Automobilkrise
Werksschließungen bei Musashi: Japanischer Zulieferer baut Hunderte Stellen in Deutschland ab
Der japanische Autozulieferer Musashi schließt zwei seiner deutschen Werke komplett und streicht auch an einem weiteren Standort zahlreiche Stellen. Insgesamt sind Hunderte Arbeitsplätze betroffen.

Musashi ist ein japanischer Autozulieferer mit mehr als neun Jahrzehnten Unternehmensgeschichte. Der Konzern beschäftigt weltweit rund 16.000 Mitarbeiter, davon etwa 2.500 an europäischen Standorten. Von den insgesamt rund zwei Milliarden Euro Umsatz, die Musashi jährlich erwirtschaftet, stammen ungefähr ein Viertel aus dem europäischen Markt.
Das Kerngeschäft liegt in der Fertigung von Bauteilen für Antriebs- und Fahrwerksysteme. Zu den Abnehmern gehören namhafte Autobauer wie VW sowie große Zulieferer wie ZF Friedrichshafen. Derzeit betreibt Musashi europaweit neun Produktionsstätten, davon sechs in Deutschland – künftig werden es aber nur noch vier sein.
So sollen die Werke in Leinefelde und Hann. Münden bis 2026 komplett dicht gemacht werden. Auch am Standort Lüchow ist ein gravierender Personalabbau vorgesehen: Dort soll etwa die Hälfte der Stellen wegfallen. Die drei verbleibenden deutschen Werke bleiben unangetastet.
Nach Angaben des Gewerkschaftssekretärs der IG Metall Nordhausen, Sascha Wollert, betrifft die Schließung in Leinefelde rund 250 Mitarbeiter. In Hann. Münden geht es um 170 bis 200 Beschäftigte, in Lüchow um 130 bis 170 Arbeitsplätze. Insgesamt wird demnach wohl etwa ein Drittel der Musashi-Belegschaft in Deutschland ihren Arbeitsplatz verlieren.
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Hintergrund seien schwere Verluste in dreistelliger Millionenhöhe an den deutschen Standorten. Vor allem die schwache Auftragslage der deutschen Automobilbranche hat dem Unternehmen stark zugesetzt. „Es waren schlichtweg keine Aufträge da“, wie ein Sprecher von Musashi erklärte.
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Lokalpolitiker der „Chemieregion Emscher-Lippe“ warnen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche davor, dass einer der wichtigsten Industriezweige in Deutschland zusammenbricht. Ein Grund dafür: Der klimapolitisch erzwungene Abschied vom Erdöl.Die Auftragsflaute, von der nahezu alle Zulieferer in Deutschland betroffen sind, hängt unter anderem mit der politisch forcierten Umstellung auf Elektromobilität zusammen. Im Zuge der EU-Klimavorgaben stehen deutsche Autobauer unter immer strengeren Auflagen und sind durch schrittweise verschärfte Flottengrenzwerte de facto dazu verpflichtet, den Anteil von E-Autos an ihrem Absatz kontinuierlich zu erhöhen.
Doch weltweit tun sich deutsche E-Modelle derzeit enorm schwer. Die schwache Nachfrage nach deutschen Elektroautos führt unweigerlich zu einer insgesamt niedrigeren Fahrzeugproduktion – und damit zu weniger Bedarf an Zulieferteilen. Für die Zulieferindustrie bedeutet das sinkende Auslastung und wachsenden Druck.
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Erschwerend hinzu kommen hohe Standortkosten, die deutschen Zulieferern im Vergleich zur internationalen Konkurrenz oft einen klaren Wettbewerbsnachteil bescheren. Besonders die teure Energie und die komplexe Bürokratie am Produktionsstandort Deutschland belasten die Rentabilität der Unternehmen.
Dass Musashi in Deutschland Werke dicht macht, hat sich seit langem angebahnt. Bereits seit 2018 läuft es für die europäischen Werke alles andere als gut. Gemessen an der Zahl der verkauften Teile ist der Absatz laut WirtschaftsWoche um satte 40 Prozent eingebrochen.
Im Jahr 2022 reagierte das Unternehmen angesichts der schwierigen Lage mit einem internen Sanierungsplan: Ziel war es, die Kosten zu senken und die Effizienz in der Produktion zu erhöhen. Trotz kurzfristiger Erfolge – die Restrukturierung führte immerhin dazu, dass die europäischen Standorte im darauffolgenden Jahr wieder leicht schwarze Zahlen schrieben – rutschten die Werke bereits im zweiten Halbjahr 2024 erneut in die Verlustzone. Insgesamt summiert sich das Minus nach Steuern seit 2021 wohl auf beachtliche 100 Millionen Euro.