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Doch, dieses Foto ist eine Schande für die Würde des Bundestages

Es ist ein Foto von Tessa Ganserer auf einer Leder-Fetisch-Messe aufgetaucht. Halb nackt in Leder und mit Hand im Fetisch-Höschen. Würde sie das privat machen: wunderbar. Aber sie macht es demonstrativ öffentlich, es ist ihre politische Aufmerksamkeitsstrategie.

Screenshot: Meydenberg photography

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Wenn Sie erfahren würden, dass ein Bundestagsabgeordneter (generisches Maskulinum) auf einer Lederfetisch-Messe war und sich dort halbnackt in einem entsprechenden Lederhöschen mit der Hand in eben dieser Hose fotografieren ließ – was würden Sie dann sagen? Ich frage, weil ich ratlos bin. Ich bin noch nicht zufrieden mit meiner Überschrift, sie kommt mir so allgemeingültig vor, wurde bestimmt schon hundertmal geschrieben und so wirklich mit der entsprechenden Empörung stehe ich nicht dahinter. 

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Ich weiß, dass ich so empört sein sollte, dass „Schande“ ein angemessenes Wort in diesem Zusammenhang ist, aber irgendwie bin ich leer. Denn es ist absolut nichts Neues, Tessa Ganserer halbnackt mit der Hand im Schritt zu sehen. Hand im Schritt ist für Tessa Ganserer so ein beliebtes Motiv, dass sie es sich sogar tätowieren ließ. 

Apropos Tattoos von Tessa Ganserer. Die haben bei ihrem Lederfetisch-Werk auch eine besondere Rolle gespielt. „Ich habe ein Tattoo: My body, my rules. Und ich will diese Botschaft übermitteln. Ich habe entschieden, was ich von meinem Körper zeigen will. Und was ich in meiner Hose habe, geht nur mich etwas an. Dieses Foto zu machen, war ein Akt von self-empowerment.“ so kommentierte Ganserer das Foto, wie sich auf der Website der Fotografin nachlesen lässt. 

Der Beitrag von Tessa Ganserer reiht sich auf dieser Seite ein mit anderen Fetisch-Fotos. Direkt davor kommt ein Werk, das sich „Playing in my backyard“ nennt. Zu sehen ist eine übergewichtige Frau, die nackt auf der Kinderwippe sitzt. Ein Foto, das laut Beschreibung in einem Hinterhof aufgenommen wurde, während nebenan die Nachbarskinder gespielt haben. Wenn man unter den Ganserer-Beitrag scrollt, kommt: „Sie mögen vielleicht auch“, darunter mit diesem Foto verwandte andere Fotos der Fotografin. Hinter „Sextoys“ verbirgt sich eine Fotoreihe, die „Flying Dildos“ heißt.

Es gehört zur journalistischen Recherche dazu, dass man, wenn man eine Spur hat, alles daran abklopft. Ist eine solche Spur eine Internetseite, heißt das, man muss alle Links, alle Reiter durchklicken, um nichts zu übersehen. Normalerweise findet man bei politischen Recherchen Transparenzberichte, verfängliche Blogbeiträge, alte Veranstaltungen mit interessanter Gästeliste oder was weiß ich. Bei Tessa Ganserer findet man Menschen, die sich fotografieren lassen, wie sie nackt auf Kinderspielzeug thronen oder sich mit Dildos bewerfen lassen. 

Und es ist nichts Neues. Ich weiß, welche Unterwäsche Tessa Ganserer trägt. Das weiß ich, weil sie ihr „My body, my rules“ Tattoo frisch gestochen letztes Jahr natürlich auf Instagram präsentierte. Quer über den Bauch geschrieben, dazu offener Hosenstall und ein schwarzes Höschen aus durchbrochenem Stoff. Vielen Dank für das Bild. Oder wollen wir doch ihr Fotoshooting splitterfasernackt nicht vergessen, wo sie sich in einer Sauna mit nichts als einem Handtuch abbilden ließ. 

Regelmäßig zum Welt-Aids-Tag kann man zur Abwechslung auch mal nicht ihren Schritt, sondern ihren Hintern bewundern. Den hält sie gerne in Kombination mit einem Kondom in die Kamera. Zum Welt-Aids-Tag 2020 stand darauf einfach „Für’n Arsch“, zum Welt-Aids-Tag 2021 klebte sie sich einen Sticker auf den Hintern mit der Aufschrift „Safer Sex Regel No. 1: Kein Sex mit Nazis!“. 

Das ist alles nicht neu. Es läuft schon seit Jahren so. Und das ist ja nur die Internet-Präsenz von Ganserer: Es ist nicht das, was sie privat macht – sondern was sie in aller Öffentlichkeit demonstrieren will. Dazu kommt ja noch, was sie offiziell im Bundestag abzieht. Ich weiß nicht, was ich geschmacksverirrter finden soll, ihre Perücke oder die Tatsache, dass sie die jetzt abnimmt, um uns ihre tätowierte Glatze vorzuführen. 

Es ist eine Provokation. Und eine absolute Ego-Show. Tessa Ganserer entscheidet ganz schön oft, wie viel sie von ihrem Körper präsentieren will. Es geht niemanden etwas an, was Tessa Ganserer in der Hose hat? Wirklich, ich wünschte mir nichts sehnlicher als das. Ich will gar nichts über Tessa Ganserer und vor allem nichts in ihrer Hose wissen. 

Soll sie ihren Fetisch-Kram machen, soll sie sich tätowieren, was sie will. Wir sind schließlich ein liberales Land, niemand sollte hier hereinreden. Aber doch bitte privat. Ich weiß nicht, was Lindner für Unterhosen trägt oder ob Olaf Scholz sich kopulierende Libellen auf den Hintern tätowieren ließ, so wie Ganserer sie sich quer über den Oberarm stechen ließ. Wir wissen nicht, wer im Bundestag noch auf viel wildere Messen geht als Tessa Ganserer, weil jeder andere sein Privatleben privat hält.

Tessa Ganserer hat an Privatsphäre gar kein Interesse. Sie hat Sexualität, Plastik-Perücken, anstößige Tattoos, Minikleider, Kondome, Fetisch – und vor allem den Schockfaktor – zu ihrer politischen Strategie gemacht. Doch wem hilft ihre Politik? Alle „queeren“ Menschen, die ich kenne, hassen schon alleine diesen Begriff „queer“. Und sie hassen, dass ihre Sexualität, ihre Privatsphäre, von Politikern wie Tessa Ganserer nicht nur so in den Fokus gedrängt wird, sondern auch noch zum Synonym für Fetisch-Partys und Genitalfixierung gemacht wird. Na, sehen Sie an – da habe ich meine Empörung ja doch noch wieder gefunden. Ich glaube, ich lasse die Überschrift so. 

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