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„Solidarität“

„Ein alter Hut“: Auch Scholz will jetzt Mehrbelastungen bei der Krankenversicherung

Auf das Geld privater Anleger hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) es bislang nicht weiter abgesehen, dafür will er Privatversicherte stärker zur Kasse bitten. Darin sieht er einen Weg zu mehr Solidarität bei der Gesundheitsversorgung.

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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte in der ARD an, auch private Anlagen wie Sparzinsen und Aktien-Anlagen sozialversicherungspflichtig zu machen, um das Loch der Krankenkassen zu stopfen – zusätzlich zu der bereits bestehenden Kapitalertragssteuer von 25 Prozent und einem Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent, die auf bereits versteuerte Einnahmen erhoben werden. Robert Habeck muss sich seitdem dem Vorwurf stellen, Sparern das Geld aus der Tasche nehmen zu wollen.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich ablehnend gegenüber den Vorschlägen seines Wirtschaftsministers. „Das ist ein alter Hut, der hat noch nie funktioniert. Und der Vorschlag wird nicht besser dadurch, dass er aus irgendeiner Mottenkiste herausgeholt wird“, sagte Scholz im „Bericht aus Berlin“.

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Gleichzeitig machte er einen Vorstoß in Richtung zusätzlicher Belastung der Privatversicherten. Scholz forderte, Wege zu finden, wie „nicht nur diejenigen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung sind, diejenigen Unterstützung gewährleisten, die ein geringes Einkommen haben, aber trotzdem die ganze gute Krankenversorgung haben müssen, sondern auch alle anderen.“ Soll heißen, um die Defizite der Krankenkassen zu stopfen, sollen die privaten Krankenversicherten draufzahlen.

Der Vorwurf, der von ihm transportiert wird, ist, Menschen in der privaten Krankenversicherung leisten einen geringeren Beitrag zum Gesundheitssystem.

Auch der Vorschlag von Olaf Scholz ist „ein alter Hut“

Der Vorschlag, die Privatversicherten stärker zu belasten, ist hingegen ebenfalls „ein alter Hut“. Seit zwei Jahrzehnten wird in mehreren Wahlperioden der Vorschlag einer „Bürgerversicherung“ unterbreitet. Bereits 2004 wollte Andrea Nahles (SPD), damals Mitglied in der Kommission für Gesundheit und Soziale Sicherung, ein einheitliches Sicherungssystem einführen, indem Selbstständige, Beamte und auch Arbeitnehmer oberhalb der Versicherungspflichtgrenze einbezogen werden. Dem damaligen Vorschlag der Sozialdemokraten sollten neben dem Einkommen ebenfalls Einkünfte aus Kapitalerträgen mit einbezogen werden, wie es Robert Habeck vor wenigen Tagen gefordert hat. Entwickelt wurde dieser Vorschlag auch vom heutigen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der damals noch als Gesundheitsökonom als Berater für die Sozialdemokraten tätig war.

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Auch die eigene Klientel wäre von dieser Reform betroffen gewesen. Bereits damals warnte unter anderem der DGB-Chef Michael Sommer davor, „die Bürgerversicherung zu einem identitätsstiftenden Großprojekt zu überhöhen“. Der Vorschlag scheiterte in den Sondierungsgesprächen der ersten „großen Koalition“ unter Altkanzlerin Merkel 2005.

Nachdem die Bildung einer Jamaika-Koalition 2017 geplatzt war, brachte die SPD die Bürgerversicherung erneut in die Koalitionsverhandlungen mit der Union ins Spiel. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wies die Forderung wiederum zurück: „Die Bürgerversicherung bringt nichts“. Sie würde bei einem Teil der Bevölkerung zu einer Verschlechterung führen, ohne für den anderen Teil eine Verbesserung zu bringen und würde die Gesundheitskosten explodieren lassen, weil eine Einheitsversicherung noch nie gut war im Vergleich zum Wettbewerb.

2019 brachte die Linke erneut einen Antrag in den Bundestag ein, der das Ende des dualen Gesundheitssystems und die Einführung einer Bürgerversicherung forderte. SPD und Grüne unterstützten die Forderung. Union, FDP und AfD sprachen sich gegen die Bürgerversicherung aus. Erich Irlstorfer behauptete, sie würde „zu deutlichen Qualitätsverlusten in der Patientenversorgung führen“.

Schließlich war die Bürgerversicherung auch in den Sondierungsgesprächen der Ampel-Koalition 2021 ein Thema. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach im Kandidaten-Triell von einem „Herzensthema“. Maria Klein-Schmeink von den Grünen forderte ein Stufenmodell, in dem Privatversicherte Altersrückstellungen in die gesetzliche Krankenversicherung mitnehmen können, wenn sie ein privates Krankenversicherungsunternehmen verlassen. Auch hier waren Sozialabgaben auf Miet- und Kapitalerträge inbegriffen.

Gesundheitsexperte der FDP, Andrew Ullmann, wies die Forderung seiner Koalitionspartner abermals zurück: „Eine Einheitsversicherung wäre für uns eine rote Linie.“ Die eigentlichen Probleme lägen nicht im Versicherungssystem, sondern in anderen Ursachen, wie einer überbordenden Bürokratie, fehlender Digitalisierung und Ineffektivität. Höhere Qualität müsse weiterhin „durch das Vergütungssystem belohnt werden“. Erneut kam keine Bürgerversicherung zustande.

Die privaten Krankenkassen stabilisieren das deutsche Gesundheitssystem

Tatsächlich wäre das Niveau der Gesundheitsversorgung in Deutschland ohne die privaten Krankenversicherungen gefährdet. Im Jahr 2022 sind etwa 41,2 Milliarden Euro durch private Krankenversicherungen in das deutsche Gesundheitssystem geflossen. Laut dem Wissenschaftlichen Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) würden 12,33 Milliarden Euro weniger im Gesundheitssystem landen, wären die 8,7 Millionen Privatversicherten in Deutschland gesetzlich versichert.

Wie das WifOR-Institut berechnete, entsteht durch jeden Euro Gesundheitsausgaben der privaten Krankenversicherungen eine Wertschöpfung von 1,10 Euro in der Gesamtwirtschaft.

Diese Wertschöpfung entsteht, weil es bei der Behandlung von Privatpatienten weniger Beschränkungen und höhere Honorare für die Ärzte gibt als bei Kassenpatienten. Privatpatienten bezahlen oftmals einen höheren Beitrag für ähnliche medizinische Leistungen. In anderen Fällen zahlen Privatpatienten höhere Beiträge, um zusätzliche Leistungen zu bekommen.

Mit diesen Mehrzahlungen durch die privaten Krankenversicherten können Arztpraxen und Krankenhäuser in moderne Geräte und zusätzliches Fachpersonal investieren, was auch den gesetzlich Versicherten zugutekommt. 660.000 Arbeitsplätze im Gesundheitssektor werden durch die privaten Krankenkassen zusätzlich geschaffen.

Im ambulanten Bereich stellen die Privatpatienten 10,5 Prozent der Versicherten, tragen aber zu mehr als 20 Prozent der Einnahmen der niedergelassenen Ärzte bei. 6,71 Milliarden Euro gingen verloren, würden die Privatpatienten nach den Auflagen der Kassenpatienten berechnet werden müssen. Vor allem die Gesundheitsversorgung auf dem Land und in strukturschwachen Regionen ist auf diese Zahlungen angewiesen. Privatpatienten sind dort tendenziell älter und nehmen somit mehr Leistungen in Anspruch, wodurch die Beitragszahlungen steigen. Ohne die höheren Beiträge der Privatversicherten könnten zahlreiche Praxen ihre Leistungen nicht finanzieren und müssten schließen.

Zudem würde die Abschaffung der privaten Krankenversicherung die Finanzierung der Gesundheitsversorgung zulasten der jüngeren Beitragszahler verschieben. In den privaten Krankenversicherungen können Patienten durch den Aufbau von Alterungsrückstellungen für die höheren Gesundheitskosten im Alter vorsorgen. Sie zahlen, wenn sie jung sind, mehr, als sie in Anspruch nehmen, damit die Beiträge im Alter weniger stark ansteigen. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung werden die Kosten durch das Umlageverfahren gedeckt. Heißt, die aktuellen Kosten müssen durch die laufenden Einnahmen gedeckt werden. In einer älter werdenden Gesellschaft müssten so immer weniger Menschen die Kosten von immer mehr Menschen abdecken.

Zudem führt ein gesunder Wettbewerb zwischen gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen zu einem stärkeren Gesundheitssystem, wie PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther im „Handelsblatt“ argumentiert.

Beiträge steigen auch wegen des Bürgergelds weiter an

Sowohl die Beiträge der gesetzlichen als auch die der privaten Krankenversicherung sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Der Zusatzbeitrag der gesetzlichen Krankenkassen wird voraussichtlich auf 2,5 Prozent steigen. Der Durchschnittsbeitrag der privaten Krankenversicherungen soll voraussichtlich um 18 Prozent auf 623 Euro pro Monat ansteigen.

Neben Faktoren wie einer alternden Gesellschaft und dem medizinischen Fortschritt sorgte in den vergangenen Jahren auch das Bürgergeld für einen starken Anstieg der Beiträge in den gesetzlichen Krankenversicherungen. Knapp 5,6 Millionen Bürgergeldempfänger aus dem letzten Jahr können Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung beziehen, zahlen jedoch nicht in die Krankenkassen ein. Der Bund müsste für jeden Bürgergeldempfänger den Kassenbeitrag eines Mindestlohnempfängers von 325 Euro erstatten, zahlte jedoch nach Angaben der Betriebskassen jeweils nur ein Drittel. Das bedeutet, für jeden Bürgergeldempfänger machten die Krankenkassen monatlich einen Verlust von 231 Euro. Das führt bei den Kassen zu einem Defizit von 9,2 Milliarden Euro. Rund 48 Prozent der Bürgergeldempfänger haben keinen deutschen Pass.

Ausbleibende Antworten auf bestehende Krisen in der Gesundheitsversorgung und fehlgeleitete Handlungen der Regierung wie etwa beim Bürgergeld sorgen dafür, dass die Beiträge in die Höhe schießen. Dieses Versagen ausgleichen sollen jetzt einzelne gesellschaftliche Gruppen wie Selbstständige, Beamte oder Menschen, die sich selbstständig um ihre Altersvorsorge kümmern wollen. Als Vorwand dienen Neiddebatten um das Einkommen der angeblichen „Superreichen“. Ohne ein konkretes Konzept benennen zu können, behaupten die Grünen, dass Kleinanleger von der Beitragspflicht nicht betroffen sein werden. Diejenigen, die Einkommen durch ihre Anlagen beziehen und so zum Wachstum der Wirtschaft beitragen, diffamieren sie als „Kapitalhaie“. Das ist ein bewusstes Irreführen des Wählers und linker Populismus auf ganzer Linie.

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