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Stadtrat Kiel

Grünen-Antrag kommt nur dank AfD-Stimme durch: SPD beklagt „bewussten Einreißen roter Linien“

Weil ein Grünen-Antrag im Bauausschuss nur mit einer Stimme der AfD durchkommt, kommt es im Kieler Stadtrat zum Eklat. SPD und CDU werfen den Grünen das Einreißen roter Linien vor. Diese hätten den Vorgang im Nachhinein am liebsten selbst „abgebrochen“.

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Im Rathaus Kiel tagt der Stadtrat (IMAGO/Peter Schickert)

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Wegen einer Abstimmung im Kieler Bauausschuss haben die dortigen Grünen einen Eklat mit bundesweiter Aufmerksamkeit ausgelöst: Ein Antrag der Partei zum Umbau einer Straße kommt nur dank der AfD durch den Ausschuss – CDU und SPD sind empört. Selbst die Grünen sprechen bereits von einem Fehler.

Im Kieler Stadtrat regiert eigentlich eine grün-rote Mehrheit gegen eine Opposition aus CDU, AfD, SSW, Linkspartei und einigen Kleinparteien. Die Grünen stellen dabei die größte Fraktion im Rathaus. Nun wollten sie, gegen den Willen der Sozialdemokraten, die Umgestaltung einer Straße beschließen – im Bauausschuss ging der Antrag am Donnerstag mit sieben zu sechs Stimmen durch. Während CDU und SPD dagegen stimmten, stimmten Grüne, Linkspartei, SSW und – entscheidend – das AfD-Mitglied im Bauausschuss.

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Im Ausschuss löste der Umstand heftige Diskussionen aus – schnell empörte man sich in den Reihen von CDU und SPD: „Wenn man keine gemeinsamen Beschlüsse mit der AfD fassen will, muss man das im Vorfeld organisieren, damit das nicht passiert“, meint der baupolitische Sprecher der CDU-Kiel, Jan Wohlfarth, gegenüber dem Spiegel.

Der Kieler Co-Vorsitzende der Sozialdemokraten meint derweil, die Grünen hätten „bewusst die gemeinsame Linie der demokratischen Fraktionen“ verlassen. „Hier wurde eine rote Linie nicht versehentlich überschritten – sie wurde eingerissen“, empört sich der SPD-Politiker.

Die Grünen zeigen sich derweil selbstkritisch: Die Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Anke Oetken, spricht von einem „Fehler“. Man habe „nicht erwartet“, dass die AfD am Ende ausschlaggebend sein könnte. Der Kieler Kreisvorsitzende Finn Pridat beteuert, man hätte „das Verfahren abbrechen müssen“, sobald sich abzeichnete, dass der Antrag nur durch eine Stimme der AfD angenommen werden würde.

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Einzig die verantwortliche Antragstellerin der Grünen zeigt sich in dieser Hinsicht unbeeindruckt: „Ich lasse mir nicht von der AfD vorschreiben, gegen meinen eigenen Antrag zu stimmen“, meint Stadträtin Janine Blöhdorn gegenüber dem Spiegel. Freilich lässt auch sie es sich nicht nehmen, die obligatorische Distanzierung von der AfD einzubauen: „Ich bin zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass eine rechtsradikale Fraktion für meinen Antrag stimmen würde.“ Statt bei sich, sucht sie die Schuld bei SPD und CDU, die sich nicht auf ihre Initiative eingelassen hätten und so die Misere ermöglicht hätten.

Freilich stellt sich die Frage, wie lange noch eine solche Brandmauer, die selbst bei kleinsten Anträgen auf kommunaler Ebene von manchen unerbittlich verteidigt wird, noch Zukunft hat. Insbesondere die Union, die im Januar aufgrund einer gemeinsamen Abstimmung mit der AfD unter Druck gekommen war, hat nun auf die Grünen eingedroschen. Ob dieser Weg in Zukunft erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.

bc

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49 Kommentare

  • Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele Politiker vom Kindergarten direkt in die Politik gegangen sind, und entscheidende Entwicklungsschritte dazwischen, nicht vollzogen haben.

    • Kindergarten ja, aber direkt aus der Krabbelgruppe!

  • Es ist ein Symptom einer letztlich wenig liberalen und freien Parlamentstätigkeit, wenn man da vor den Abstimmungen schon immer alles vorabgestimmt haben muss, damit dann auch ja die „richtige“ Entscheidung, gefällt von den „Richtigen“, herauskommt.
    Dieses Herumgemauschele vor den Abstimmungen führt zu einer massiven Politikverdrossenheit.
    Mehr Demokratie wagen, bitte!

    • Überhaupt mal Demokratie wagen….!

  • In echten Demokratien entscheidet das Argument, nicht die Person die es sagt.

  • „Ich habe mich nie gescheut, für Köln auch mit dem Teufel zu stimmen, wenn es der Stadt nützte.“ (Konrad Adenauer)

    Mit diesem Ausspruch begegnete der „Kommunistenfresser“ Adenauer nach dem Zweiten Weltkrieg dem Vorwurf, sich als Oberbürgermeister von Köln 1926/1927 der Stimmen der Kommunisten bedient zu haben, um in der Kölner Stadtverordnetenversammlung den Bau der Mülheimer Brücke als Hängebrücke durchzusetzen. Das bürgerliche Lager war gespalten. Man begegnete dort diesem Plan mit großer Skepsis, denn die Konstruktionsbauweise als Hängebrücke war damals neu und wurde als zu riskant empfunden. Die Kommunisten gewann Adenauer mit dem Argument, dass dadurch Arbeitsplätze geschaffen würden. Die Legende sagt, Adenauer habe auch darauf hingewiesen, in Leningrad würden nur Hängebrücken gebaut. Da konnten die Kommunisten wohl nicht widerstehen.

    Aber so etwas verstehen heutige Christdemokraten nicht mehr.

    • Ich werde wohl nie verstehen, dass angebliche Demokraten sich selbst die Demokratie verbauen, indem sie ihre Abstimmungen vom “Nichtmitwirken” der AfD abhängig machen.

  • Ich hätte als AfD bei allen links grünen Punkten zugestimmt. Dann hätten die nach deren Meinung auch nicht umgesetzt werden dürfen.

    • Die AfD sollte einfach bei allen Vorhaben, die sie eigentlich ablehnen dafür stimmen und umgekehrt,… dann käme am Ende Vernünftiges heraus.

  • Es wird nicht mehr darüber gesprochen, ob die Sachentscheidung richtig oder falsch, gut oder schlecht war, sondern nur noch, wer wie gestimmt hat. So kann man eine Stadt oder gleich das ganze Land auch ruinieren.

  • Gelten die Grünen jetzt als „gesichert rechtsextrem“? 🙂

    • Ob sie jetzt auch Besuch von der Antifa bekommen?

    • Zumindest als gesichert extrem.

  • Es erscheint, die AFD ist die einzige Partei, die noch demokratischen Werten verpflichtet ist. Sie bilden auch Mehrheiten mit politischen Gegnern, wenn es für die Wähler nützlich ist. Wie man sieht, sind andere dogmatisch eingestellt und nur dem Machterhalt und dem eigenen Vorteil verpflichtet.

  • Der Parteienblock der „Mitte“ als Repräsentant der sogenannten „Zivilgesellschaft “ hat längst vergessen was Demokratie in der Praxis bedeutet.

  • Ein Blick in die Vergangenheit der Bundesrepublik: “ … muss man das im Vorfeld organisieren…“ neudeutsch Mauschelei, vielleicht auch Stimmenkauf oder Vorteilsgewährung. Alles ist möglich. Jetzt verstehe ich wie regiert wird.

  • Es geht nicht um die Sache, sondern darum, wer dafür oder dagegen stimmt.

    Wie sollte man die Kartell-Parteien überhaupt noch ernst nehmen können?

    • Richtig. Ideologe gegen Vernunft.

    • …nimmt die noch jemand ernst!?

  • Wie im Kindergarten… und dann wundern sich „UnsereDemokraten“, wenn es immer mehr Politikverdrossenheit gibt.
    Bin ja gespannt wie lange diese Brandmauer wirklich noch stand hält.

    • Denen gefällt eine Wahlbeteiliung unter 50 Prozent.

  • Rote Linien allein zum Zweck des Selbsterhalts sind eben einfach nur Mist.

  • …das war dem „Blauen“ (MP) bestimmt nicht recht.

  • Die Absteigerparteien halten sich allen Ernstes für eine Art Glaubenskongregation, die über den politischen Katechismus pontifizieren können 😂

  • Das verstehen die unter Demokratie? Unfassbar.

  • „Ich lasse mir nicht von der AfD vorschreiben, gegen meinen eigenen Antrag zu stimmen“
    Schön und gut, aber die Grünen erwarten das sonst ja auch von der CDU.

  • merken die Parteien eigentlich nicht, dass sie mit solchen Abstimmungen im Hinblick auf die „Brandmauer“ von der AfD schlichtweg unterwandert werden?? Das ist Absicht mMn … je mehr mit Hilfe der AfD beschlossen wird, umso mehr tritt die Brandmauer in den Hintergrund

  • Sollte die AFD nicht jetzt alle Anträge von Rot Grün Schwarz unterstützen, um genau alle zu verhindern? Das wäre genial.

  • Es geht ihnen nicht um die Sache, erst recht nicht um die Interessen der Bürger. Einzig und allein die Parteipolitik zählt und ihre Pöstchen und Pfründe

  • Das Altparteien-Kartell hat immer noch nicht verstanden, was echte Demokratie bedeutet.
    Sie wollen das Wahl-Endergebnis im voraus festlegen.

    ‚„Ich lasse mir nicht von der AfD vorschreiben, gegen meinen eigenen Antrag zu stimmen“, meint Stadträtin Janine Blöhdorn ‚

    Da sollte sie sich an die eigene Nase fassen. Die AfD hat ihr bestimmt nichts vorgeschrieben, sondern die Anderen wollten ihrem Antrag nicht zustimmen.

  • Für mich ist das Kindergarten und hat mit Demokratie aber auch so gar nichts zu tun.
    Langsam glaube ich, dass der politische Intellekt pateiübergreifend bei Jette N. angekommen ist.
    Und dann wundert man sich noch über die Umfragewerte der AFD.
    Armes Deutschland

  • Was für ein absurdes, dummes Schauspiel. Bauausschuss, Strassenneugestaltung. Als ob demnächst Braunhemden in der fraglichen Strasse aufmarschieren würden, wenn die AfD etwas bei dem Beschluss mitzureden hat.

  • Zum 100tausendsten Mal wird deutlich, das unsere gewählten Abgesandten nicht das Wohl ihrer Kommunen im Blick haben. AFUERA !

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