Werbung:

Scholz sagt Terror-Hinterbliebenem die Unwahrheit: Staatsförderung von Ratgeber gegen Abschiebungen wurde nicht „eingestellt“

Am Dienstag konfrontierte der Vater einer von einem Palästinenser erstochenen 17-Jährigen Bundeskanzler Scholz: Der Staat fördere einen Anti-Abschiebe-Ratgeber. Scholz erklärte, dass die Förderung „längst eingestellt“ sei. Nach Recherchen von Apollo News läuft sie aber – und soll auch 2025 fortgesetzt werden.

Von  

Werbung

Bundeskanzler Olaf Scholz war am Dienstagabend bei RTL Direkt Spezial zu Gast und musste sich dort den Fragen von Moderatorin Pinar Atalay sowie drei Gästen stellen. Einer dieser Gäste war Michael Kyrath, Vater der in einem Zug in Brokstedt ermordeten Ann-Marie – ein staatenloser Palästinenser hatte im Januar 2023 mit einem Messer auf die 17-Jährige und ihren Freund Danny eingestochen. Kyrath warf Olaf Scholz vor, maßgeblich die Erosion der inneren Sicherheit in Deutschland verursacht zu haben. Messerattacken wie diejenige, die seine Tochter das Leben kostete, habe Scholz erst möglich gemacht.

Zudem warf er Scholz vor, systematisch die Abschiebung von Flüchtlingen zu erschweren. Michael Kyrath zeigte sein Unverständnis dafür, dass die Bundesregierung eine Plattform „unterhält“, die erklärt, wie „man der Abschiebung entgehen kann“. Damit ist das „Handbook Germany“ gemeint, über das Apollo News Ende August exklusiv berichtet hat. Kyrath spricht davon, dass ausreisepflichtige Migranten auf einer „Internetseite“ Tipps in „neun Sprachen“ erhalten, wie man sich seiner Ausweisung entziehen kann.

Delivered by AMA

All das kommt in „Handbook Germany“ vor – auch der Punkt, wie man gegen eine Abschiebung „klagen kann“, wird umfangreich auf der Seite des Projekts ausgeführt. Genau wie die Tatsache, dass „Steuermittel zur Verfügung gestellt“ werden können, sodass „jemand gegen den deutschen Staat klagen kann, um seiner Ausweisung zu entgehen“. „Ich bekomme keine staatlichen Hilfen, wenn ich gegen den Staat klagen will auf Schadensersatz für die Ermordung meiner Tochter“, wirft Kyrath Scholz mit brüchiger Stimme vor. „Wo ist da die Gerechtigkeit? Wie soll ich das als Bürger nachvollziehen?“

Scholz lässt sich von den Vorwürfen des Familienvaters keineswegs aus der Ruhe bringen. Von „dieser Geschichte“ habe er auch gehört. Ihm sei jedoch berichtet worden, dass es sich bei der Förderung um eine „sehr lange zurückliegende Entscheidung“ gehandelt habe. Zudem seien jegliche Förderungen seinen Informationen nach „längst eingestellt“. Das ist eine glatte Lüge.

Denn auf Apollo-News-Anfrage gab das Bundeskanzleramt im September an, dass das „Handbook Germany“ nach wie vor finanziell von der Bundesregierung gefördert wird (Apollo News berichtete exklusiv). Das Bundeskanzleramt bestätigte noch auf eine Anfrage von Apollo News im September: „In 2025 (01.01 – 31.12) soll das Projekt mit voraussichtlich 300.000 Euro gefördert werden (wie in 2024)“. 

Lesen Sie auch:

Dabei unterschied die Behörde zwischen dem Projekt „Informationsplattform für Flüchtlinge” der Plattform „Handbook Germany“, das von 2016 bis Ende 2022 gefördert wurde, und dem Projekt „Handbook Germany: Together – zentrale, digitale Anlaufstelle“, das von Anfang 2023 bis Ende 2025 gefördert wird. 

Dabei besteht der einzige Unterschied darin, dass das Projekt „Informationsplattform für Flüchtlinge” ausschließlich die Infoplattform „Handbook Germany“ enthielt, während das aktuelle Folgeprojekt „Handbook Germany: Together” einen Zusammenschluss der Infoplattform „Handbook Germany“ mit dem Forum „Together in Germany“ und der Suchmaschine für Beratungsstellen für Asylbewerber „lokale Informationen“ meint. Die Plattform „Handbook Germany“ mit den zugehörigen Anti-Abschiebe-Tipps ist dabei dieselbe und wurde bzw. wird mit beiden Projekten gefördert.

Die Förderung wurde also nicht „längst eingestellt“, wie Scholz sagt. Die Plattform wird in diesem Jahr von der Bundesregierung weiterhin mit 300.000 Euro gefördert – genau wie im nächsten Jahr. Von 2016 bis 2025 fördert die Bundesregierung die Website (die bis 2022 noch „Informationsplattform für Flüchtlinge“ hieß) so insgesamt mit mehr als sechs Millionen Euro.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem Vater der ermordeten Ann-Marie also nicht die Wahrheit gesagt. Die Angaben des Kanzleramts widersprechen Scholz Aussagen. Wie passt das zusammen? Apollo News hat nochmal beim Bundeskanzleramt nachgefragt. Dort versucht man nun die Lüge zu decken und verweist auf das Ende des ersten Projekts: „Die Förderung des Projekts ‚Informationsplattform für Flüchtlinge‘ von Handbook Germany ist seit Ende 2022 abgeschlossen“ – das ändert aber freilich nichts daran, dass dieselbe Plattform, als Teil des neuen Projektes “Handbook Germany: Together” weiterhin gefördert wird.

Screenshot: Antwort des Bundeskanzleramts zur Förderung von „Handbook Germany: Together“ (davor gefördert als „Informationsplattform für Flüchtlinge“)

Fakt ist: Während dem Vater der ermordeten Ann-Marie keine staatliche Hilfe zuteilwird, können sich Flüchtlinge auf der staatlich geförderten Plattform Tipps zur Verhinderung ihrer Abschiebung einholen. Etwa, dass das Verschwinden eines Kindes ein Abschiebehindernis sei. Konkret heißt es auf der Plattform: „Bitte beachten Sie: Eltern dürfen nur gemeinsam mit ihren Kindern abgeschoben werden.“ Und weiter: „Wenn zum Beispiel ein minderjähriges Kind zum Zeitpunkt der Abschiebung vermisst wird, darf der Rest der Familie nicht abgeschoben werden.“ Migranten, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, ermuntert man zudem zur Klage. Die Chancen würden gut stehen, dass der deutsche Staat für die Rechtskosten aufkommen müsse.

Scholz sagt zu Michael Kyrath: „Das will ich Ihnen sagen, wir sind ein Rechtsstaat, da kann jeder seine rechtlichen Möglichkeiten nutzen“. Weiter sagt der Kanzler: „Selbstverständlich weiß ich als jemand, der mal Rechtsanwalt war, und das gilt für Vereine und andere auch, wenn ich jemandem einen Tipp gebe, wie man das Recht beugt, welche falschen Auskünfte man geben soll oder dass man seinen Pass wegwerfen soll, dann ist das für einen Rechtsanwalt etwas, das seine Berufszulassung gefährdet.“

Das sei „nicht in Ordnung“ und müsse „auch konsequent mit den öffentlichen Mitteln, die wir haben, angegangen werden“. „Da bin ich voll bei Ihnen“, so Scholz. Kurze Zeit vorher hatte der Bundeskanzler außerdem betont, dass die Regierung „einmal geguckt“ habe, was „all die Tricks, mit denen dann gewiefte Anwälte versuchen, die Rückführung zu verhindern“ seien. Die habe man dann „alle aufgegriffen und sehr viele einzelne Gesetzesveränderungen schon beschlossen, die genau dazu führen, dass die Tricks nicht mehr klappen“.

Die „Tricks“, von denen der Kanzler hier spricht und die man angeblich verhindern wolle, könnte der Kanzler bequem auf der Website des „Handbook Germany“ nachlesen. Dort wird erklärt, wie man Asylfolgeanträge stellen kann. Dieser greift zum Beispiel bei neuen „Anhaltspunkten“ für die Verfolgung der Person im Heimatland oder bei einem „schweren Kriegstrauma“ des Betroffenen, „das bisher unerkannt geblieben ist“. Auch die Möglichkeit der Erlangung einer Duldung wegen „ungeklärter Identität“ oder „fehlenden Papieren“ wird beim „Handbook Germany“ thematisiert.

Werbung

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Strafbare Inhalte, Beleidigungen oder ähnliches sind verboten. Bitte haben Sie Verständnis, dass es ggf. zu längeren Bearbeitungszeiten kommt. Kommentare sind auf maximal 1.000 Zeichen limitiert.

112 Kommentare

  • Ich fand es erstaunlich wie Michael Kyrath sich unter Kontrolle hatte, ich hätte das nicht geschafft, wenn mir so frech in Gesicht gelogen wird.

    234
  • Was sagt das über ein Land aus, wo ein notorischer Lügner zum Kanzler wird…?

    213
  • “ … ihm sei berichtet worden … „,
    “ … nach seinen Informationen … “ .
    So sprechen aalglatte Juristen. Denn wenn es nicht wahr ist, dass die Förderung eingestellt wurde, dann hat Scholz nicht etwa gelogen, sondern man hat ihm falsch berichtet bzw. ihn falsch informiert. Und schwupps ist er aus dem Schneider.

    172
  • Meine Verachtung für diesen BK, diesen Menschen, vermag ich nicht in Worte zu fassen.

    158
  • Der „Respektkanzler“ in Aktion.
    Er lügt sogar Hinterbliebene von Opfern an. Wie war das mit den „anständigen“ am Tag der Deutschen Einheit?
    Im großen Stil abschieben wollen und gleichzeitig Tipps zur Verhinderung von Abschiebung fördern. Der Anstand muss jetzt wohl anders interpretiert werden.

    156
  • War es eigentlich Zufall, dass jedesmal wenn es eng wurde für Scholz, plötzlich Werbung kam?!

    125
  • RTL ist zu danken, dass dieses Gespräch überhaupt zustande gekommen ist. Leider hat es bisher keine Schlagzeilen gemacht. Das liegt daran, dass es Scholz eben zu leicht gemacht wird, wohlgemerkt von den Journalisten. Warum war kein Faktenchecker am Tisch, der den Wahrheitsgehalt der Aussagen des BK zerlegt hat?
    Was bringt es am Ende , auf irgendwelche zweitrangigen Broschüren hinzuweisen? Man sollte als Betroffenener immer wieder auf Seehofers Aussage über die „Herrschaft des Unrechts“ zurückgreifen.
    Besser wurde es nie auf den Punkt gebracht.

    84
  • Wir hatten schon den einen oder anderen Kanzler, der etwas Probleme mit der Wahrheit hatte.
    Scholz stellt sie diesbezüglich alle in den Schatten.

    82
  • Aus dem Text:
    „Bundeskanzler Olaf Scholz war am Dienstagabend bei RTL Direkt Spezial zu Gast und musste sich dort den Fragen von Moderatorin Pinar Atalay sowie drei Gästen stellen.“

    Ganz Ehrlich! Ich kann es nicht nachvollziehen!
    Warum wird Bundeskanzler Olaf Scholz noch eingeladen?
    Seine Antworten sind programmierte Floskeln und Textbausteine!
    Aussagekraft und Glaubwürdigkeit gehen gefühlt gegen null!

    Entweder sie lügen oder sie wissen es nicht, aber reden so als ob sie es wüssten!
    Lügen oder auch nicht wissen, sind keine Entschuldigungen!

    Wer diese Ampel-Parteien noch wählt macht sich an der ganzen Misere mitschuldig!
    PS: CDU wird auch nicht besser!

  • Es kann echt nicht sein, dass die Politik zunehmend durch NGOs und Aktivisten, oft finanziert von Grossunternehmern aus den USA mit eigenen Interessen, regelrecht unterwandert ist. Darüber sollten sich diejenigen, die sich öffentlich und lautstark um die Demokratie sorgen, mal ernsthaft Gedanken machen.

  • Lauterbach sagt ja, dass die Wahrheit sehr oft zum politischen Tod führt.

    62
  • Er appellierte doch an die „Anständigen“ am Tag der Einheit. Ist ja auch der „Respekt Kanzler“

  • Alte Marketing-Weisheit: Wenn mit Selbstverständlichkeiten geworben wird, liegt genau da der Hase im Pfeffer.

    Kommen wir mit diesem Wissen zu Olaf Scholz, dem Respekts-Kanzler. Der wusste nicht, dass die von ihm geführte Wurstbude solche Pamphlete produziert und hat im Angesicht eines seiner Opfer einfach schnell rausgehauen, dass das längst eingestellt sei. So viel zum Thema Respekt …

  • Wer immer lügt,dem glaubt man nicht,besonders wenn der Kanzler spricht.

    43
  • „Die Wahrheit hat Füße, sie lief davon, die Lüge hat keine, sie ist geblieben.“
    Kalenderweisheit

    36
  • Gerade im Focus gelesen. Olaf Scholz: …ich bin auch ein Gewinn für diese Land… Ich, Mehrtürer, bin nur noch verzweifelt…

    31
  • Ein Mangel an Ehrlichkeit ist scheinbar ein weit verbreitetes Phänomen. So wissen wir von Jean-Claude Juncker (während der Eurokrise 2011): „Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ 
    Juncker gehört der Christlich Sozialen Volkspartei an.

  • Abgesehen von der Unverschämtheit eine solche Seite zu fördern… wie kann der Betrieb dieser Seite so viel kosten? Wer steckt sich da unser Geld in die Tasche?

    28
  • Nun, wer, der noch seine Sinne beisammen hat, würde Sozialisten irgendetwas glauben?

  • …sobald der sein Maul auf macht, lügt der…

  • Respekt an Michael Kyrath. Ich weiß nicht, ob ich mich da so unter Kontrolle hätte.

  • Sie sollten sich schämen Herr Scholz.
    Etwas Demut wäre angebracht gewesen.
    Stattdessen ,Arroganz und Überheblichkeit ..

  • „Die Regeln sind ganz einfach: Sie belügen uns, wir wissen, dass sie lügen, sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen, aber trotzdem lügen sie weiter, und wir tun weiter so, als würden wir ihnen glauben.“
    Elena Gorokhova, russische Schriftstellerin, *1955
    aus ihrem Buch „Goodbye Leningrad“, 2010/2011, Kap. 13
    nicht von Solschenizyn

  • Das ist der Text bei Handbook Germany – Kopie:
    Was kann ich tun, wenn ich abgeschoben werde?
    Rufen Sie Ihre Anwaltskanzlei an und informieren Sie eine Beratungsstelle oder Initiative. Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie auf unserer Seite Lokale Informationen. Geben Sie die Stadt, in der Sie leben, ein und suchen Sie nach Asyl, Aufenthaltsrecht oder Rechtsberatung. Sie können auch Ihre Nachbar*innen oder Mitarbeiter*innen Ihrer Unterkunft um Hilfe bitten. Damit Ihnen Nachbar*innen oder Mitarbeiter*innen der Unterkunft helfen können, müssen Sie ihnen eine Vollmacht ausstellen, mit der sie eine Anwaltskanzlei für Sie beauftragen oder einen Eilantrag auf vorläufigen Stopp der Abschiebung beim Verwaltungsgericht für Sie stellen können.

    Informieren Sie die Abschiebungsbeobachtung und bitten Sie sie um Hilfe. Abschiebungsbeobachter*innen gibt es an den Flughäfen in Frankfurt, Düsseldorf, Berlin, Hamburg, Halle/Leipzig. Sie vermitteln Anwält*innen und unterstützen Sie …..

Werbung