Sinan Selen, der von Innenminister Dobrindt zum neuen Verfassungsschutzchef ernannt wurde, äußerte sich vor der Bundestagswahl im Februar zum Thema Desinformationen im Wahlkampf. In einem Twitch-Videogespräch des RBB, das Mitte Januar stattfand, warnte er vor einem „Ökosystem der Desinformation“, das hauptsächlich von Russland ausgehe. Damals war er noch Vizepräsident des Verfassungsschutzes. Außerdem warnte er in dem Gespräch vor Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 

Ein Moderator fragte, was passieren würde, wenn die Ziele von Desinformationskampagnen wie Spaltung der Gesellschaft und zunehmende Unsicherheit erreicht würden. Daraufhin antwortet Selen: „Es macht etwas mit der Demokratie und das finde ich besonders gefährlich. Es macht insoweit etwas mit der Demokratie, weil in demokratische Entscheidungsprozesse – oder die Nachrichtenvermittlung, wie sie stattfindet, beispielsweise im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, in Zweifel gezogen wird“. Wie eine Demokratie funktioniert, werde in Frage gestellt. 

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Der damalige Vizepräsident des Verfassungsschutzes führte aus, dass es nicht um Meinungen oder Kritik gehe, sondern um „ein systematisches Einbringen von Falschinformationen“ mit dem Ziel, das Vertrauen in Medien und staatliche Institutionen zu untergraben. Die Resilienz solchen Kampagnen gegenüber sei unterschiedlich, auch sei nicht jede Desinformationskampagne gleich effektiv. 

„Meinungsvielfalt ist Gift für Desinformation“, so Sinan Selen. Es sei wichtig, sich aus verschiedenen Quellen zu informieren und nicht immer nur die gleichen Telegram-Kanäle zu lesen. Bei sozialen Medien sehe er die Gefahr, dass Menschen nur mit einer bestimmten Meinung aus ihrer eigenen Gruppe konfrontiert werden. „Da sehe ich auch die Plattformen in der Pflicht, hier Vielfalt auch technisch-algorithmenbezogen einzubringen“. Von den Nutzern erwarte er, sich verschiedene Meinungen anzuhören. 

Auf die Frage, was geschehen müsse, wenn Internetplattformen wie X sich nicht an die Vorgaben zur Vielfalt halten, sagte er: „Am Ende des Tages sehen Sie ja gerade an der europäischen Debatte, dass wir an Regulierung in bestimmten Bereichen nicht vorbeikommen werden“. Diese Diskussion könne nicht nur national geführt werden, sondern müsse auch auf europäischer Ebene erfolgen. Er könne nur auf Gefahren hinweisen, dass sich etwas verschiebe, so Selen. Doch wie darauf reagiert werde, müssten Politiker entscheiden. 

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Er sehe auf bestimmten Plattformen wie Telegram eine Verrohung. Selen wies darauf hin, dass es keinen Unterschied mache, ob man eine Drohung im Restaurant oder im Internet äußere. „Dieses Bewusstsein müssen wir noch weiter schärfen“. Desinformationskampagnen griffen häufig drei Themen auf: Westliche Systeme würden nicht funktionieren; Migration sei eine Gefahr; in Deutschland werde es zu einem Abstieg kommen.

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