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Japans nächster Premierminister – und die Abkehr von Shinzō Abe

Japan bekommt bald einen neuen Premierminister. Die Wahl Shigeru Ishibas stellt dabei eine Abweichung vom Kurs des langjährigen Premierministers Shinzō Abes dar.

Ein zufriedener Shigeru Ishiba auf einer Pressekonferenz nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden der LDP

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Japan bekommt bald einen neuen Premierminister. Shigeru Ishiba löst den unpopulären Fumio Kishida ab. Gewählt wurde Ishiba trotz sieben Konkurrenten in einer Stichwahl. Am Freitag wählten die Amtsträger der regierenden Liberal-Demokratischen Partei (LDP) ihn zu ihrem Vorsitzenden. Es ist kein Richtungswechsel in der japanischen Politik, eher eine leichte Kurskorrektur.

Seitdem Kishida im August seinen Rücktritt angekündigt hatte, galt Shigeru Ishiba als Favorit für seine Nachfolge. Er hatte bereits vor dem Rückzug des Premierministers Interesse am Amt bekundet. Bereits viermal hatte er versucht, das höchste Amt des Landes zu erreichen, war bisher jedoch immer gescheitert. Im September fanden dann die Vorsitzendenwahlen seiner Partei, der LDP, statt. Viele Umfragen sahen Ishiba schon vor dem amtierenden Kishida. Die LDP ist dabei die dominante Partei der japanischen Nachkriegszeit. Wer die Wahl zum Vorsitzenden der Partei gewinnt, wird zumeist auch Premierminister.

Ishiba kündigte bald nach dem Rückzug Kishidas offiziell seine Kandidatur an. Lange Zeit war es jedoch nicht mehr so klar, ob er sich durchsetzen würde. Doch in der zweiten Runde konnte sich Ishiba nun gegen die Ministerin und frühere Vertraute des langjährigen Premierministers Shinzō Abe, Sanae Takaichi, durchsetzen. Bereits am 1. Oktober wird er sein Amt antreten und Fumio Kishida als Premierminister ablösen.

Es wird freilich keine radikale Veränderung in der japanischen Regierung geben. Allerdings signalisiert Ishibas Wahl eine Distanzierung der LDP von ihrem langjährigen Anführer Shinzō Abe. Dieser hat Nachkriegsjapan so lange wie kein Premierminister vor oder nach ihm geführt. Er verfolgte dabei einen sehr konservativen und außenpolitisch sehr China-kritischen Kurs und wurde als der „japanische Trump“ bekannt. Auch seine zwei Nachfolger verfolgten eine ähnliche Politik und waren eng mit Abe verbunden. Doch Abe wurde im Juli 2022 ermordet, nicht aus politischen Gründen, sondern aufgrund Abes Unterstützung für die sogenannte Vereinigungskirche. In den Wochen und Monaten nach dem Attentat sank sowohl die Popularität Abes als auch die der LDP-geführten Regierung deutlich.

Mit Ishiba wird nun ein langjähriger parteiinterner Kritiker Abes Premierminister. Gleichzeitig war er bereits mehrmals Teil der Regierung, unter anderem als Verteidigungsminister. Dabei wurde er als außenpolitischer Hardliner bekannt, eine Sache, die er mit Abe gemeinsam hatte. Er setzte sich für einen härteren Umgang mit China und Nordkorea ein. In gesellschaftspolitischen Fragen ist Ishiba allerdings deutlich linker als seine Amtsvorgänger. Beispielsweise spricht er sich für die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe aus.

Ein Jahr vor den wichtigen Parlamentswahlen steht Ishiba nun vor einer schwierigen Aufgabe. Seine Partei ist seit 1957 mit nur zwei Unterbrechungen an der Macht. Jetzt ist die Partei in historische Tiefen abgestürzt, und Umfragen prognostizieren ein katastrophales Ergebnis für die LDP. Nur dank der gleichzeitigen Unbeliebtheit der bestehenden Oppositionsparteien kann die Partei sich noch Hoffnungen auf einen Wahlsieg machen.

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