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Atom-Brief

Vielsagendes Telefon-Protokoll: Französische Amtskollegin ließ Habeck kalt auflaufen

Im Sommer 2022 bat Habeck seine französische Amtskollegin um Informationen zur Verfügbarkeit französischer Atomkraftwerke. Ein Protokoll aus dem Gespräch der zwei offenbart, wie distanziert man in Frankreich gegenüber Deutschland war.

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Berichte des Cicero bringen den Bundeswirtschaftsminister zunehmend in Bedrängnis

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Im Sommer 2022, mitten in der Energiekrise, wandte sich Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, in einem informellen Schreiben an seine französische Amtskollegin. Er bat um Informationen zur Verfügbarkeit französischer Atomkraftwerke im bevorstehenden Winter. Der kumpelhafte Ton seines Briefes kontrastierte stark mit der distanzierten Antwort der französischen Seite. Der Cicero veröffentlichte diesen Brief nun erstmals und legt damit Widersprüche und Doppelmoral in der deutschen Energiepolitik offen.

Habeck schrieb an seine französische Amtskollegin Agnes Pannier-Runacher mit „Liebe Agnes“ und unterschrieb mit „Dein Robert“. Doch die Antwort aus Paris fiel deutlich kühler aus: Die Ministerin adressierte ihn mit „Monsieur le Vice-Chancelier“ (Herr Vizekanzler) und wählte konsequent die formelle Ansprache „vous“ (französisch „Sie“). Inhaltlich konnte oder wollte die französische Seite dem deutschen Minister keine klare Zusicherung geben, dass ihre Kernkraftwerke rechtzeitig zum Winter wieder ans Netz gehen würden.

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Am 29. August 2022 telefonierte Robert Habeck mit seiner französischen Amtskollegin Agnes Pannier-Runacher, um über die angespannte Energieversorgung im Winter zu sprechen. Das Gespräch, protokolliert im Bundeswirtschaftsministerium und veröffentlicht vom Cicero, enthüllte zentrale Schwächen und Widersprüche in der deutschen Energiepolitik – und eine diplomatisch distanzierte Reaktion aus Paris.

Frankreichs Energieministerin eröffnete das Gespräch mit kritischen Fragen: Warum habe die grenzüberschreitende Stromverbindung zwischen Frankreich und Deutschland im April nicht funktioniert? Und vor allem: „Macht DEU [Deutschland] alles, was es kann für Versorgungssicherheit? Was ist mit IC-Capacity [Interconnection-Kapazität]? Was ist mit Nuclear?“ Diese Fragen brachten Habeck in Bedrängnis.

Der Bundesminister „hat hiervon noch nichts gehört“, heißt es im Protokoll. Er müsse „mit [dem] TSO (Transmission System Operator, Übertragungsnetzbetreiber) sprechen“, doch dies sei jedenfalls „kein politisches Problem.“ Auf die Nachfrage zu den deutschen Kernkraftwerken entgegnete er, dass Kohlekraftwerke die Hauptlast trügen. Man prüfe „auch Nuklear, aber ist weniger, als das, was wir mit Kohle angeworfen haben; nur 3 GW, 2 of them has burned out fuels [zwei davon haben abgebrannte Brennstäbe]; Kohle anwerfen 10/15x mal höherer Effekt“, erklärte Habeck seiner Kollegin.

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Die französische Ministerin erklärte daraufhin, dass genug „Kraftstoff“ für französische Reaktoren vorhanden sein muss, sollten diese länger betrieben würden werden. Zudem erläuterte sie, dass Wartungsarbeiten bis Dezember rund 40 Gigawatt (GW) und ab Januar 50 GW Kapazität freisetzen könnten. Trotzdem war ihre Kritik an der deutsch-französischen Zusammenarbeit deutlich: „Hauptkritik: IC-Capacity“, vermerkte das Bundeswirtschaftsministerium im Protokoll. Die Interconnection-Kapazitäten, die den grenzüberschreitenden Stromfluss ermöglichen, waren für die französische Seite ein zentrales Problem. Im Protokoll heißt es weiter: Frankreich „ist der Ansicht, dass man mehr Transparenz für den Markt braucht, damit Preise sinken können.“

Bemerkenswert ist, dass Sicherheitsbedenken gegen deutsche Kernkraftwerke, die in den Gesprächsvorbereitungen für Habeck noch als Argument aufgeführt wurden, im Protokoll des Telefonats keine Rolle spielten. Stattdessen gab Habeck offen zu, dass rechtliche Hürden und die Furcht vor Klagen von Atomkraftgegnern die eigentlichen Hindernisse seien: „Leute werden sicher gegen erforderliche Rechtsänderungen vorgehen.“

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