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Attacke in Ingolstadt

Chrupalla erhebt schwere Vorwürfe – Verfassungsschutz soll Hilfe bei Anschlags-Ermittlungen verweigert haben

Nachdem AfD-Politiker Chrupalla im Oktober einem Anschlag zum Opfer gefallen war, hielt sich die Staatsanwaltschaft bedeckt und gewährte der Opferseite nicht einmal Akteneinsicht. Chrupallas Anwalt durfte die Akten jetzt sichten – und erheben schwere Vorwürfe.

Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons. Eigene Collage

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Nachdem der AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla auf einer Wahlkampfveranstaltung am 5. Oktober in Ingolstadt tätlich attackiert wurde, hielt sich die zuständige Staatsanwaltschaft bedeckt (Apollo News berichtete). Erst nachdem der Wahlkampf beendet, die Landtagswahlen in Bayern und Hessen vollzogen waren, ging die Behörde an die Öffentlichkeit – und irritierte mit Aussagen und Entscheidungen, wie ein Beschwerdebrief von Chrupallas Anwalt jetzt zeigt.

Der Jungen Freiheit liegt das an den in München zuständigen Oberstaatsanwalt Maximilian Laubmeier gerichtete Schreiben des Juristen Khubaib-Ali Mohammed vor, der Chrupalla in diesem Fall vertritt. Der Anwalt argumentiert, „die von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt geführten Ermittlungen sind stark lückenhaft. Der Fall kann unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als ausermittelt betrachtet werden.“

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Khubaib-Ali Mohammed weist außerdem darauf hin, dass aufgrund von Chrupallas „Stellung des Verletzten als Verfassungsorgan“ eine „bestmögliche Sachverhaltsaufklärung“ hätte erfolgen müssen. Einer vollumfänglichen Aufklärung sei die Staatsanwaltschaft aber „bei Weitem“ nicht nachgekommen. Khubaib-Ali Mohammed hatte bereits im November eine Anfrage an die Verfassungsämter in Bayern und Sachsen gestellt.

Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein – obwohl Anwalt erfolgversprechenden Spuren nachgehen möchte

Weil die AfD bundesweit als Beobachtungsfall eingestuft wird, erhoffte sich der Anwalt, dass Beamte der Behörden möglicherweise auch Wahlkampfveranstaltungen der AfD beobachten und so zur Klärung des Anschlags beitragen könnten. Die Staatsanwaltschaft unterstützte dieses Vorhaben, weil nach drei Wochen aber keine Antwort einging, verfolgten die Ermittler diese Spur nicht weiter. Vier Tage später, am 19. Dezember, wurden die Ermittlungen vollständig eingestellt.

„Die Beibringung der Verletzung durch einen Unbekannten während des Aufenthalts auf dem Ingolstädter Theaterplatz kann zwar nicht ausgeschlossen werden“, meinte die Staatsanwaltschaft in Ingolstadt. „Konkrete Hinweise oder Anhaltspunkte für einen solchen Übergriff während des Besuchs der Wahlkampfveranstaltung oder im unmittelbaren Vorfeld des Besuchs haben die Ermittlungen jedoch nicht ergeben.“

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Chrupallas Anwalt stellt jetzt klar, die Verfassungsschutzämter seien „gesetzlich verpflichtet“ gewesen zu antworten. „Eine Rücknahme eines Ermittlungsauftrags drei Wochen nach Erteilung wegen vermuteter Erfolglosigkeit ist mit dem gesetzlich normierten Amtsaufklärungsgrundsatz nicht vereinbar“, erklärt Khubaib-Ali Mohammed.

Diese Versäumnisse und vor allem die schleppende Ermittlungsarbeit stoßen auch bei Chrupalla auf Widerwillen: Immer wieder nannte der AfD-Politiker das Vorgehen der Staatsanwaltschaft einen „Justizskandal“. Laut seinem Anwalt habe die Behörde „eine Vielzahl von Ermittlungen“ entweder gar nicht getätigt oder einen „entsprechenden Ermittlungsauftrag mehrfach ohne Angaben von Gründen zurückgenommen“.

Laut JF bezieht sich Khubaib-Ali Mohammed damit auf eine Anordnung der Staatsanwaltschaft, die eine vollumfängliche Befragung der Krankenhaus-Ärzte, die Chrupalla im Klinikum Ingolstadt behandelt hatten, veranlasste. Einen Tag später zog die Behörde diesen Befehl ohne Angabe von Gründen wieder zurück.

Nachdem Chrupalla auf der Wahlkampfveranstaltung zu Boden ging und ins Krankenhaus gebracht wurde, irritierte die Staatsanwaltschaft in Ingolstadt mit ihrem unsicheren Auftreten. Ein Arztbrief, der eine „Nadelstichverletzung“ an Chrupallas Oberarm diagnostizierte, wurde nicht wahrgenommen. Auf Apollo News-Anfrage behauptete die Behörde, nichts von dem Schreiben gewusst zu haben. Erst nach den Landtagswahlen am 8. Oktober berichtet die Staatsanwaltschaft von einer Einstichverletzung.

Gerade in Bezug auf die Stellung von Tino Chrupalla, irritiert das defensive Verhalten der Behörde. Auch Chrupalla zeigt sich der JF gegenüber verärgert: „Jeder Jurist sagt mir, dass ein Anschlag auf einen Fraktionsvorsitzenden sofort über die höchsten Tische geht. So etwas hat Priorität. So etwas macht keine örtliche Staatsanwaltschaft mit sich selbst aus.“

Als Referenz verweist Chrupalla auf das Messerattentat auf Henriette Reker, einen Tag vor ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin. Daraufhin habe die Generalbundesanwaltschaft sofort umfängliche Ermittlungen eingeleitet. Reker soll 2015 von einem Rechtsextremisten angegriffen worden sein.

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Weil eine solche Reaktion von der Justiz ausblieb, wurde Chrupalla selbst aktiv und veröffentlichte am 11. Oktober, sechs Tage nach der Tat, ein Gutachten des Städtischen Klinikums Dresden – das aber findet in den Ermittlungsakten nicht einmal Erwähnung, obwohl es doch aufgrund fehlender Untersuchungen der Staatsanwaltschaft zur Klärung der Einstichverletzung und der verabreichten Substanz hätte beitragen können.

Staatsanwaltschaft ignoriert mögliche linksextreme Verstrickungen und verweigert Anwalt Akteneinsicht

Auch andere externe Materialien wurden von der Staatsanwaltschaft nicht ausführlich für die Aufklärung des Falles genutzt: bereits am 5. Oktober hatte das ZDF Videomaterial des Vorfalls bereitgestellt und der Behörde einen Tag später Videos mit einer Gesamtlänge von über 21 Minuten zukommen lassen. Auf Apollo News-Anfrage bestätigten beide Parteien die Sammlung einzelner Videosequenzen – wie vollständig diese sind, wollten weder ZDF noch Staatsanwaltschaft kommentieren (Apollo News berichtete).

Dabei hätte das Material vor allem in einem fragwürdigen Selfie-Vorfall während der Veranstaltung für Aufklärung sorgen können: Zwei Männer sollen sich nach einem Selfie mit Chrupalla mit einem bekannten Linksextremisten der Antifa getroffen haben. Kurz zuvor war Chrupalla nach einem Foto mit den beiden zusammengebrochen, sein Personenschützer stellte eine Nadel sicher, die als Tatwerkzeug infrage kommen könnte.

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Weil die Staatsanwaltschaft auch dahingehend nicht tiefgründig ermittelte, erklärt Khubaib-Ali Mohammed, „bereits der räumlich-zeitliche Zusammenhang des Tatortes mit der Selfiesituation und zum Auffindeort der möglichen Tatwaffe ist nach kriminalistischer Erfahrung ausreichend zur Bejahung eines Anfangsverdachts.“

Chrupalla und seinem Anwalt sei außerdem die Akteneinsicht während des Ermittlungsverfahrens ohne Begründung verweigerte worden. Khubaib-Ali Mohammed argumentiert, als Verfahrensbeteiligter hätte Chrupalla dieser Schritt zugestanden. Die Akteneinsicht sei „entgegen dem gesetzgeberischen Willen willkürlich nicht erfolgt“.

Des Weiteren habe die Staatsanwaltschaft der Opferseite nicht einmal das Aktenzeichnen mitgeteilt – diese erhielt erst am 27. Februar. Infolgedessen verfasste Khubaib-Ali Mohammed den Beschwerdebrief, der jetzt neue Einsicht in den dubiosen Fall Chrupalla erlaubt.

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