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Am Samstag will sich die neue AfD-Jugend in Gießen konstituieren. Ein breites Bündnis linker Organisationen sieht sich in einem Akt Selbstjustiz dazu legitimiert, die Neugründung zu „verhindern“ und das AfD-Verbot „selbst in die Hand zu nehmen". Über Ziele, Strategie und Ideologie der Bewegung.

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Am Wochenende wird sich die Aufmerksamkeit der politisch-medialen Öffentlichkeit zu großen Teilen auf die hessische Universitätsstadt Gießen richten: Denn dort will die AfD am Samstag und Sonntag ihre neue Jugendorganisation „Generation Deutschland“ gründen, nachdem sich die Vorgängerorganisation „Junge Alternative“ (JA) erst im Frühjahr dieses Jahres aufgelöst hatte, weil sich die AfD von ihr per Parteitagsbeschluss getrennt hat. Für das Gründungstreffen in der Hessenhalle werden nun rund 1.200 Teilnehmer erwartet.

Doch die politische Brisanz der Veranstaltung erwächst nicht aus dieser für sich genommen überschaubaren Anzahl an Delegierten, sondern aus den Dimensionen des erwarteten Anti-AfD-Protestes. Insgesamt werden mehr als 50.000 Demonstranten aus dem gesamten Bundesgebiet in Gießen erwartet – inklusive einer mindestens dreistelligen Zahl gewaltbereiter Linksextremisten. Offiziell sind 23 Veranstaltungen verschiedenster Gruppen und Organisationen angemeldet – darunter auch Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der Jusos, der Grünen Jugend und der Linkspartei, die in Person von Heidi Reichinnek auch vom Rednerpult des Bundestags zur Unterstützung der Proteste in Gießen aufgerufen hat.

Organisatorischer Kopf und zentraler Akteur ist allerdings keine Partei, sondern das linke Bündnis „widersetzen“, das seit Monaten für die Proteste in Gießen mobilisiert und zu zivilem Ungehorsam aufruft, um die Anreise zum Gründungstreffen der AfD-Jugend mit Straßenblockaden zu erschweren oder gleich ganz zu verhindern. Die Polizei wird am Samstag deswegen mit 6.000 Einsatzkräften aus fast allen Bundesländern sowie Drohnen, Hubschraubern, Reiterstaffeln und Wasserwerfern vor Ort sein. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) sprach am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz von einer „herausfordernden Großlage“.

Einsatzleiter Jürgen Fehler erwartet mit Blick auf die Größenordnung der verschiedenen Protestaktionen nicht weniger als die „größte Mobilisierung“ von Veranstaltungsgegnern für Blockademaßnahmen in der Geschichte der Bundesrepublik. „Widersetzen“ hat nach eigenen Angaben etwa mehr als 200 Busse organisiert, die in der Nacht von Freitag auf Samstag zehntausende Aktivisten nach Gießen bringen sollen. Innenminister Poseck hat vor diesem Hintergrund betont, dass die Gegendemonstrationen nicht darauf abzielen dürften, das AfD-Treffen zu verhindern und dass Blockaden von der Polizei konsequent aufgelöst würden. „Der Zweck heiligt nicht die Mittel“, so Poseck. Das Recht, seine Meinung zu äußern, dürfe nicht dazu führen, anderen dieses Recht zu entziehen. „Es ist nicht die Aufgabe der Bürgerinnen und Bürger, ein Parteienverbot durch Widerstandsleistungen durchzusetzen.“

Das totalitäre Selbstverständnis von „widersetzen“

Nichts weniger als das ist allerdings das (auch öffentlich) erklärte Ziel von „widersetzen“. Auf der eigenen Webseite erklärt das Bündnis unverblümt, man wolle „das AfD-Verbot selbst in die Hand nehmen!“. Die Gründung des neuen AfD-Jugendverbands gelte es zu „verhindern“, weil dieser aufgrund seiner politischen Ausrichtung schlicht „nicht stattfinden“ dürfe. Doch damit nicht genug: In einem „Aktionsbild“ für die Proteste in Gießen heißt es unmissverständlich: „Wir werden uns zu Tausenden vor den Zugängen und Zufahrten der Hessenhalle versammeln und nicht freiwillig Platz machen.“

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Auch wenn die Organisation großen Wert darauf legt, zu betonen, dass von ihr „keine Eskalation“ ausgehen werde, muss man sich Folgendes klarmachen: Es geht bei den propagierten Formen des „zivilen Ungehorsams“ nicht um legitimen Protest im Rahmen der Versammlungsfreiheit. Es geht von vornherein um illegale Aktionen gegen eine Versammlung, die niemandem gefallen muss, die aber nicht verboten ist und insofern ihre Daseinsberechtigung hat.

Ebenjene Daseinsberechtigung spricht „widersetzen“ der AfD-Veranstaltung aber per se ab. In einem Interview mit der Hessenschau erklärte eine Sprecherin des Aktionsbündnisses, dass es zwar ein Recht darauf gebe, Versammlungen durchzuführen, „dass dieses Recht bei Meinungen wie Faschismus“ aber „einfach aufhört“. Ganz abgesehen davon, dass diese Auffassung im eklatanten Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht, maßt sich das „antifaschistische“ Bündnis hier auch einen absoluten Wahrheitsanspruch darüber an, was als „Faschismus“ zu verstehen ist und was nicht.

Die Absicht dahinter ist klar: Die Faschismus-Keule dient der Behauptung eines Notstandes, der die eigenen Rechtsbrüche nicht nur als ausnahmsweise gerechtfertigt, sondern als geradezu tugendhaft erscheinen lassen soll – eine Handlungslogik aus dem Handbuch des Totalitarismus.

Werbeplakate für die Proteste in Gießen sind in Universitätsstädten omnipräsent

Doch wer oder was ist überhaupt „widersetzen“? Dem eigenen Selbstverständnis nach ist „widersetzen“ ein „breites antifaschistisches Aktionsbündnis für Alle“. In dem überparteilichen Zusammenschluss, der inzwischen in allen größeren deutschen Städten mit Ortsgruppen aktiv ist, engagieren sich demnach „Antifaschist*innen, queere und antirassistische Gruppen, Großeltern, Gewerkschafter*innen, Klimaaktivist*innen, Nachbar*innen, Jugendliche – und viele mehr.“ Einziger Zweck und Gründungsanlass der Organisation ist der Kampf gegen Rechts – oder in ihren eigenen Worten: der „Widerstand gegen die AfD, gegen Faschismus und rechte Politik – durch massenhaften, zivilen Ungehorsam“.

Dabei geht es dem Bündnis im wahrsten Sinne des Wortes darum, jedwede rechte Bestrebung im Keim zu ersticken und ihr den Raum zu nehmen. Gleichzeitig wäre es aber naiv und viel zu kurz gegriffen, in „widersetzen“ deshalb ein rein defensives Bündnis zur Abwehr eines vermeintlichen „Rechtsrucks“ zu sehen. „Widersetzen“ inszeniert sich zwar als letzte Bastion der Demokratie vor einem heraufziehenden Faschismus, greift dabei aber selbst auf undemokratische Methoden zurück und strebt ihrerseits die Überwindung der bürgerlichen Gesellschaft zugunsten einer wie auch immer gearteten „antifaschistischen“ und „solidarischen“ Ordnung an.

Verfolgt man die internen Debatten des Milieus, kann eigentlich kein Zweifel daran bestehen, dass die Entscheidung, sich auf den Kampf gegen die AfD zu konzentrieren, in nicht unwesentlichem Maße auch taktischer Natur ist. Denn Hauptgegner der radikalen Linken ist und bleibt weiterhin der globale Kapitalismus und der bürgerliche Staat. Der behauptete „Faschismus“ der AfD gilt „widersetzen“ und Co in erster Linie nicht als Gegenentwurf zur liberalen Demokratie – die man ja selber ablehnt -, sondern als notwendiges Entwicklungsstadium kapitalistischer Gesellschaften. Kurz gesagt: Der kapitalistische, bürgerliche Staat ist in dieser Logik die Krankheit, die AfD dessen Symptom. Der jetzt geführte Kampf gegen die AfD hat vor diesem Hintergrund auch einen stark instrumentellen Charakter und soll durch sein großes Mobilisierungspotenzial gewissermaßen als Sammelbecken und Sprungbrett für den im Anschluss zu führenden Hauptkampf dienen.

Paradigmatisch nachvollziehen lässt sich diese doppelte Strategie etwa in einem auch von „widersetzen“ verbreiteten Beitrag der Szene-Zeitung analyse & Kritik, in dem kürzlich die Frage aufgeworfen wurde, „ob die AfD der Hauptgegner der Antifa sein sollte – oder der bürgerliche Staat. Denn in diesem ist der Faschismus angelegt.“ In dem Artikel heißt es außerdem: „Wir dürfen nicht in die Falle tappen, in der AfD den einzigen politischen Gegner zu sehen. Dennoch gibt es einen Unterschied zwischen Faschisierung und Faschismus. Die AfD hat einen faschistischen Kern, der über ökonomische Interessen hinausgeht. Die Gefahr des Faschismus, die von der AfD ausgeht und die Faschisierungstendenzen, die aus der »Mitte« kommen, sind nicht dasselbe. Beiden gilt unser Widerstand – aber mit unterschiedlichen Strategien.“

Erstmals öffentlich in Erscheinung getreten ist das Aktionsbündnis „widersetzen“ im Juni 2024, als man beim Bundesparteitag der AfD in Essen zum ersten Mal die eigenen Straßentaktiken erprobte und sich knapp 7.000 Menschen an den nicht genehmigten Aktionen beteiligten. Das Ergebnis damals: Der AfD-Parteitag fand wie geplant statt, startete aufgrund der Blockaden aber eine knappe halbe Stunde später als angedacht. Nur ein halbes Jahr später ging es allerdings schon weiter: Aufgrund des vorzeitigen Endes der Ampel-Koalition und der anstehenden Bundestagswahl im Februar versammelte sich die AfD im Januar im sächsischen Riesa zum Parteitag.

Trotz kürzerer Vorlauf- und Planungszeit gelang es „widersetzen“ dieses Mal, „durch zahlreiche, kreative Aktionen des zivilen Ungehorsams von ca. 12.000 Widersetzer*innen“ den Beginn des AfD-Parteitags über zwei Stunden zu verzögern. Teil der „kreativen“ Aktionen waren damals unter anderem auch zum Teil gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei oder Attacken gegen Alice Weidels Auto, deren Personenschützer und gegen Hans-Christoph Berndt, den Spitzenkandidaten der AfD bei der letztjährigen Landtagswahl in Brandenburg 2025 (Apollo News berichtete, mehr dazu auch hier).

Teufelskreis der Radikalisierung

Wenn man mit Teilnehmern vergangener Anti-AfD-Proteste spricht oder liest, wie „widersetzen“ seine bisher unternommenen Versuche bewertet, AfD-Parteitage zu verhindern, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus: Stets ist die Rede von „Erfolgen“, an die es künftig anzuknüpfen gelte. Doch welche Erfolge eigentlich? Misst man die Proteste an ihren selbst gesteckten und lautstark proklamierten Zielen, so muss man konstatieren, dass sie allesamt kläglich gescheitert sind. Sowohl der AfD-Parteitag in Essen als auch der in Riesa konnten letztlich stattfinden. Alles, was der wochenlange Mobilisierungs-, Organisations- und Durchführungsaufwand hunderter und tausender Aktivisten bewirkt hat, sind Startverzögerungen im Umfang von 30 Minuten respektive zwei Stunden – wenn das keine Fehlschläge waren, was war es dann?

Auch ein Blick auf die Entwicklung der Dynamik des deutschen Parteienwettbewerbs in den letzten anderthalb Jahren liefert keinerlei Anhaltspunkte für messbare „Erfolge“ des mit immer größerem Aufwand geführten Kampfes gegen Rechts. Ganz im Gegenteil: Der Aufstieg der AfD hat sich seither ebenso beschleunigt fortgesetzt wie die gesellschaftliche Akzeptanz der Partei gewachsen ist: Ein Drittel der Wähler zieht inzwischen ernsthaft in Betracht, die AfD zu wählen oder tut das bereits. Nur noch 49 Prozent der Deutschen schließen kategorisch aus, ihr Wahlkreuz bei der AfD zu setzen.

Und erst vor etwas mehr als einer Woche hat der Verband der Familienunternehmer die „Brandmauer“ zur AfD in der Wirtschaft für gescheitert erklärt und sich für die Aufnahme von Gesprächen ausgesprochen (Apollo News berichtete). Wie man es dreht und wendet: Die starrsinnig verfolgte Strategie, die AfD durch Proteste und zivilen Ungehorsam zunächst ganz real und schließlich auch im übertragenen Sinne gesellschaftlich und politisch zu isolieren, ist erkennbar vollkommen in sich zusammengestürzt.

Doch statt den eigenen Ansatz einer kritischen Prüfung zu unterziehen und über wirkungsvollere Wege in der Auseinandersetzung mit der AfD nachzudenken, beschreiten die Kämpfer gegen Rechts unbeirrt den einmal eingeschlagenen Weg. Dass dieser dazu führen wird, die AfD zu schwächen, darf ernsthaft bezweifelt werden. Denn welchen Eindruck machen die Selbstjustiz-Aktionen von „widersetzen“ wohl auf den Durchschnittswähler? Meint man in der dortigen Führungsetage ernsthaft, dass auch nur ein einziger Wähler seine politischen Ansichten überdenkt oder seine Parteipräferenz deswegen ändert, weil er in den Nachrichten oder seinem X-Feed Linksradikale sieht, die AfD-Delegierte blockieren und sich Straßenscharmützel mit der Polizei liefern?

Das genaue Gegenteil dürfte der Fall sein: Während eine Mehrheit der Wähler wohl Verständnis oder gar Sympathie für reguläre Demonstrationen gegen die Neugründung der AfD-Jugend aufbringen würde, dürften illegale Methoden, die erklärtermaßen auf die Verhinderung der ganzen Veranstaltung abzielen, eher zur Solidarisierung mit der AfD führen – und das auch bei Menschen, die eigentlich nichts mit der Programmatik der „Generation Deutschland“ zu tun haben wollen.

Wohlwollenden Applaus und Sympathie können die „Widersetzerinnen“ höchstens von der eigenen Filterblase und damit ausschließlich von Menschen erwarten, die nicht im Entferntesten auf die Idee kämen, jemals die AfD zu wählen. Letztlich erreichen die Straßenblockaden und anderen Aktionsformen des zivilen Ungehorsams also geradewegs das Gegenteil des avisierten Ziels und befördern eher noch die gesellschaftliche Normalisierung der AfD. Problematisch ist das auch deshalb, weil auf diese Weise eine gefährliche Spirale wechselseitiger Polarisierung und Radikalisierung in Gang gesetzt wird: Durch eine wachsende AfD sehen sich die Aktivisten in ihren düsteren Faschismus-Prognosen bestätigt und fühlen sich zu immer radikaleren Aktionen legitimiert.

Norbert Bolz brachte diesen Zusammenhang unlängst prägnant auf den Punkt, als er auf X schrieb: „Die Idealisierung des zivilen Ungehorsams läuft auf eine Rechtfertigung der Selbstjustiz hinaus“. Die Aktivisten verstärken also ihren Widerstand, überschreiten dabei demokratische und rechtsstaatliche Grenzen und erweisen ihrem Anliegen damit in Wahrheit einen Bärendienst – die AfD profitiert davon, sich glaubhaft in die Opferrolle begeben zu können und der Teufelskreis dreht sich immer weiter.

Kampf gegen den Faschismus als Mischung aus Klassenfahrt und Lifestyle-Event

Womöglich aber gehen alle diese allzu rationalistischen Einwände gegen die geübte Praxis von „widersetzen“ völlig in die Leere, sobald man sich für den Gedanken öffnet, dass es bei Protestaktionen zwar kollektiv auch um eine Veränderung des politischen Status quo geht, individuell mindestens so sehr aber auch um moralische Selbstvergewisserung und das Gefühl, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Womit wir es hier zu tun haben, ist der klassische Unterschied zwischen Verantwortungs- und Gesinnungsethik.

In der Tat kann man die Dimensionen und Formen des Protests erst verstehen, wenn man die mentale und psychologische Verfasstheit seiner Teilnehmer in den Blick und zur Kenntnis nimmt, dass es denen vielfach um virtue signaling, also die Zurschaustellung der eigenen Tugendhaftigkeit, bestellt ist. Nicht unterschätzt werden sollte dabei auch der Umstand, dass „antifaschistische“ und „progressive“ Überzeugungen bei einem nicht unerheblichen Teil der universitären linken Szene inzwischen eine solche überragende Bedeutung für die eigene Persönlichkeit angenommen haben, dass sie geradezu den innersten, sinnstiftenden Kern der eigenen Identität darstellen.

Das führt nicht nur zu der allerorten mit Händen zu greifenden emotionalen Verletzlichkeit und sprachlichen Hypersensibilität der linken Szene, sondern auch zu dem paradoxen Phänomen, dass im Grunde alle Protestbündnisse dem Gießen-Wochenende gewissermaßen ungeduldig entgegenfiebern. Etwas zynisch zugespitzt könnte man behaupten, sie alle sehnen die Neugründung der AfD-Jugend und das Voranschreiten des vermeintlichen Faschismus regelrecht herbei, um sich in Kontrast dazu endlich mal wieder als (etwas verspäteter) Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus in Szene zu setzen. Ebenso wie die DDR ohne den „antifaschistischen Schutzwall“ nicht überlebensfähig war, wären es die „antifaschistischen“ Persönlichkeiten von heute ohne die AfD in gewissem Sinne auch nicht.

Mit der beschriebenen, stark identitätsstiftenden Funktion „progressiver“ Glaubenssätze korrespondiert auch ein zweites bemerkenswertes Phänomen innerhalb der linken Protestszene: Die Infantilisierung der Sprache nach innen bei gleichzeitiger Enthemmung der Sprache nach außen. Die interne Gesprächskultur und Kommunikation ist nicht nur von einem Höchstmaß politischer Korrektheit und Sensibilität geprägt, sondern auch von zahlreichen Verniedlichungen durchsetzt: Studenten heißen nur noch „Studis“ und Aktivisten sind „Aktivistis“. Hinzukommen selbstverständlich „Awareness-Strukturen“, an die man sich wenden kann, wenn einem trotz allem einmal unwohl sein sollte.

Passend dazu ist das Aktionsbild von „widersetzen“ von beinahe rührenden Formulierungen durchzogen: Da heißt es dann etwa, wir „passen aufeinander auf“ oder „wenn wir viele sind, zusammenhalten und achtsam miteinander umgehen, werden wir gewinnen“ – wüsste man es nicht besser, könnte man das für den Wahlspruch der Wilden Kerle halten. Diesen äußerst sensiblen internen Sprach- und Umgangsformen steht dann eine Feindrhetorik gegenüber, die in ihrer Grobschlächtigkeit durch nichts mehr zu überbieten ist und klar macht, dass es sich bei der AfD nicht um einen gleichberechtigten Gegner, sondern einen politischen Feind handelt, den es zu bekämpfen und zu zerstören gilt. Zentrale Kennzeichen der Rhetorik sind dabei Feindmarkierung und Entmenschlichung durch die permanente Verwendung von Begriffen wie „Faschist“, „Faschistenschwein“, „Fascho“ oder „Nazi“.

Unübersehbar bei den bisherigen Protestaktionen von „widersetzen“ in Riesa und Essen und bei der Mobilisierung für Gießen ist auch eine spezifische Mischung aus Abenteuer- und Klassenfahrt-Atmosphäre. Nicht nur, dass man sich in Bezugsgruppen zusammenschließt, per Charterbus nach Gießen gebracht wird. Die Versammlungen und Aktionen selbst haben auch etwas von Teambuilding-Maßnahmen, während die Katz-und-Maus-Spielchen mit der Polizei mitunter an Szenen auf einem Abenteuerspielplatz erinnern können. Interessant ist vor diesem Hintergrund auch, wie stark Teilnehmer retrospektiv auf gewisse Emotionen oder den Aspekt der „Selbstwirksamkeit“ abstellen und damit darauf hinweisen, dass die Aktionen auch einen kollektiv-therapeutischen Zweck erfüllen.

Abgesehen davon ist aber eines völlig klar: Der Kampf gegen die AfD wird auch deshalb so vehement geführt, weil er innerhalb der zersplitterten politischen Linken in Deutschland der kleinste gemeinsame Nenner ist und durch das gemeinsame Feindbild so etwas wie ein übergreifendes Integrationsprojekt darstellt. Dass die Strategie aufgeht, die gemeinsamen Kräfte gegen die AfD zu bündeln, scheint der absehbar überwältigende Mobilisationserfolg gegen die Neugründung der AfD-Jugend durchaus zu bestätigen. Dass es tatsächlich gelingen könnte, die Gründung der „Generation Deutschland“ in Gießen zu verhindern, bleibt gleichwohl ebenso unwahrscheinlich wie die erhoffte Zerschlagung der AfD.

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15 Kommentare

  • Vorzügliche Analyse! 🎯

    • Dem widerspreche ich. Die unterschwellige Abneigung gegen die AFD ist deutlich herauszulesen. Gründe, warum das so sein muß, werden, wie immer, nicht genannt.

  • Die Linke inszeniert einen „gerechten Volkszorn“. Der vormals letzte Volkszorn wurde duch Goebbels inszeniert. Das war die Reichsprogromnacht. Die Linken und die Antifa stehen ganz in der Tradition des Faschismus und der Nationalsozialisten.

    • Es sind eben wieder Linke!

  • Der Faschismus hat doch längst Einzug gehalten würden manche sagen.

    Denn das Bündeln von:

    Macht
    Geld
    Wirtschaft
    Medien

    unter der Kontrolle von wenigen oder gar einzelnen Personen nennt sich seit ca. 100 Jahren in Italien eben Fascio.

    Und wer stark am „Bündeln“ ist, 2 Orte stechen heraus Brüssel und Berlin.

  • Die Demokratiegegner wähnen sich wieder als „weiße Rose“.
    Vielen Menschen geht in ihrer heiligen Überhöhung, „wir müssen jetzt endlich mal die Guten sein“, jegliche Reflexion ihres eigenes Handeln verloren.
    Und viele scheinen auch einfach keinen anderen Lebensinhalt, als unreflektiertes „Faschismus-Geschrei“ zu haben.

  • Anmerkungen 1:

    „Es geht von vornherein um illegale Aktionen gegen eine Versammlung, die niemandem gefallen muss, die aber nicht verboten ist und insofern ihre Daseinsberechtigung hat.“

    – „die niemand gefallen muß“ – hätte der Autor diese Worte auch bei der Gründung beispielsweise der „Jungen Liberalen“ gewählt?

    „Während eine Mehrheit der Wähler wohl Verständnis oder gar Sympathie für reguläre Demonstrationen gegen die Neugründung der AfD-Jugend aufbringen würde“

    – was soll hier vermittelt werden? – warum sollte die Mehrheit der Wähler (abseits der Propaganda von allen Seiten) Verständnis für reguläre Demonstrationen gegen die Jugendorganisation einer Partei, die sich für Volksabstimmungen, niedrigere Steuern und Marktwirtschaft einsetzt, haben?

  • Eine aufgehetzte Jugend in dieser Form ist das Produkt feindlicher Kampagne. Die Gesellschaft muss sich endlich den normalen Herausforderungen des Lebens stellen. Dazu gehört: Geldbeutel zumachen. Wenn die Kinder für Geld arbeiten müssen und sehen wie schwer es zu verdienen ist, werden die ganz schnell vernünftig.

  • Anmerkungen 2:

    „und befördern eher noch die gesellschaftliche Normalisierung der AfD. Problematisch ist das auch deshalb, weil auf diese Weise eine gefährliche Spirale wechselseitiger Polarisierung und Radikalisierung“

    – warum wechselseitig? – inwieweit radikalisiert sich die AFD?

    „Ebenso wie die DDR ohne den „antifaschistischen Schutzwall“ nicht überlebensfähig war, wären es die „antifaschistischen“ Persönlichkeiten von heute ohne die AfD in gewissem Sinne auch nicht.“

    – Das stimmt nicht. Die linke Bewegung hat sich seit dem Fall der Mauer in allen westlichen Ländern unglaublich radikalisiert. Überall werden die Parteien, die es sich noch wagen, liberale und konservative, – bürgerliche -, Standpunkte zu vertreten, als Faschisten bezeichnet. Hat das der Autor nicht bemerkt? Hier geht es um eine globale Bewegung, die gegen die Marktwirtschaft und gegen die Demokratie gerichtet ist. Wäre die AFD nicht da, gäbe es einen anderen schwarzen Peter – die Union oder die FDP, falls diese sich nicht gänzlich unterworfen hätten. Die AFD hat doch nur diejenigen Leute aus beiden Parteien zusammengeführt, die beim Gang in den Sozialismus nicht mitmachen wollen. Die wären auch ohne AFD heute noch da.

  • “ Faschisten wollen den Faschismus stoppen..“ Meine Definition vom “ besten Deutschland aller Zeiten “ …in ihrer “ unserer Demokratie „…Ich nenne es Irrenanstalt …und frage mich …wie kann eine Nation nur mental und ethisch derart degenerieren?

  • Schade dass ich keine Veranstaltungshalle besitze, sonst hätte ich kurzfristig umdisponiert und die wilden, linken Horden in Gießen auflaufen lassen.
    Vielleicht sollte man solche Treffen in Zukunft virtuell und maskiert gestalten. Diese „Antifaschisten“ nehmen bedrohlich, faschistoide Züge an.

  • Interessant wird es, wenn morgen 50 000 Ungewaschene plötzlich 50 000 Rechten gegenüberstehen 😂😂

    • Alle die angeblich hinter der AfD stehen..
      morgen habt ihr die Gelegenheit sie zu unterstützen 😉

  • Man könnte gleich ein Grossteil dieser linken Maulhelden wegen des nicht Einhaltens des Vermumungsgebot aus dem Verkehr ziehen.
    Verkappte Pychos die mit sich selber nichts anfangen können.
    Endlich werden sie mal war genommen.
    Die politische Einstellung ist nur vorgeschoben und einstudiert.
    Sobald man versucht mit ihnen ins Gespräch zu kommen bemerkt man schnell das sie dumm wie Brot sind und nur benutzt werden und auf Krawall dressiert sind.

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