Am frühen Morgen: Hausdurchsuchung. Was in Deutschland längst zur schlimmen Methode geworden ist, erreicht am Donnerstagmorgen einen neuen Höhepunkt: Polizisten dringen in die Wohnung des Publizisten Norbert Bolz ein. Die Vorwürfe sind von vornherein lächerlich – und gerade deswegen gefährlich.

Wer Bolz kennt und sein Wirken verfolgt, seine Texte liest und seine Interviews und Fernsehauftritte anschaut, sieht einen klugen Mann, der Worte wohl überlegt und abwägt. Der gerade deswegen oft auch sehr pointiert schreibt und spricht. Auch bei harten Worten schwingt er immer das rhetorische Florett – nie den Vorschlaghammer.

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Trotzdem – oder gerade deswegen – nimmt der Staat ihn jetzt ins Visier: weil er in einem Post auf X den Begriff „Woke“ mit der Nazi-Parole „Deutschland erwache“ verglich, rückte jetzt die Polizei bei ihm ein. Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Konkret schrieb Bolz: „Gute Übersetzung von ,woke‘: Deutschland erwache!“ Dabei bezog er sich auf einen Post der Zeitung taz, die dazu in den sozialen Medien verkündete: „Deutschland erwacht“ gegen Rechts. Die Staatsanwaltschaft wirft Bolz deshalb vor, er habe eine Nazi-Parole verwendet und sie sich damit zu eigen gemacht.

Das ist natürlich völliger Quatsch. Wer Norbert Bolz ernsthaft in eine Reihe mit Extremisten stellen will, wer ihm ernsthaft vorwerfen will, er würde Nazi-Parolen verwenden, hat, ganz gelinde gesagt, einen an der Waffel – und kann eigentlich nur blöd oder bösartig sein. Norbert Bolz ist einer der feinsinnigsten und bürgerlichsten Kommentatoren in diesem Land, jedes Extremismus oder Radikalismus vollkommen unverdächtig. Und da ein Staatsanwalt ein studierter Experte mit Ahnung von seinem Fach ist und wir Repräsentanten des Staates Dummheit nicht so plump unterstellen wollen, kann man nur von Letzterem ausgehen – Bösartigkeit.

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Redaktion • 42

Staatliche Meldestelle „Hessen gegen Hetze“ steckt hinter Hausdurchsuchung bei Welt-Kolumnist Norbert Bolz

Hinter der Hausdurchsuchung gegen Norbert Bolz steckt die staatliche Meldestelle „Hessen gegen Hetze“, wie die Staatsanwaltschaft Berlin gegenüber Apollo News mitteilte. Das hessische Portal meldete den betreffenden Post ans BKA.

Boris Cherny • 117

Die ironische Vergleichs-Natur des Posts von Bolz und dass er sich die Parole nicht zu eigen gemacht hat, sie im Kontext seines Posts kritisch und ablehnend verwendete, ist jedenfalls völlig klar. 

Hier wird der Staat völlig offen als politische Waffe gegen pointierte Kritiker in Stellung gebracht. Mit an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen, die kein Mensch, auch nicht der sie erhebende Staatsanwalt, doch ernsthaft glauben kann.

Norbert Bolz ist ein Professor, der seine Worte wohlüberlegt wählt. Wer ihm zuhört, merkt das sofort. Niemals würde dieser Mann auf die Idee kommen, eine Parole zu verwenden, mit der er sich mit dem Nationalsozialismus gemein macht. Bolz kommentiert scharf – und der pointierte Vergleich von „woke“, ein Begriff, der bedeuten soll, man sei „erwacht“ gegenüber den sozialen Ungerechtigkeiten einer Gesellschaft, mit der NS-Parole „Deutschland erwache“ ist eben nur das. Ein scharfer Kommentar, ein pointierter Vergleich und ohne jeden Zweifel zulässig im öffentlichen Meinungskampf. Wer das kriminalisiert, muss selbst kriminalisiert werden.

Bolz die Verwendung einer Nazi-Parole zu unterstellen und auf dieser Basis eine Hausdurchsuchung zu veranlassen – die, wie die berühmt-berüchtigten Staatsanwälte aus Göttingen in der legendär gewordenen CBS-Sendung aus Versehen einräumten, längst auch ein Mittel zum außergerichtlichen Bestrafen von Menschen geworden ist – wird vonseiten der Staatsanwaltschaft ganz bewusst betrieben. Nichts anderes ist denkbar.

Eine Hausdurchsuchung, dazu noch bei einer medial exponierten Person wie Norbert Bolz, passiert ganz sicher nicht aus Versehen. Sie ist auch kein „normaler Vorgang“, wie manch ein betriebsblinder Jurist ernsthaft behaupten möge – nichts daran ist normal. Nichts daran ist zu rechtfertigen.

Hausdurchsuchungen als anti-rechtsstaatliche Waffe, tollwütige Staatsanwälte, die völlig entgrenzt und mit lächerlichen Vorwürfen Bürger ins Visier nehmen: niemals dürfen wir uns mit dem Krieg, den der Staat in Gestalt von übergriffig-totalitären Staatsanwalt-Darstellern gegen die Meinungs- und Redefreiheit und damit gegen uns alle entfesselt hat, abfinden. Hier muss man laut werden. Und in aller Klarheit rechtsstaatliche Konsequenzen für die Verantwortlichen fordern.

Denn was schon im „Schwachkopf“-Fall um Stephan Niehoff offenbar wurde, erreicht mit dem Skandal um Norbert Bolz eine neue Eskalationsstufe. Jetzt werden nicht „nur“ unbescholtene Normalbürger ins Visier genommen, sondern kritische Stimmen, die laut und vernehmbar in der Öffentlichkeit stehen. Offenbar zu laut und zu vernehmbar für manche. Wer ist als Nächstes dran, wer landet als Nächstes im Visier solch furchtbarer Juristen?

Das Ziel ist glasklar: Bolz markieren, ihn mit dem Strafrecht gängeln, ihn im Zweifel unmöglich machen. Ihn zersetzen. Und damit zum Schweigen zu bringen. Am Ende der Hausdurchsuchung raten die Polizisten dem Opfer ihrer ungerechtfertigten Maßnahme noch, „in Zukunft vorsichtiger zu sein“ mit seinen Äußerungen – so berichtet es Bolz. Eine Empfehlung, die so und in dieser Art auch vom KGB hätte kommen können.

Was dort stattfindet, muss Konsequenzen haben. Und zwar echte und handfeste: Hier müssen „Köpfe rollen“. Denn dieser Vorgang ist ein bewusster Anschlag auf die Meinungs- und Redefreiheit in Deutschland. Wer ihn betreibt, ist ein Verräter am Rechtsstaat, dem er dienen soll.

Staatsanwälte, die das verantworten, sind Verbrecher in Roben. Sie müssen im ersten Schritt entlassen und dann zur Verantwortung gezogen werden. Denn sie sind Rechtsstaatsgefährder, Rechtsbeuger, die ihr Amt missbrauchen und deshalb einen Rollenwechsel verdient hätten: von der Kläger- auf die Anklagebank. Es ist mal wieder ein indiskutabler Angriff einer Staatsanwaltschaft, die an vielen Orten in diesem Land jedes Maß verloren hat und längst zum Feind eines wirklich freien und demokratischen Gemeinwesens mutiert ist. Dagegen muss die Demokratie sich wehren. Das ist alternativlos.

Denn wer so etwas veranlasst und abzeichnet, hat sich vom Grundgesetz und jeder Form von Freiheitlich-Demokratischer Grundordnung absolut verabschiedet. Und ist in letzter Konsequenz ein Feind genau der Rechtsordnung, die er vertreten und hochhalten soll. Es sind untragbare Zustände, die von untragbaren Personen verantwortet werden. All das ist einer Demokratie unwürdig und zersetzt den Rechtsstaat.

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