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Suella Braverman

„Die Wähler durchschauen es“: Top-Tory will Partei für Farage öffnen

Die britische Ex-Innenministerin Suella Braverman, eine der Top-Favoriten für den Tory-Vorsitz nach Sunaks krachender Niederlage, rechnet kompromisslos mit ihrer Partei ab: Man habe das Ergebnis „verdient“, weil man nur „den Anstrich konservativer Politik“ geliefert habe. Wohlwollende Worte hat sie dagegen für Nigel Farage.

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„Wir haben große Versprechen gemacht und genau nichts davon umgesetzt“, sagt die ehemalige Innenministerin des Vereinigten Königreichs. Sie berichtet von ihrer Zeit im Amt, wo sie die Migrantenboote nach England stoppen wollte und davon, wie wenig ernst ihre Partei Migration, aber auch viele andere konservative Top-Anliegen genommen habe. 

Sie spricht bei der National Conservatism Conference, bei der Konservative aus mehreren Ländern zusammengekommen waren. Und so enthusiastisch hier manch ein Amerikaner über eine womöglich erneute Wahl Trumps ist, so rücksichtslos rechnet Braverman mit den Tories ab.

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Sie habe einen „Deal“ mit Ex-Premier Rishi Sunak gehabt: „Ich unterstütze den Premierminister und er unterstützt mich bei den Booten“ – aber Sunak habe seinen Teil nie erfüllt. Stattdessen habe er die Regierung und Partei weiter auf einem linken Kurs geführt. Sie habe als Innenministerin ertragen müssen, wie eine „Pride Progress“-Flagge über ihrem Ministerium wehte, aber nichts dagegen machen können, weil es „Downing Street 10“, also Sunak, so wollte.

Im November 2023 entließ Sunak dann Braverman – seitdem habe der Ex-Premierminister auch nichts gegen die unkontrollierte Einwanderung getan. „Er weigerte sich zu tun, was nötig war.“ Dass er es mit seinem Ruanda-Plan versucht habe, Migranten in Drittstaaten abzuschieben, zähle nicht, denn der habe sich am Ende nie materialisiert.

„Warum haben wir das schlechteste Wahlergebnis unserer 300-jährigen Geschichte erlitten? Wegen dem, was wir nicht getan haben.“ Das wiederholt sie immer wieder. Auch die Politik der Tories zu Transgender-Politik attackiert sie scharf. Über die „Pride Progress“-Flagge über Ministerien sagte sie, sie sei Teil einer Regierung gewesen, „die die Verstümmelung von Kindern in unseren Krankenhäusern und Schulen geschehen ließ“ – und verwies damit auf Geschlechtsumwandlungen bei Minderjährigen. Ihre Partei habe wie „eine linke regiert und wurde wie eine linke besiegt.“

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„Wir hatten 2019 eine wirklich große Mehrheit gewonnen. Wir wollten unsere neuen Brexit-Freiheiten nutzen – um Migranten aufzuhalten, Steuern zu senken, das Woke-Virus zu stoppen. Wir haben nichts davon getan. Sie haben versucht, so zu tun, als ob sie es täten“, sagt sie über Sunaks Kurs als Tory-Premierminister.

Für wen sie dagegen „Bewunderung“ empfinde, sei Nigel Farage, den sie für „zurückhaltend und vernünftig“ hält. Auch wenn man sich nicht in allem einig sei, so Braverman. Sie verwehrt sich vehement jeder Dämonisierung des Brexit-Verfechters und seiner Reform UK Partei, die in Stimmenzahl der größte Gewinner der britischen Parlamentswahl war. Farages Reden mit Nazi-Kundgebungen zu vergleichen, wie es einige ihrer Parteifreunde gemacht haben, sei völlig geschichtsvergessen, erklärt sie.

„Wir brauchen Glaubwürdigkeit, nicht nur den Anstrich konservativer Politik“

Diese „toxische Herablassung“ gegenüber Reform UK-Wählern sei genau der falsche Weg gewesen. Es sei ein schwerer Fehler, der Meinung zu sein, die Tories hätten automatisch ein Recht auf die Stimmen dieser Reform-Wähler. „Es sind jetzt ihre Wähler“, stellt Braverman fest. Ihre Partei müsste jetzt etwas Neues bieten, um sie zurückzugewinnen. Die Tories seien nun in einem „Moment einer existenziellen Krise“, so die ehemalige Innenministerin. Der Grund, weshalb die Konservativen fast immer im 20. Jahrhundert Wahlen gewannen, sei die Zersplitterung der Linken gewesen, während die Konservative vereint waren.

Jetzt drohe das Gegenteil. Aber dafür macht sie nicht Farage und seine Partei verantwortlich, sondern ihre Partei, die durch ihr Versagen, diese Lücke von rechts gelassen habe. Die will sie jetzt schließen, es dürfe keinen Grund mehr geben, Reform UK zu wählen statt Tory. Aber das gehe „nur, wenn wir glaubwürdig mit Reform-Wählern sprechen“, so Braverman. „Wir brauchen Glaubwürdigkeit, nicht nur den Anstrich konservativer Politik. Die Wähler durchschauen das.“

Braverman scharfe Abrechnung mit ihrer eigenen Partei klingt fast wie ihre Bewerbungsrede für den Parteivorsitz, der jetzt mit der krachenden Niederlage freigeworden ist. Aber die Worte „Ich trete an“ gehen ihr hier in Washington nicht über die Lippen – sie hat die Ex-Innenministerin wohl für London aufgehoben. Dass sie es aber ganz anders als Sunak machen will, daran lässt sie keine Zweifel.

Und jetzt schon ist klar, dass sie eine der Top-Bewerber um den Vorsitz der krisengeplagten Partei wäre. Eins macht sie deutlich: Sie will liefern – und zwar keine Ausreden. „Wir müssen aufhören, nach Phantomen zu suchen, um unser Versagen zu erklären.“ Man müsse sich zusammen rappeln und alles geben – nicht nur erklären, man habe es ja versucht. So jedenfalls skizziert sie ihre Vision für ein Comeback der Partei von Sunaks Wahldesaster.

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