Mit ihrer unerträglichen „Stabilitäts“-Rhetorik rettet die neue Regierung ihre Macht – und entlarvt sich
Eine „stabile Regierung“ wird zum Verfassungsauftrag umgedeutet - Merz und Klingbeil verwechseln ihre eigene Macht mit dem Grundgesetz. Sie offenbaren ein tiefes Missverständnis der Demokratie.

Nachdem Friedrich Merz im Bundestag durchgefallen war, tritt Lars Klingbeil vor die Kameras. Sein erster Satz ist eine Dreistigkeit: „Deutschland befindet sich in einer Lage, dass wir einen Angriff auf die Ukraine mitten in Europa erleben“ – er führt aus, dass genau deshalb Deutschland eine „stabile Regierung“ brauche. Weil CDU und SPD es nicht gebacken kriegen, eine Regierung zu formen, weil die eigenen Abgeordneten den Kanzler durchfallen lassen, will man jetzt große Reden schwingen – und die Öffentlichkeit über die Notwendigkeit der eigenen Regierung belehren. Es vergehen keine zwei Minuten an diesem Tag, ohne dass von „Stabilität“, „starker Mitte“, „stabiler Regierung“ etc. gesprochen wird – und viele Medien erzählen es brav nach. Voller Blindheit wird ein absurdes Missverständnis der Demokratie weitergetragen: dass nämlich das Recht der Herren Merz und Klingbeil gemütlich durchzuregieren gewissermaßen heilige Pflicht und Verfassungsauftrag wäre.
All das ist Dichtung. Das Grundgesetz sieht vor, dass ein Kandidat mit Mehrheit Bundeskanzler wird – nicht mehr und nicht weniger. Es war die freie Entscheidung von Merz und Klingbeil, sich in diese unmögliche Lage zu navigieren, eine Koalition zweier programmatisch fast unvereinbarer Parteien zu bilden, eine Politik durchdrücken zu wollen, weit entfernt vom Wählerwillen. Die Brandmauer ist nicht über uns gekommen, sie wurde aufgebaut. Eine Minderheitsregierung wäre absolut möglich für die Union – es war ihre freie Entscheidung, das nicht wahrnehmen zu wollen.
Was aber will man uns dann von Stabilität erzählen? Warum sollen wir jetzt die „Abweichler“ und „Heckenschützen“ attackieren, wo es doch nur Abgeordnete waren, die ihr freies Mandat entlang ihres Gewissens einsetzten? Nirgendwo steht geschrieben, sie wären verpflichtet, für diese Regierung zu stimmen. Merz und Klingbeil haben den Bogen weit überspannt, zu viel in alle Richtungen versprochen – kein Wunder, dass er zurückschnappt.
Sie verwechseln ihre eigene Macht mit dem Staat an sich. Dabei muss allein der Staat stabil sein – das Grundgesetz trägt aber Sorge dafür, dass der Staat ohne Probleme stabil arbeiten kann, auch wenn eine Regierung zerstritten ist. Die Demokratie spiegelt in erster Linie die Meinung des Volkes in die Politik – und diese Meinung ist nun mal zerstritten. Diese Koalition hat kein Mandat für einen großen Sprung. Wenn man eine solche Not- und Dehnkoalition bauen will, muss man einen Schritt zurücktreten, leiser werden – man hat kein Mandat für strammes Durchregieren.
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Und auch für die zunehmend endzeitartige Rhetorik, mit der der „Regierungsauftrag“ umnebelt wird, gibt es keinen Anlass. Nach Jahrzehnten der relativen Stille kommen wieder größere Krisen auf uns zu – die Demokratie wurde aber eben gerade für die Krise geschaffen, nicht für die regenbogenfarbene Ruhe. Auch das ist so ein Missverständnis: gerade die Krise sollte unseren kritischen Geist, unseren Dissens, unseren Streit wecken und ankurbeln. Gerade für die schwierigen, existenziellen Entscheidungen brauchen wir Checks and Balances, Diskurs, Widerstände und ein offenes, freies System, denn nur ein solches vermag der Wahrheit näherzukommen – gerade Corona zeigte uns das erneut leidvoll.
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Als Deutscher, der trotz alledem an dieses Gemeinwesen und an diesen Verfassungsstaat glaubt, wünsche ich unserem Bundeskanzler Friedrich Merz alles Gute und eine glückliche Hand – das gilt allerdings dem Amt, nicht der Person und seinem Programm. Auch Friedrich Merz täte gut daran, das nicht zu verwechseln. Denn bei all den vermeintlichen und echten Krisen, die uns aller Tage überkommen, bleibt Regieren kein Selbstzweck.
Die Stabilität dieser Regierung haben wir gestern gesehen. Eine Regierung die von Linken und Grünen geschützt werden muss.
Schöne Worte, leider fehlt mir der Glaube daran, dass diese unsere Kaste aus Berufspolitikern und selbstverliebten Akteuren erreichen.
Wir wählen so lange bis es passt….. es hat sich nichts geändert!
Wir haben hier noch nie eine Krise gehabt, die nicht von den Eliten initiiert wurde.
Sehr richtiger und intelligenter Artikel, danke @Max Mannhart.
Lieber Max Mannhart, vielen Dank für den tollen Beitrag und herzliche Grüße! Roland Papenfuß
Warum eigentlich eine 2.Wahl,wenn doch in der ersten schon entschieden wurde ? Entweder man wird als Kanzler gewählt mit der Mehrheit der Stimmen oder eben nicht. Ein 2. Wahlgang ist daher eher orchestriert als ehrlich.
Ich habe grosse Hochachtung vor Abgeordneten, die sich ihrem eigenen Gewissen verpflichtet sehen, falls das ganze nicht eingefädelt wutde. Ich hoffe, dass Herr Merz seinen Schwur verstanden hat, der Kanzler ALLER Bürger zu sein. Ich fürchte nur, dass er auch das einfach runter gerattelt hat.
Es geht um Stabilität für die Globalisten und die Geldtöpfe. Und das Ego, dass Deutschland sich Mal wieder aufspielen kann, diesmal als Leader of the free world gegen Trump, Putin usw.
„…bleibt Regieren kein Selbstzweck.“
Ganz im Gegenteil.
„Unsere Antidemokratie“ sieht das anders und zwar nachweislich ihrer Taten.
Denn Regieren ist für diese der einzige „Selbstzweck“ zur Macht- und damit
Pfründenerhaltung. Alles andere ist Nebensache.
Ich habe für den ganzen Zauber (i. S. v. Gehampel) nur ein Wort: erbärmlich!
Bitte nicht den negativ konnotierten Begriff Abweichler für Abgeordnete benutzen, die ihr freies Mandat ausgeübt haben.
Wenn ich eins gelernt habe in den letzten Jahren, dann dies: Je mehr man Koalitionen hoch lobt, umso mehr gärt es im Inneren.
Früher gab es an den Fürstenhöfen Hofschranzen. In „unserer Demokratie“ ist das ja gottseidank ausgeschlossen. Trotzdem muss ich, wenn ich dieses Bild sehe, immer daran denken. Kann mir jemand helfen um diesen Gedanken abzustellen?
Schon klar, dass sich die politischen Gegner keine Stabilität ihrer Konkurrenz wünschen.
Dieses “ Demokratie “ Modell gehört auf den Prüfstand 7.
Früher war Alles besser! …
Auch das Schlechte und wenig Gute!
Glaube es wird wechselnde Mehrheiten geben. Wie fast immer bei der Politik Trift das Gegenteil zu von dem was sie sagen. Es wird keine stabile Regierung geben, die machen so weiter wie aufgehört.
Richtig, hier gerät bereits seit einiger Zeit Einiges durcheinander. Regierende, die von sich selbst als „Herrschende“ sprechen zum Beispiel, und die selbstgefällig von sich zu denken scheinen, man müsse das dumme Volk mit Brandmauern vor sich selber schützen, und sich selbst dabei immer weiter von der Demokratie entfernen.
Moin, ein Teil des Landes hatte sich einst von einer sog. Scheindemokratie friedlich befreit.
Und das Ergebnis dessen sieht man heute.
Wie damals spielte der Wähler oder Bürger im Machtgeplänkel keine Rolle.Er wird mit Phrasen zugeschüttet und das Schlimme ,es gibt Leute die Glauben das auch noch.
Fazit “ Träumer und Schläfer zahlen doppelte Preise. “
So schaut’s aus……….💡💡
Menschen entwickeln sich in Phasen. Nach der Pubertät folgt die Konformität.
Quelle: Ich-Entwicklung
Die Fähigkeit zum Interessenausgleich – Grundlage einer Demokratie – entwickelt sich erst beim Ketzer einer Gesellschaft.
Zitat: „Erst ab dem vierten Stadium sind Menschen in der Lage, andere Interessen und Lebenswelten zu erkennen und sie gedanklich im Sinne eines Interessenausgleichs zu bearbeiten“
Quelle: Moralentwicklung
Deshalb ist das Verkünden einer Demokratie nicht automatisch eine Demokratie.
Die Epoche Aufklärung kann die Fähigkeit zum Interessenausgleich nicht entwickeln, denn der Verstand führt nicht zur Vernunft – Myside Bias.
Baron Münchhausen und Antifa- Reservist regieren zukünftig das Land. Die Wirkung zeigte sich schon am 1. Mai. Keine Maikrawalle, keine brennenden Straßen, keine schwerverletzten Polizisten, keine brennenden Mülltonnen, Autos und Häuser in den Großstädten der Republik. Ein roter Traum wurde wahr. Die Antifa regiert jetzt mit, mit der Union als Steigbügelhalter. Von Adenauer bis Kohl undenkbar. Merkel und Merz machten es möglich.
Alle Jahre wieder immer die gleichen Lügen, Stabilität, Wohlstand, Industrie und im Hintergrund werden genau diese Sachen zerstört! Wer kauft euch das noch ab, armes Deutschland!!!
Der erste Wahlgang hat nur eins gezeigt, dass es auch innerhalb dieser Koalition Leute gibt, sie genauso viel vom März halten wie die Opposition
Wetten, das diese Regierung noch früher scheitert wie Scholz mit seiner Ampel.