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Bürgergeld-Kahlschlag: Linnemanns einsamer Ruf aus der Wüste

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert eine umfassende Reform des Bürgergeldes. Überhaupt wäre das Sozialleistungssystem im Ganzen reformbedürftig. Dass die SPD hier mitspielt, darf aber bezweifelt werden.

Linnemann fordert eine „Agenda 20230“

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CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann strebt eine grundsätzliche Reform des Bürgergeldes an. Lediglich Menschen, die gesundheitlich nicht in der Lage sind zu arbeiten, sollten Anspruch auf volle Unterstützung haben. Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, „darf gar kein Bürgergeld mehr bekommen“, so der Generalsekretär der CDU. Weiter erklärt er: „Diese Reform wird in diesem Herbst kommen müssen.“

Die Missbrauchsmöglichkeiten des deutschen Sozialleistungssystems sind seit Jahrzehnten bekannt. Durch das Bürgergeld wird im Wesentlichen jedem der Anspruch zugesprochen, sich leistungslos auf Kosten der Gesellschaft finanzieren zu lassen. Fast nirgendwo sonst sind Arbeitslose besser gestellt.

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist in Deutschland entsprechend bemerkenswert hoch. Trotz eines im internationalen Vergleich noch relativ gut funktionierenden Arbeitsmarkts gelten mehr als ein Drittel der Arbeitslosen als langzeitarbeitslos. Im EU-Durchschnitt ist es nur etwa jede Fünfte. Möglichkeiten, das Bürgergeld zu kürzen oder Zahlungen ganz einzustellen, gibt es formal. In der Praxis findet dies aber fast nie Anwendung.

Linnemann fordert nun zu Recht eine „Agenda 2030“ ein. Dass diese unter den jetzigen Vorzeichen nicht kommen wird, dürfte aber auch ihm klar sein. Mitte April erklärte Linnemann, nicht dem neuen Kabinett um Bundeskanzler Friedrich Merz angehören zu wollen. Es gehe ihm „um die Sache“, erklärte er damals. Statt in direkter Regierungsarbeit wolle er an anderer Stelle auf den dringend erforderlichen „Politikwechsel“ drängen. Zu diesem wird es unter Schwarz-Rot aber nicht kommen.

Das liegt zu großen Teilen auch an seiner eigenen Partei. Die CDU scheut in Fragen der Migrations-, der Wirtschafts- oder der Bildungspolitik eine ehrliche Bestandsaufnahme. Man hält an der Hoffnung fest, dass durch ein paar kleinere Gesetzesanpassungen und vor allem ein stabileres außenpolitisches Umfeld schon alles wieder in Ordnung kommen werde. Auch zielt man darauf ab, nie mit dem hausgemachten Versagen insbesondere unter Angela Merkel konfrontiert zu werden. 

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In der SPD hingegen hat man den Anspruch „Arbeiterpartei“ zu sein offenbar völlig aufgegeben. Zu Zeiten der Bundesrepublik war die SPD immer dann am erfolgreichsten, wenn innerparteilich starke Charakterköpfe des konservativen Parteilagers das Sagen hatten. Doch die SPD von heute ist nicht mehr die Partei, die sie einst unter Gerhard Schröder, geschweige denn unter Helmut Schmidt oder Willy Brandt war.

Einen rechten Parteiflügel sucht man in der SPD heute vergebens. Von Charakterköpfen kann schon gar nicht die Rede sein. Unter Bärbel Bas und Lars Klingbeil tritt die SPD endgültig den Weg hin zu einer Partei an, die ihre verbliebene Wählerschaft bei Sozialleistungsempfängern vermutet. Deutschland als ein Land, in dem Zukunft gestaltet und Leistung erwirtschaftet wird, hat die Partei aufgegeben. Stattdessen soll die bröckelnde Substanz umverteilt werden.

Anders sind Aussagen von Arbeitsministerin Bärbel Bas, die den Sozialstaat offenbar noch weiter ausbauen will, nicht zu erklären. Die Notwendigkeit zu Einschnitten gebe es nicht. Deutschland sei ein „reiches Land“. Forderungen nach Kürzungen seien schlicht „Bullshit“, so Bas. Die SPD verwehrt Deutschland jene Reformen, die es so dringend brauchen würde. Als Deutschland Anfang der 2000er als „kranker Mann“ Europas galt, war es Gerhard Schröder, der zupackte und in Deutschland wieder Wirtschaftswachstum ermöglichte.

Schröder und seine „Agenda 2010“ können zu Recht in vielfacher Hinsicht kritisiert werden. Doch er war der Letzte, der in Deutschland grundlegende Reformen zustande brachte. Paradoxerweise war es auch Schröder, der Merkel durch seine Reformen eine haushaltspolitisch recht entspannte Regierungszeit ermöglichte. Seit Schröder wird Deutschland verwaltet – und das nicht besonders erfolgreich.

Linnemann steht letztlich als einsamer Rufer in der Wüste da. Die SPD will Reformen dringend verhindern. Die Union hingegen wird wohl nur schwerlich Kraft finden, sich in grundsätzlichen Fragen durchzusetzen. Dazu hat die SPD viel zu deutlich das Signal ausgesandt, den Sozialstaat im Wesentlichen nicht anzutasten. Bis auf Weiteres wird das dürftige Verwalten Deutschlands also anhalten. Auch Linnemanns Forderungen werden daran nichts ändern.

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104 Kommentare

  • Linnemann macht Wahlkampf. Würde er es ernst meinen, müßte er Merz stürzen und mit der AfD einen neuen Kanzler einsetzen. Das wäre jederzeit möglich.

    • Tja, die MerKILL-Kräfte in der Union sind starke Divisionen…da wird es m.E. auch in 100 Jahren keinen „Putsch“ geben…..

      Die hängen doch ALLE an ihren üppigen Fleischtöpfen. Das Volk geht denen sonstwo vorbei !

      • Deshalb müssen wir hier eoine Waffenfreigabe haben, um diese ganzen Volksverräter weg zu bekommen!
        Mit dem Mist von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ist hier nichts zu machen!

        5
    • Der Bayerische Wurstfreund wäre der nächste Unions Kandidat. 😃

    • Ich gehe mal davon aus das Linnemanns schon kräftig an Stuhl von Merz sägt ! Aber da brauchst du Unterstützer . Sein Problem ist nur das die SPD die Union als ganzes mit in die Tiefe der Bedeutungslosigkeit zieht . Der Mann hat sich bestimmt als Nachfolger von Merz 2033 gesehen ! Nur eine CDU/CSU bei 5-10% der Stimmen stellt selten den Kanzler und sich jetzt noch bei der AFD anzumelden scheint etwas spät !!

      • Linnemann zur AfD? Haben Sie nicht die Berliner Runden nach den letzten Landtagswahlen gesehen, wie sich Linnemann auf die AfD eingeschossen hat?

        0
    • Selten so einen Quatsch gelesen.
      Abgesehen, dass die Mehrheit der Schwarzen da nicht mitmachen würden, spielen wir diesen Fall durch.
      Was wäre mit der Sperrminorität, da Schwarz/Blau keine 2 Drittel Mehrheit hat und was wäre bei künftigen Wahlen, nachdem sich die CDU für alle Zeiten von allen, außer von blauen Koalitionspartnern, verabschiedet hätte?

      Das genau ist der Grund, warum selbst Schwarz niemals mit Blau. Und weil Blau niemals 51 oder gar 66 Prozent erreichen wird, wird Blau ewige Opposition bleiben.

      Reine Logik, die ihr aber nicht wahr haben wollt. 😉 Und wenn sie nicht gestorben sind, dann hoffen sie noch ewig.

      -21
  • Good Cop, bad cop !

    Die CDU muss ja wenigstens den Anschein erwecken, als ob sie etwas täte,.

    Den meisten CDU-Wählern scheint das ja zu genügen, für 2 Stimmen auf dem Wahlzettel !

    • Während wir mit dem Bürgergeldblabla beschäftigt werden laufen im Hintergrund Gespräche bzgl. Richterwahl etc. pp.

  • Viel Wichtiger : Das Parteiensystem ist reformbedürftig.
    Alles andere klärt sich dann von selbst.

    • Und WER soll das ihrer Meinung nach „reformieren“ ?

      • Wir das Volk.
        Aber das lässt sich ja alles gefallen. Leider

        9
  • Richtig gute Analyse übrigens!

  • Toll, diese CDU-Boys. Die wähl ich!

  • Rechts blinken, links abbiegen. Jedes Wahlversprechen an die eigene Wählerbasis fast schon am Folgetag brechen. Das ist die neue CDU 2025.

  • Gähn, da könnte JEDES Unionsmitglied mit einem „Vorschlag“ bzw. Spruch zum Thema kommen.

    Solange die SPD die Regeln bestimmt und der Merzel am Rockzipfel vom Lars und der Bärbel hängt, wird NICHTS anderes passieren.

    • Da haben sie recht !! Jeder in der CDU könnte das sagen außer Merz oder Spahn ! Den beiden würden Klingbeil und Bas wieder einen Überziehen . Und Merz nimmt eh schon keiner mehr für voll !! Was definitiv absoluter Rekord für einen Kanzler ist .
      Glaube selbst Scholz hat diesen Punkt erst nach 12-18 Monaten erreicht !!

      • Leider hat er es erst nach 15 Monaten erreicht.

        9
      • “ Einen Überziehen “
        Zack den Feudel um die Ohren.
        Hat mich köstlich amüsiert !
        Herrliche Metapher

        1
  • Na ja, Kanzler Klingbeil wird ihn schon in die Schranken weisen, der Brandmauer sei Dank.
    Da kann Merz’s Adjutant noch so viel bellen.
    Ist genau so ein zahnloser Tiger wie sein Herrchen. Der Brandmauer sei Dank.

    • Merz Seine Kanzlerschaft wird an der Brandmauer zerschellen!

    • „Zum Abbau der Bürokratie fehlen uns die nötigen Beamten.“

  • Linnemann hat bewusst den Posten des Kanzleramtchefs abgelehnt, weil er wusste, dass sich alle CDU’ler in einer Regierung mit der SPD verbrennen werden. Jetzt zielt er darauf ab, die Koalition mit solchen Seitenhieben zu zerbrechen, damit er als neuer starker Mann und Kanzlerkandidat der Union hervorgehen kann. Er ist hier sozusagen der Klingbeil der Union.
    Übrigens, für alles was Herr Linnemann schlecht geredet hat von SPD, Grüne usw, hat er selber in den Abstimmungen mitgetragen.

  • „Der wohlbegründete arbeitspolitische Konservatismus der Arbeiter“ (Schumann et al., in: Materialien zur politischen Bildung 3/1982: 43-49) hat in der Tat zur Folge, dass die SPD längst nicht mehr eine Partei ist, die noch ernst genommen werden kann, solange sie die damit einhergehende Reflexionskraft rundweg ausschlägt. Mithin ist die deutsche Sozialdemokratie auf diese Weise zu einer leeren Hülle geworden. Verabsolutiert sie dabei auch noch den Widerspruch, überantworten sich die Genossen dann vollends einem schieren Wahn. Insofern sollte die Kritik erlaubt sein, dass letztlich von der gegenwärtig amtierenden Bundesregierung dadurch nichts Substanzielles mehr zu erwarten ist.

    • Wenn Sie Lust haben, schicken Sie doch ihren Kommentar an die SPD Parteizentrale. Treffender kann man die Misere der SPD in nur wenigen Sätzen kaum zusammenfassen.
      Vielleicht hilft es ja.

      • Die vornehmste Aufgabe eines Arbeiters ist, das physikalische Prinzip der Unbestimmtheit feinwerktechnisch zu verifizieren. Maßgeblich dafür ist das elementare Wirkungsquantum, das laut dem Nobelpreisträger Anton Zeilinger vor vier Milliarden Jahren so groß wie heute gewesen ist. Angesichts der damit gesellschaftlich bis in die fernste Zukunft hinein bestehenden Invarianten sind Arbeiter allein schon deshalb konservativ. Keiner von ihnen käme jemals auf die Idee, aus der insofern bereits von Natur aus gegebenen Gebundenheit herauszuspringen. Es zeugt daher von einem zutiefst falschen Verständnis von Emanzipation, wenn insbesondere die SPD gegenwärtig bestrebt ist, sich davon zu lösen und dann auch noch fälschlich eine „Befreiung in der Arbeit“ fordert wie so mancher Funktionär der IG Metall zuletzt noch anlässlich den Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen des Automobilbaus hierzulande.

        0
  • die FDP hatte Kubicki, die CDU den Linnemann, bei der FDP hat es am Ende nicht funktioniert

  • Linnemann macht hier nur Liebkind bei den Wählern. Scheint aber nicht mehr ganz so effektiv zu sein, wie es noch in der Vergangenheit funktioniert hat.

  • Wenn er es ernst meint – und das will ich hoffen – muss er gut auf sich aufpassen!

  • Man muß die Sozialversicherungen von ihrem Ursprunge her denken: es sind in erster Linie VERSICHERUNGEN, unterliegen also den Prinzipien dieses Geschäftszweiges, nämlich:

    Es darf nur im erwiesenen Schadensfall an zum Zeitpunkt des Schadensfalls bereits v
    Versicherte ausgezahlt werden.

    Die deutschen Sozialversicherungen kranken daran, daß dieses Prinzip wieder und wieder und wieder verletzt wird, ohne daß die politischen Entscheider die entstandenen Schäden ersetzen.
    Insbesondere die Ausweitung zum Weltsozialamt unter Merkel sorgt hier für Verwerfungen und auch explodierende Mieten, da dieses vollständig vom Amt übernommen werden.
    Die Lösung kann nur lauten: zu Sozialleistungen ist in Deutschland nur berechtigt, wer mindestens 5 Jahre eingezahlt bzw Steuern bezahlt hat, das gilt für Krankenversicherung, Bürgergeld, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
    Das sollte auch für EU Bürger gelten, deren Zulassung als Empfangsberechtigte war der erste Fehler, dem die anderen folgten.

    • Wieso soll der Beitragszahler Geschlechtsumwandlungen, die abermaluge Ausweitung von Schwangerschaftsabbrüchen, Corona-Maßnahmen, Gastarbeiterzahlungen aufgrund eines Gesetzes von1965 (!), Fahnenflüchtigen und Wirtschafts- und Klimaflüchtlingen. Die Aufzählung enthält nur nicht abgeschlossene Beispiele.

      Der Bankrott ist nun eingetreten! Aber anstatt dort anzusetzen, will die Regierung bei den Einzahlern Geld holen oder Leistungen reduzieren. Pfui!

    • Damit haben sie aber nicht beantwortet was mit dem Rest passieren soll. Haben Sie darauf auch eine Antwort?

      • Abschieben.

        5
  • Das ist nur Palaver! Die Arbeitsplätze müssen auch da sein. In Deutschland werden da aber immer mehr abgeschafft!

  • Ein einsamer Rufer kann auch verzweifeln– am eigenen Kanzler und an der eigenen Partei, die beide dem Eindruck nach den Bückling vor dem SPD-Klingbeil machen.
    Ich mutmasse mal, dass , wenn sich nicht bald was ändert, Linnemann aus gesundheitlichen Gründen sich aus dem politischem Leben zurückziehen wird.
    Und dann kann es sein, dass es zu einem einsamen Kanzler kommen könnte— denn wer würde ihm, der so viele enttäuscht— ausser die SPD- noch den Rücken stärken wollen.

    • Na der AMTHOR…

  • Trommel trommel trööt trööt…
    Kleiner, frag‘ mal das große Bärbelsche, da wirst du geholfen!

  • Gibt es eigentlich Zahlen, wie viele Väter für ihre Kinder kein Unterhalt zahlen–und wie in diesen Fällen vorgegangen wird?

    Werden Autos gepfändet–muss eine kleinere Wohnung bezogen werden?
    Oder übernimmt der Staat die Zahlungen per Vorschuss?

  • Herr Linnemanns Forderungen haben erfahrungsgemäß eine vernachlässigbare Halbwertzeit. Man könnte meinen, er haut hin und wieder mal einen raus um etwas konservativen Lack anzubringen.

  • Wahlkampf mit der Rollenverteilung „Good Cop“, „Bad Cop“! Linnemann mimt den guten, hat aber beim SPD-Kanzler überhaupt kein Standing.

  • Mit der SPD wird nichts umgesetzt! Wieder vier Jahre Rückschritt.

  • Merz und Linnemann, als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet.

  • Ich will nix mehr hören, ich will Taten sehen! 😤🤬

    • Worte können lügen, Taten nicht! Sehe ich genau so…

  • Die Steuereinnahmen sind in den letzten 15 Jahren von €500 Mrd auf €1.000 Mrd gestiegen. Da sollte man bei den Einnahmen zunächst den Rotstift ansetzen und erstmal €200 Mrd an Steuereinnahmen pauschal streichen. Rückbau des Staates um 30% (Beamten, Sozialleistungen) wäre ein erster Anfang, siehe Argentinien.

    • Und womit wollen sie die „Flüchtlinge“ bezahlen ?;-)

  • Wieso spricht Merz nicht ein Machtwort? Eben, weil er nicht führt! Da treffen sich Union und SPD zur Klausur, erklären danach demonstrative Einigkeit und eine Woche später geht die Wählerhänselei weiter.

    Der Stillstand, der zur Demontage Deutschlands führt, ist unerträglich! Und das ganze geht noch drei Jahre so weiter! Unerträglich!

    In den Berliner Olymp müssen nüchterne Götter einziehen! Und zwar schnell!

    • Auch in 3 Jahren werden die Wahlergebnisse nicht wirklich zu bürgerfreundlicherer Politik führen, das prophezeie ich jetzt schon.

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