

Am Dienstag veröffentlichte Focus online ein Interview mit einem Taliban-Sprecher. Es ging vor allem um die abgeschobenen Straftäter. Doch fiel ein brisanter Satz: Die Taliban führen inoffiziell Gespräche mit der deutschen Regierung, obwohl diese immer wieder betont, die Taliban nicht anzuerkennen.

Taliban-Sprecher Suhail Shaheen sprach im Focus-Interview über die Beziehungen der Terrororganisation zur deutschen Regierung

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Die deutsche Bundesregierung führt inoffizielle Gespräche mit der Taliban. Das gab ein Sprecher der Terrororganisation in einem Interview mit Focus online bekannt. Suhail Shaheen, Vorsitzender des Politischen Büros der Taliban in Katar, sprach zunächst über die kürzlich von Deutschland abgeschobenen afghanischen Straftäter. Shaheen erklärte, dass die Abgeschobenen in Afghanistan inzwischen wieder freigelassen worden waren, weil sie in der Vergangenheit in Afghanistan keine Straftaten begangen hatten und Verwandte versichert hatten, dass sie in Zukunft keine Straftaten begehen würden. 

Da es kein offizielles Abkommen zwischen Deutschland und Afghanistan gebe, das den Umgang mit abgeschobenen Straftätern regle, bestehe seitens Afghanistans keine Verpflichtung im Umgang mit den abgeschobenen Straftätern, sagte der Taliban-Sprecher. Auf die Nachfrage, ob abgeschobene Straftäter dann generell nicht für in Deutschland begangene Straftaten belangt würden, antwortete er: „Uns liegen keine vollständigen Informationen über die in Deutschland begangenen Straftaten vor. Diese Informationen wurden mit uns nicht geteilt. Zudem gibt es keine Vereinbarung zwischen beiden Ländern und keinerlei Verpflichtungen.“

Shaheen sprach sich dafür aus, dass Deutschland und Afghanistan in Zukunft direkte Verhandlungen über Abschiebungen führen sollten. Angesichts der großen afghanischen Gemeinde in Deutschland befürwortet der Taliban-Sprecher die Einrichtung eines Konsulats in Deutschland.

Auf die Frage, wie er dazu stehe, dass die deutsche Regierung offiziell erklärt hat, keine Beziehung zu den Taliban aufbauen zu wollen, antwortete Shaheen: „Das ist nicht korrekt. Wir haben uns inoffiziell mit Vertretern der deutschen Regierung und den Vertretern vieler europäischer Länder getroffen. Diese Gespräche sind notwendig, und es gibt sie, auch wenn sie nicht offiziell sind. Es gibt auch einige deutsche NGOs, die in Afghanistan tätig sind. Es gibt Themen, die wir klären müssen, und das geschieht in diesen Kontakten. Es ist nicht regelmäßig, aber hin und wieder finden Gespräche statt.“ 

Noch im Februar 2024 schreibt das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite: „Die Bundesregierung erkennt die De-facto-Regierung der Taliban in Afghanistan politisch nicht an. Die deutsche Botschaft in Kabul ist seit dem 15. August 2021 bis auf Weiteres geschlossen.“ Kontakte mit Vertretern der Taliban dienen dem Schutz von Frauenrechten oder der Ermöglichung ungehinderter Ausreisen. 

In einem Infobrief des Deutschen Bundestags aus dem Februar 2022 hieß es, dass die deutsche Regierung sich für eine „begrenzte Präsenz in Kabul einsetzt, um die Lage vor Ort besser beurteilen zu können und direkte Kontakte zu den in Afghanistan (immer noch) ansässigen Hilfsorganisationen (wie z.B. die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)) zu pflegen. […] Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zum Taliban-Regime auf Botschafterebene lehnt Deutschland dagegen (derzeit) ab.“

Von Focus online auf die Menschenrechtssituation in Afghanistan angesprochen, sagt der Sprecher der Taliban, dass Frauen im medizinischen Bereich durchaus hohe Bildungsabschlüsse erreichen könnten. Jedoch ist der medizinische Bereich einer der wenigen, in dem Frauen überhaupt noch arbeiten dürfen. Tatsächlich steht Mädchen in Afghanistan nur noch die Schule bis zur sechsten Klasse offen. 

Das Tugendgesetz, das im August erlassen wurde, sieht zum Beispiel vor, dass Frauen in der Öffentlichkeit nicht mehr laut sprechen oder singen dürfen. Selbst wenn sie sich in ihrem Haus aufhalten und dort singen, aber auf der Straße draußen gehört werden, drohen Geldstrafen oder Gefängnisstrafen. In der Öffentlichkeit sollen Frauen von männlichen Verwandten begleitet werden. Auch Taxifahrern ist es verboten, eine Frau ohne männliche Begleitung mitzunehmen.

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