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Rat der EU

EU-Abstimmung über Chatkontrolle scheitert: keine Mehrheit für anlasslose Überwachung

Die anlasslose Chatkontrolle ist zunächst gescheitert. Die geplante Überwachung des Nachrichtenverkehrs von 450 Millionen EU-Bürger fand keine Mehrheit im Rat der EU, der als erste Etappe auf dem Weg zur Verabschiedung eines Beschlusses gilt.

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Eine für Donnerstag geplante Abstimmung über die anlasslose Überwachung von sämtlichen Chatnachrichten europäischer Bürger im Rat der Europäischen Union ist abgesagt worden. Die belgische Ratspräsidentschaft konnte keinen Erfolg für eine Mehrheit im Rat für Justiz und Inneres (JHA) erkennen und sah daher erneut von einer Abstimmung über den Beschluss ab. Auch Deutschland, in Person der zuständigen Minister Nancy Faeser und Marco Buschmann, stellte sich gegen die geplante Chatkontrolle – und verhinderte damit zum weiten Mal eine Einigung für die anlasslose Datenerhebung.

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Die Ratspräsidentschaft wollte bereits zuvor einen Kommissionsentwurf durchwinken – konnte aber auch in der Vergangenheit keine Mehrheiten finden. Weil die Amtszeit der belgischen Führung Ende Juni ausläuft, unternahm der Rat einen letzten Versuch – letztlich ohne Erfolg. Ab dem 1. Juli wird Ungarn die Leitung des Rats übernehmen. Wie es mit der Chatkontrolle weitergeht, ist unklar. Neben dem Rat muss auch das Parlament der Europäischen Union dem Vorhaben zustimmen. Der Rat gilt als erste von zwei Etappen auf dem Weg zur Verabschiedung des Beschlusses.

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Der Vorschlag war bereits im Sommer 2022 von der EU-Kommission, genauer von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, eingebracht worden. Darin forderte die EU die anlasslose Überwachung sämtlicher Nachrichten. Kommunikationsdienstleister und soziale Plattformen sollten verpflichtet werden, Nachrichten, aber auch Bild-, Video- und Audiodateien nach Kindesmissbrauch zu durchsuchen (Apollo News berichtete).

Der von der Kommission vorgegebene Grund: damit sollte sexualisierte Gewalt an Kindern bekämpft werden. Nachdem der Vorschlag bereits einmal gescheitert war, hatte die Kommission einen neuen Entwurf erstellt und der Rat der Europäischen Union eine Art Kompromiss ins Leben gerufen: Anbieter sollten freiwillig Software-gestützte Überwachungsmöglichkeiten einführen.

Dafür sollten nicht alle durchsuchten Inhalte anlasslos an die EU geliefert werden. Vielmehr sollen Nachrichten automatisch mit einer Datenbank abgeglichen werden und nur bei Übereinstimmung mit bereits bekannten Missbrauchsfällen gemeldet werden. Neue Meldungen sollten nur proaktiv von den Nutzern der Dienste ausgehen.

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Sollten sich die Kommunikationsdienstleister nicht freiwillig zur anlasslosen Chatkontrolle bekennen, so würde die EU legislative Schritte einleiten. Und dafür hatte der Rat der Europäischen Union die erneute Abstimmung für Donnerstag angesetzt. Weil diese zunächst gescheitert ist, ändert sich für die Nutzer von Messengerdiensten und sozialen Netzwerken erst einmal nichts. Wobei anzumerken bleibt, dass einige Anbieter wie Facebook und Google bereits freiwillig Daten an die EU weitergeben.

Kritiker sehen in der anlasslosen Chatkontrollen einen Verstoß gegen die Privatsphäre, weil die EU somit sämtliche Nachrichteninhalte von rund 450 Millionen Bürgern sammeln und auswerten könnte – obwohl das vorgegebene Ziel ein ganz anderes sein soll. Die EU-Kommission plante dafür ein „EU-Zentrum“ ein, das als zentrale Behörde für die Datensammlung, und -verarbeitung zuständig sein soll.

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