Mit seinem Zoll-Schlag gefährdet Trump seine „America First“-Strategie
Unter Verweis auf Handelsbarrieren verhängt US-Präsident Trump rund um den Globus weitreichende Zölle. Dass es die regulierungsfreudige EU trifft, war klar, aber mit Zöllen auf wirtschaftsliberale, asiatische Verbündete gefährdet er im Pazifik seinen „America first“-Kurs.

Sie waren lange und gespannt erwartet worden, am Mittwoch kamen sie dann: Trumps „reziproke Zölle“. Mit ihnen schockierte er jetzt die Finanzwelt. Von 10 Prozent bis knapp 50 Prozent ist je nach Land jetzt alles Mögliche dabei.
Trumps Argumentation dabei: Andere Länder erheben bisher zum Teil höhere Zölle auf US-Produkte, als die USA andersherum. Grundsätzlich hat der US-Präsident damit einen Punkt. Die Europäische Union trifft nun etwa ein Zoll von 20 Prozent, basierend darauf, dass sich das Weiße Haus einen Zoll auf US-Waren von knapp 40 Prozent errechnet hat.
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Auf dem Papier kommen EU-Zölle dabei nicht annähernd an letztere Zahl, aber die Amerikaner argumentieren nicht nur mit Zöllen, sondern auch mit „Währungsmanipulation und Handelsbarrieren“. Und egal, was aus Brüssel jetzt kommt: Beim Thema Handelsbarrieren, also solchen Maßnahmen, die keine offiziellen Zölle sind, aber trotzdem US-Firmen in Europa massiv schaden, hat Trump durchaus auch einen weiteren Punkt.
Dass die EU gerade gezielt große amerikanische Tech-Konzerne mit Regulierungen überzieht und von ihnen Milliarden-Strafzahlungen abschröpft, ist wahrlich kein Geheimnis. Auch wenn die EU-Kommission jetzt etwas anderes argumentieren wird: Die faktischen Angriffe gezielt auf die Spitzenunternehmen der IT-Welt, die fast allesamt US-amerikanisch sind, kann man in dieser Diskussion nicht als eine innere Angelegenheit der EU-Staaten abtun. Sie haben durchaus diskriminierende Wirkungen auf die USA.
Ob man so auf 40 Prozent kommt, ist dabei eine andere Frage. Offenbar basieren große Teile der Zoll-Kalkulation auf dem jeweiligen Handelsdefizit mit den entsprechenden Ländern. Auch das wird mitunter von dem unterschiedlichen Umgang bestimmter Branchen getrieben: Europäische Länder, die handfeste, physische Produkte in die USA exportieren, tauchen in so einer Bilanz auf, US-Tech-Services an europäische Kunden gelten als etwas, das in der EU selbst passiert und daher dort besteuert wird.
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Beispiele sind hier etwa Vietnam, das einen 46-Prozent-Zoll erwartet, Taiwan mit 32 Prozent, Südkorea mit 25 Prozent oder Japan mit 24 Prozent – alles US-Verbündete oder zumindest Partner, für die jetzt Handel mit den USA deutlich schwieriger wird. In manchen Ländern mag es durchaus auch Zölle oder Benachteiligungen für US-Produkte geben, aber warum straft man sie alle auf einmal ab, statt eher einen Deal zu suchen? Gerade bei Ländern wie Vietnam, die zwischen beiden Welten, der amerikanischen und chinesischen Einflusszone, schwanken, läuft Trump damit Gefahr, sie ohne Not weiter in Richtung Peking zu treiben.
Auch vor diesem Hintergrund erscheinen manche der Zölle geradezu absurd: Dass das extrem marktwirtschaftliche und wirtschaftsliberale Singapur (was übrigens eigentlich einen Freihandelsvertrag mit den USA hat, ebenso wie z.B. Südkorea) jetzt Zölle von 10 Prozent erwartet – in gleicher Höhe wie etwa das wirtschaftlich deutlich interventionistische und aktuell sozialistisch regierte Brasilien. Was soll hier die Logik sein?
Dass mit Trump auch Zölle kommen, war immer klar – und ist auch nicht die einmalige Zäsur, als die es manche darstellen. Protektionismus hat in den USA gerade vor dem 20. Jahrhundert durchaus Tradition, auch in Lincolns früher republikanischer Partei oder auch den US-Gründervätern um die Föderalisten von Alexander Hamilton. Ein völliger Traditionsbruch ist es nicht.
Aber offenbar ohne tiefere geopolitische Überlegungen, ganz nach dem Motto „Einfach drauf“ quer über den Globus Zölle zu verhängen – das scheint dann doch nicht so ganz zu dem Versprechen der Trump-Regierung zu passen, dass „Amerika zuerst“ nicht „Amerika alleine“ bedeutet. Denn auch eine „America first“-Außenpolitik braucht Verbündete.
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…meine vermutung, es werden nun viele abkommen mit den usa ausgehandelt.
Meine Einschätzung: zuerst werden die meisten Staaten maulen und dann leise einknicken. Außer natürlich die EU die großkotzig irgendwelche irren Dinge beschließt, um es der USA „mal richtig zu zeigen“.
Jeder Geschäftsmann, würde jetzt in die USA reisen und die Zölle verhandeln, das ist nichts Böses. Das checken Ideologen nur nicht. Handel bringt Frieden, Ideologie bringt Krieg.
Die Asiaten, vor allem eben Vietnam oder Südkorea (Hyundai), sind sehr protektionistisch. In den USA sind Hyundais und Kia’s günstige und beliebte Fahrzeuge (und auch gute). Umgekehrt sieht es anders aus. Auch in Japan. Trump hat Recht. Auch meine Schweiz wird mit 31% belegt. Richtig, aber im Gegensatz zum Papiertiger EU hat die Schweiz eine Delegation in die USA geschickt. Wir sind halt besser (unter den Schlechten).
Nein zu dem Artikel, bei den Berechnungen wird von der Trump-Administration auch die Mehrwertsteuer mit eingerechnet! Und das ist legitim.
Ein bereits vollzogener Dexit hätte Deutschland vor Superzöllen auf EU-Produkte geschützt. Der Brexit von Großbritannien mit der Möglichkeit bilateraler Zollabkommen mit den USA erwiest sich als klug.
Rein taktisch kann den aktuell agierenden Politikern doch gar nichts Besseres passieren. Jetzt können sie ihre Misswirtschaft mit dem Argument der Zölle übertünchen und keiner merkt es mehr. Landauf, Landab und in jeder Politsendung darf nun Trump den Belzebub spielen der an unserem Niedergang die alleinige Schuld trägt. Halleluja.
Trump ist ein Öko-Kämpfer, durch seine Zollpolitik sinkt weltweit die Produktion, weniger Ressourcen werden verbraucht, CO2 Ausstoß sinkt in nie gekannt Ausmaß, er sollte als Ehrenvorsitzender der Grünen und Greenpeace ernannt werden.
Da kommen bestimmt neue EU Zölle, ist aber auch egal, weil Frau von der Leyen sowieso alles per Handy erledigt oder so ähnlich. Ich bin verwirrt!
Ich denke, dass Trump die asiatische Einflussphäre in den USA insgesamt satt hat. Kommt hinzu, dass er die die von Amerika profitieren auch noch selbst beschützen muss damit sie profitieren können. Das will er einfach nicht mehr einsehen. Der denkt sich „Geopolitik hin oder her : Schluß mit dem Quatsch !“
Trump ist nur auf den zweiten Blick ein Geostratege, auf den ersten ein Unternehmer. Außerdem will er ja Grönland und am liebsten noch Kanada. Sein geostrategisches Motto lautet : „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah!“.
Ein Weltimperium ist für die Amerikaner ausgeschlossen, aber ein größeres als die Vereinigten Staaten ist durchaus drin. Und wenn sich die Gegner verbünden und groß machen, ist es vielleicht nicht die schlechteste Idee es ihnen gleich zu tun. Zu viele Erbsen-Fronten sind nicht das gelbe vom Ei.