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Weniger Kliniken

Lauterbachs Krankenhausreform vom Bundesrat angenommen: Was das für die Länder bedeutet

Die von den Ländern kritisierte Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat den Bundesrat passiert. Sie sieht neue Finanzierungs- und Leistungsmodelle vor – die nicht nur ein Kliniksterben auslösen, sondern auch den Beitragszahler mehr belasten könnten.

Karl Lauterbach zeigte sich entrüstet über die Länder-Kritik an seinen Reformplänen – jetzt folgte der Bundesrat dem Gesundheitsminister.

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Die Krankenhausreform hat den Bundestag passiert. Am Freitag stimmten die Länder über das Prestigeprojekt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach ab – obwohl es im Vorfeld Uneinigkeit und Kritik an den Plänen des Bundes gab, konnte der Gesetzesentwurf angenommen werden. Jetzt muss sich der Gesundheitsausschuss des Bundesrates mit der Reform beschäftigen, anschließend kann das Gesetz auf den Weg gebracht werden.

Der Bundestag hatte dem Entwurf bereits im Oktober zugestimmt, mit dem Ziel, die Reform bereits ab dem 1. Januar 2025 wirksam zu machen. Aus den Ländern gab es dafür Kritik: Die Finanzierungspläne seien noch nicht ausgereift, auf dem Land wird ein desaströses Kliniksterben befürchtet. Diese Zweifel verhallten jedoch am Freitagmorgen, ab Januar könnte die Reform schrittweise eingeführt werden.

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Zunächst war es jedoch zum Eklat gekommen: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke wollte den Vermittlungsausschuss anrufen und so die Umsetzung der Reformpläne seines Parteigenossen aufschieben. Woidkes SPD hat dem BSW bei Koalitionsverhandlungen in Brandenburg zugesagt, alle Kliniken erhalten und finanziell unterstützen zu wollen.

Dagegen sprach sich Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher aus. Die Grüne-Politikerin wollte im Bundesrat gegen die Anrufung des Gremiums argumentieren, weil das Gesetz dadurch erneut im Bundestag eingebracht worden wäre – wo nach dem Ampel-Aus keine Mehrheiten mehr erkennbar sind.

In dieser Zeit könnten wichtige Finanzierungsmaßnahmen für Brandenburgs Krankenhäuser fehlen und zahlreiche Häuser Insolvenz anmelden müssen, meinte die Ministerin. Dafür wurde sie vor der Sitzung von Woidke entlassen und erhielt in der Länderkammer lediglich die Entlassungsurkunde. Eine Mehrheit fand das Vorhaben des SPD-Politikers trotzdem nicht, der Vermittlungsausschuss wurde nicht einberufen.

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Vor der Zustimmung für das Gesetz durch die Länder hatte Lauterbach noch vor den Folgen für die Kliniken gewarnt, sollte die Reform nicht angenommen werden. Acht Milliarden Euro könnten den Einrichtungen bundesweit fehlen, so der SPD-Politiker. Die Krankenhausreform sieht jetzt zwar eine Reduzierung der Kliniken vor, Lauterbach argumentierte jedoch, schon heute würde man nicht in jeder Klinik alle notwendigen Behandlungsangebote erhalten.

Der Anfahrtsweg für geeignete Eingriffe sei deshalb sowieso bereits sehr lang, so der Minister. Stattdessen sollen Kliniken jetzt spezialisiert werden, sodass klar ist, welche Häuser welche Angebote auf hohem medizinischem Niveau anbieten. Die Sorge der Länder: Vor allem in ländlichen Regionen könnte die Versorgung dadurch drastisch sinken.

Daher implementiere Lauterbach eine Ausnahmeregelung für bedarfsnotwendige Kliniken. Diese könnten im Notfall auch von den Leistungsansprüchen und der Spezialisierung freigestellt werden. Dennoch sorgten die Finanzierungspläne für offene Fragen bei den Ländern: 50 Milliarden sollen zehn Jahre lang bereitgestellt werden – die Hälfte von den Ländern, die andere von den gesetzlichen Krankenkassen, die wiederum fürchten, dass dadurch die Beitragszahler eine Mehrbelastung zu spüren bekommen könnten. Beide Parteien sind mit dieser Entscheidung daher nicht glücklich.

In einer Civey-Umfrage hatten kürzlich 46,1 Prozent der Befragten angegeben, Sorge vor Krankenhausschließungen zu haben. 54,6 Prozent waren sogar der Meinung, eine Klinik sollte in maximal 15 Minuten mit dem Auto erreichbar sein – Lauterbachs Reformpläne gehen aber eher in die andere Richtung. Hier sind 40 Minuten vorgesehen.

Eine von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) aufgegebene Studie prognostiziert außerdem ein Finanzierungsrisiko für kleinere Kliniken. Zwar soll die Bezahlung nicht mehr nur von der Zahl der behandelten Patienten abhängen, weil sich die Finanzierung aber einerseits an der Leistungsspezialisierung orientiert und die zudem auf einer Mindestvorhaltezahlen basieren soll, könnten Einrichtungen, die den Anforderungen nicht gerecht werden, schließen müssen.

Die Mindestvorhaltezahl besagt, dass eine gewisse Patientenzahl notwendig ist, um eine Einrichtung effektiv zu betreiben. Zwar plant der Bund auch eine Vorhaltevergütung, um kleinere Krankenhäuser unabhängig von deren Leistungserbringung zu finanzieren – diese Vergütung würde aber die tatsächlichen Kosten nicht abdecken, wird in der Studie kritisiert, die von dem Datenspezialisten Vebeto durchgeführt wurde.

Aber solche Kliniken, meinte Lauterbach in der Vergangenheit, müssten in Zukunft sowieso schließen. Hunderte Einrichtungen könnten dem Fachkräftemangel zum Opfer fallen, worunter auch die Qualität der Behandlung leidet, argumentierte der Minister immer wieder. Die Reform soll diesen langsamen Verfall also aufhalten und sofortige Besserung an weniger, dafür leistungsfähigen Kliniken bezwecken.

Derzeit schreiben bereits 30 Prozent der mehr als 1.700 Krankenhäuser rote Zahlen. Bis 2030 könnten daher ein Viertel der Kliniken Insolvenz anmelden müssen, warnte die DGK bereits 2023. Lauterbachs Reformansatz wird dennoch skeptisch betrachtet: Vor allem der Alleingang des Bundesministers ohne Rücksprachen mit den Landesministern sorgte im Bundesrat immer wieder für gegenseitiges Unverständnis.

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