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Der Schwarze Montag ist nur der Anfang

Die enormen Kursschwankungen am Montag haben weltweit große Tech-Unternehmen getroffen, darüber hinaus auch den deutschen Leitindex und sogar Kryptowährungen. Hinter dem Börsen-Beben steckt mehr: Die Krisen in der Realwirtschaft werden ignoriert.

Frankfurt am Main: Der deutsche Leitindex verlor seit vergangener Woche binnen zwei Handelstagen über 7 Prozent. Die Kursschwankungen waren so stark, wie seit zwei Jahren nicht mehr. Was in Japan begann war nur der Vorbote dessen, was auf der ganzen Welt passieren könnte.

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Am vergangenen Montag erlebten die Finanzmärkte einen weltweiten Rückgang der Aktienkurse – man konnte zumindest in einigen Teilen der Welt von einem Crash oder einem Schwarzen Montag sprechen. In Japan bestätigte sich der Bärenmarkt von vergangener Woche, als am Montag der Ausverkauf von Aktientiteln durch japanische Investoren den Höhepunkt erreichte.

Die japanischen Aktienindizes Nikkei und TOPIX erreichten an einem Handelstag Kursverluste von über 12 Prozent. Verglichen mit dem Allzeithoch vom 11. Juli des laufenden Jahres sind die japanischen Indizes teilweise um über 20 Prozent eingebrochen – in einem Zeitraum von weniger als vier Wochen. Der 12,4 prozentige Verlust des Nikkei, welcher mit einem Wert von 31.458,42 Punkten schloss, war der größte Rückgang des Index seit dem ursprünglichen Schwarzen Montag im Jahr 1987.

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Der japanische Nikkei-Index verlor am vergangenen Montag über 12 Prozent – und erholte sich am darauffolgenden Handelstag mit enormen Kurssteigerungen. Diese Art von Kursschwankungen sind alles andere als ein gewöhnlicher Tag an der Börse.

Der absolute Rückgang um über 4.450 Punkten war der größte in der Geschichte des japanischen Aktienindex. Was darauf folgte, war ein weltweiter Ausverkauf von allmöglichen Titeln – von japanischen Aktien, über US-amerikanischen Tech-Titeln bis hin zu Kryptowährungen, welche ebenfalls enorme Verluste verzeichneten. Doch warum hat ausgerechnet Japan die größten Kursverluste erlitten?

Auf der Suche nach Rendite

In einem Bericht des Economist heißt es, „die Margin-Wetten – Transaktionen, die mit geliehenem Geld getätigt werden – haben das höchste Level seit 2006 erreicht, kurz bevor der Ausverkauf [vom vergangenen Montag] begann.“ Diese gehebelten Investitionen würden „im Tempo abgewickelt werden.“ Das erklärt, warum die japanischen Titel – und teilweise sogar risikolose Titel – so drastisch an Wert verloren hatten. Der Halbleiter-Konzern Tokyo Electron (über 8 Milliarden Euro Umsatz) verlor kurzzeitig über 18 Prozent und japanische Banken haben binnen zwei Handelstagen teilweise mehr als ein Viertel ihres Wertes verloren.

US-Notenbankchef Jerome Powell hat in den USA die Zinswende eingeleitet – vorerst nur kommunikativ. Im September erwarten nun fast alle den ersten Zinsschritt nach unten. Doch die Inflation in den USA und die neuesten Arbeitsmarktzahlen sprechen gegen eine Zinswende.

Die gehebelten Finanztransaktionen sind ausgehend von der riesigen Zinsdifferenz zwischen dem japanischen Wirtschaftsraum auf der einen Seite, und Europa und den USA auf der anderen Seite. Japanische Investoren – das sind meist institutionelle Investoren, wie Fonds oder Banken – sind in den vergangenen Jahren verzweifelt auf der Suche nach Rendite. Die Nullzinsen in Japan verursachen einen Kapitalabfluss in die USA oder Europa – dort, wo die Zinsen bei 4 bis 5 Prozent liegen, und damit auch die dortige Rendite.

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Dafür nehmen die japanischen Investoren zu Nullzinsen Yen auf, um diese daraufhin in Euros oder US-Dollar zu tauschen und damit europäische und US-amerikanische Titel zu kaufen. Nun hat die japanische Notenbank BOJ jedoch vergangene Woche angekündigt, die Zinsen zu erhöhen. Die Banken und Investoren in Fernost geraten zunehmend in Finanzierungs- und Liquiditätsschwierigkeiten, außerdem wertet der japanische Yen auf. Es kommt zu Verlusten aus Devisengeschäften und zu einem sogenannten Margin-Call. Der massive Ausverkauf ist nichts als Schadensbegrenzung.

Zahlen lügen nicht

Um jetzt den Hintergrund dieses weltweiten Kursrückgang zu erklären und zum Punkt zu kommen: Auf der Suche nach Rendite haben die japanischen Investoren auf eine sich erholende US-Wirtschaft gehofft. Für etwas mehr Rendite muss man etwas mehr Risiko in Kauf nehmen, weshalb von japanischer Seite aus vor allem Wertpapiere gekauft wurden, die schlecht bewertete Unternehmenskredite bündeln – in der Hoffnung, eine riesige Pleitewelle würde ausbleiben. Apollo News berichtete bereits, dass sich vor allem in Deutschland die Zahl der Zahlungsausfälle bei Unternehmenskrediten auf einem Rekordniveau befindet.

Die neuesten Daten aus dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt zeigen Anzeichen einer Rezession, insbesondere in den vergangenen neun Monaten.

Ähnliche Wertpapiere wurden auch vor der Finanzkrise ab 2007 verwendet, welche dann durch den Ausfall dieser zu einer Weltwirtschaftskrise führten. Damals wie auch heute hat man die Zustände der Realwirtschaft ignoriert: Die neuesten Arbeitsmarktzahlen in den USA haben eine neue Risikobewertung an den Finanzmärkten notwendig gemacht – und ebenso werden es die schlechten Zahlen aus Deutschland auch tun. Die Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal des laufenden Jahres und im Wochentakt melden deutsche Unternehmen einen neuen Stellenabbau. Auch sind die Insolvenzen auf Rekordniveau (Apollo News berichtete).

Die Realität der wirtschaftlichen Lage zu ignorieren kann somit gefährlich werden, wenn Investoren immer wieder neue Subventionen für Unternehmen erwarten – oder altbekannte „Rettungspakete“. Der Volkswirt spricht von einem moralischen Risiko, wenn weiterhin in riskante Anlagen investiert wird – und das, obwohl die fundamentalen Werte, eben wie Arbeitslosigkeit oder Auftragsrückgänge, schlecht aussehen. Am Ende sprechen die Daten eine eigene Sprache – und da mag Robert Habeck oder Christine Lagarde noch so oft sagen, der Wirtschaft gehe es gut.

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