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Bündnis gegen FPÖ

Regierungschaos in Österreich: Nehammer tritt zurück, Kurz bringt sich ins Spiel

Die Regierungsbildung in Österreich ist erstmal gescheitert: ÖVP-Kanzler Karl Nehammer tritt zurück, und FPÖ-Chef Herbert Kickl wittert seine Chance auf die Macht. Derweil bringt sich Ex-Kanzler Sebastian Kurz für Neuwahlen in Position.

Nach dem Ende von Schwarz-Blau: Sebastian Kurz und Herbert Kickl 2020 im österreichischen Nationalrat

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Die Regierungsbildung in Österreich verlief von Anfang an holprig. Zuerst scheiterte der Versuch einer Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS. Daraufhin versuchten ÖVP und SPÖ, eine Zweierkoalition zu bilden. Doch auch diese Bemühungen scheiterten letztlich an Fragen der Budget-Sanierung. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer zieht aus dem Scheitern der Verhandlungen weitreichende Konsequenzen. Er kündigte an, „geordnet“ von seinen Postionen als Bundeskanzler und ÖVP-Parteichef zurückzutreten.

Nun scheint sich alles um zwei Optionen zu drehen: eine blau-schwarze Koalition unter FPÖ-Chef Herbert Kickl oder Neuwahlen im Frühjahr. In der entstehenden Führungskrise der ÖVP taucht immer wieder ein Name auf: Sebastian Kurz. Der hatte sich in den vergangenen Tagen über befreundete Medien wieder in Stellung gebracht.

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Am Samstag erklärte die ÖVP, die Gespräche mit der SPÖ abzubrechen. Nehammer meint, eine Einigung sei „in wesentlichen Kernpunkten“ nicht möglich. Die Hauptgründe für das Scheitern der Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ lagen in unterschiedlichen Vorstellungen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise und der Sanierung des Staatshaushalts. Die ÖVP warf der SPÖ vor, dass „rückwärtsgewandte Kräfte“ in der Partei überhandgenommen hätten.

Bereits einen Tag zuvor hatten die liberalen NEOS die Dreier-Koalitionsverhandlungen mit ÖVP und SPÖ verlassen. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger begründete den Ausstieg ihrer Partei damit, dass Fortschritte unmöglich gewesen seien und man sich nicht auf „grundlegende Reformen“ habe einigen können“.

FPÖ-Chef Herbert Kickl kritisierte die bisherigen Verhandlungen: „Statt einer raschen Regierungsbildung haben wir jetzt drei verlorene Monate. Statt Stabilität haben wir Chaos“. Aktuelle Umfragen sehen seine Partei bei 35 bis 37 Prozent der Wählerstimmen – ein deutlicher Anstieg gegenüber ihrem Wahlergebnis von 29 Prozent im September. Trotz ihres deutlichen Wahlsiegs im September wurde die FPÖ von den Koalitionsverhandlungen ausgeschlossen. Die Gespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS waren letztendlich auch vor allem ein Versuch, die rechte FPÖ von der Macht fernzuhalten.

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Mit Nehammers Rücktritt öffnet sich nun der Weg für neue Koalitionsoptionen. Nehammer hatte wiederholt betont, dass es mit FPÖ-Parteichef Herbert Kickl „nicht geht“ und bezeichnete dessen Kurs als „Irrweg“. Auch andere ÖVP-Politiker trugen diese Linie zunächst mit. Doch nach Nehammers Rücktritt bröckelt die Mauer gegen die Kickl-FPÖ zusehends.

Laut Berichten von oe24 zeichnet sich im aktuellen Parteivorstand der ÖVP nun eine klare Präferenz für eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ab – allerdings ohne Sebastian Kurz. Die FPÖ soll bereit sein, weitreichende Zugeständnisse bei der Ressortverteilung zu machen, wenn ihr der Kanzlerposten überlassen wird.

Als potenzieller Vizekanzler wird Wolfgang Hattmannsdorfer gehandelt, Generalsekretär der Wirtschaftskammer und erfahren in schwarz-blauer Regierungsarbeit in Oberösterreich. Eine Rückkehr von Sebastian Kurz als Vizekanzler unter Kickl wurde hingegen ausgeschlossen. „Er macht nicht den Vizekanzler unter Kickl“, sagte ein Vertrauter von Kurz gegenüber oe24. Kurz selbst soll am Samstagabend mehreren ÖVP-Granden mitgeteilt haben, dass er Blau-Schwarz befürwortet, da es „das Beste für das Land und alternativlos“ sei. Gleichzeitig kursieren Gerüchte über ein mögliches Comeback bei Neuwahlen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen steht in der Kritik, nachdem er entgegen den Gepflogenheiten nicht dem Wahlsieger FPÖ, sondern der zweitplatzierten ÖVP den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt hatte. Seine ursprüngliche Begründung für die Beauftragung der ÖVP lautete: „Herbert Kickl findet keinen Koalitionspartner, der ihn zum Bundeskanzler macht.“

Laut einer Umfrage halten nur 31 Prozent der Österreicher Van der Bellens Entscheidung für richtig, während 59 Prozent sie als falsch bewerten. Der Bundespräsident muss nun erneut entscheiden, wie es weitergehen soll.

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