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Verfassungswidrig?

Milliarden-Haushaltsloch bricht wieder auf – Experten warnen vor nächster Ampel-Klatsche in Karlsruhe

Mit Darlehens-Tricksereien wollte die Ampel ihren Haushalt retten. Jetzt warnen Lindners Experten vor der Verfassungswidrigkeit der Pläne. Das Finanzloch dürfte neu aufbrechen - und die Ampel dürfte mit dem Haushalt von vorne anfangen.

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Laut drei führenden Regierungsmitgliedern wird die Ampel-Koalition das Loch im Haushalt 2025 in Höhe von 17 Milliarden Euro nicht wie geplant schließen können. Das berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf ranghohe Regierungsvertreter. „Die Vorschläge werden so nicht klappen“, sagte einer. Keinesfalls werde man das Haushaltsloch um neun Milliarden Euro schrumpfen können wie geplant. Bestenfalls seien drei Milliarden realistisch.

Damit steht die Ampel vor einem Scherbenhaufen: Ihre hart erkämpfte Haushaltseinigung dürfte Makulatur sein. Die nach monatelangen Streitereien und Verhandlungen erzielte Haushaltseinigung fußt auf zwei Aspekten: Zunächst erwarteten Minderausgaben. Schon in der Vergangenheit gab der Bund insgesamt weniger Geld aus, als der Haushalt bereitstellte. Damit rechnet Finanzminister Lindner auch für das kommende Jahr.

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Zweitens – und hier wird es brisant: Die Ampel hatte sich darauf verständigt, die Haushaltslücken auch mit Darlehen für die Deutsche Bahn und die Autobahn GmbH sowie mithilfe liegen gebliebener Milliarden aus Zeiten der Energiekrise zu schließen. Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges hatte die Bundesregierung 2022 die Schuldenbremse ausgesetzt, um mithilfe zusätzlicher Kredite die sogenannte Gaspreisbremse zu finanzieren und die Energiepreise zu senken. Das lief über die staatliche Förderbank KfW, die am Ende einen Überschuss von 4,9 Milliarden Euro behielt.

Hütchenspiel mit Darlehen? Finanzministerium warnt

Auch auf Mittel der Autobahn GmbH, der staatlichen Autobahn-Betreibergesellschaft, überlegt der Bund zuzugreifen: mit einem Trick. So soll die Gesellschaft nicht mit Haushaltsmitteln, sondern mit staatlichen Darlehen finanziert werden. Diese würden dann rechnerisch als „finanzielle Transaktion“ gewertet und dürften nicht unter die Bestimmungen der Schuldenbremse fallen. Der Bund könnte so mehr Schulden aufnehmen.

Damit das klappt, muss die Autobahn GmbH diese Darlehen aber verzinst zurückzahlen – was sich schwierig gestaltet, da sie keine eigenen Einnahmen hat. Lindner erwägt laut Handelsblatt deshalb, Teile der Erlöse aus der Lkw-Maut an die Autobahn GmbH abzutreten. Geld, was dann aber dem Bundeshaushalt fehlen würde.

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Einen solchen Schritt hat es noch nicht gegeben – und die hauseigenen Experten im Bundesfinanzministerium sehen ihn auch sehr kritisch. Lindners Wissenschaftlicher Beirat geht nicht davon aus, „dass die Darlehensvergabe im gegenwärtigen institutionellen Rahmen als finanzielle Transaktion gewertet werden kann, weil die Autobahn GmbH über keine eigenständigen Ertragsquellen verfügt“. Heißt auf Deutsch: Der Trick würde nicht funktionieren.

Ähnliche Pläne waren auch für die Deutsche Bahn angedacht – doch auch hier warnen Experten vor Rechts- und Verfassungsbruch. Reicht der Bund in zu großen Umfang zinsvergünstigte Kredite an die Bahn weiter, könnte das gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen und eventuell auch gegen die Verfassung, warnt der Wissenschaftliche Beirat. 

Lindner geht auf Distanz

Von diesen waghalsigen Plänen will Finanzminister Christian Lindner nichts wissen. Gegenüber dem Handelsblatt erklärte er vor rund einer Woche im Interview, dass diese Maßnahmen lediglich Optionen seien. Es handle sich um Vorschläge, für die „das Kanzleramt öffentlich die Urheberschaft“ reklamiere. „Ich will nun von Sachverständigen wissen, ob diese Ansätze mit der Verfassung vereinbar und wirtschaftlich sinnvoll sind.“ Die Sachverständigen scheinen gesprochen und diesen Plänen eine Absage erteilt zu haben.

Das wäre der haushälterische Supergau : Was dann anstehen würde, wäre ein neues Aufrollen des gesamten Haushalts – die Ampel müsste dann erneut ausverhandeln, wie der offene Betrag eingespart werden kann. Der Haushaltsstreit zwischen SPD und Grünen und der FDP, der die Koalition bereits an ihre Belastungsgrenzen strapaziert hat, würde erneut ausbrechen – und vielleicht über ebenjene Belastungsgrenzen hinausgehen.





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