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Gesundheitsversorgung

Werbe-Millionen, über 200 Euro Verwaltungskosten pro Versicherten – das Einsparpotenzial der Krankenkassen

Deutschlands Krankenkassen investieren Millionen in Werbung und haben teils über 200 Euro Verwaltungskosten pro Versicherten im Jahr. Eine Kleine Anfrage dokumentiert anhand von zwei Krankenkassen Einsparpotenziale bei den Krankenkassen selbst.

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Die AOK Nordost sponsert unter anderem Sportveranstaltungen. (IMAGO/Hanno Bode)

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Die deutschen Krankenkassen sind finanziell überlastet. Während etliche Krankenkassen sich gezwungen sehen, die Zusatzbeiträge zu erhöhen, es Vorschläge gibt, die Praxisgebühr wieder einzuführen und der Ruf nach Leistungskürzungen immer lauter wird, werden die Krankenkassen selbst in der Diskussion kaum berücksichtigt. Eine Kleine Anfrage der brandenburgischen Landtagsabgeordneten Dr. Daniela Oeynhausen zeigt anhand von zwei Krankenkassen, wo bei den Krankenkassen selbst Einsparpotenziale liegen.

In der Kleinen Anfrage wurden die Innungskrankenkasse Brandenburg und Berlin, die, wie der Name schon sagt, in Berlin und Brandenburg aktiv ist, und die AOK Nordost thematisiert. Die AOK Nordost hat ihr Gebiet in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Für beide Krankenkassen ist das brandenburgische Gesundheitsministerium die Aufsichtsbehörde.

Auffällig ist, dass beide Krankenkassen unterschiedlich hohe Verwaltungskosten pro Versicherten haben. 2015 hatte die AOK Nordost 189,10 Euro Verwaltungskosten pro Versicherten, während die IKK Berlin Brandenburg nur 149,63 Euro Verwaltungskosten pro Versicherten ausgab. Besonders groß ist der Unterschied im Jahr 2017, wo die IKK BB 149,03 Euro Verwaltungskosten pro Versicherten hatte, die AOK Nordost sogar 217,20 Euro pro Versicherten ausgab. Hätte die AOK Nordost mit ihren damals 1.756.087 Versicherten die gleichen Verwaltungskosten pro Versichertem gehabt, hätte die Kasse fast 120 Millionen Euro gespart.

Obwohl die IKK BB am Anfang des Betrachtungszeitraums wesentlich geringere Verwaltungskosten hatte als die AOK Nordost, änderte sich dies 2023. In dem Jahr gab die IKK BB 198,94 Euro Verwaltungskosten pro Versicherten aus, die AOK Nordost nur 177,88 Euro, womit die AOK Nordost die Kosten im Vergleich zu ihrem Rekordjahr 2017 um rund 10 Prozent senken konnte. 2024 hatte die IKK BB mit 209,14 Euro pro Versicherten rund 10 Euro mehr als die AOK Nordost, die auf 199,63 Euro Verwaltungskosten pro Versicherten kam. Der Anteil der Verwaltungskosten an den Gesamtausgaben der Krankenkassen schwankte dabei bei der AOK Nordost zwischen 5,46 und 3,68 Prozent der Gesamtausgaben und bei der IKK BB zwischen 4,81 und 4,13 Prozent der Gesamtausgaben.

Laut dem Portal krankenkassen.de sind bei der IKK BB und der AOK Nordost die Verwaltungskosten pro Versicherten mehr als doppelt so hoch wie bei der effizientesten Krankenkasse. Die BKK firmus hat 2024 Verwaltungskosten von lediglich 83,93 Euro pro Versicherten. Auch die größte deutsche Krankenkasse, die Techniker, hat 109,91 Euro pro Versicherten.

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Ein weiterer Kostenblock, der kritisch hinterfragt werden kann, sind die Werbemaßnahmen der Krankenkassen. 2020 gab die AOK Nordost 4.081.088,05 Euro für Werbemaßnahmen aus, was 2,35 Euro pro Versicherten entspricht. Die IKK Berlin Brandenburg gab im gleichen Jahr 625.537,62 Euro für Werbemaßnahmen aus. Aufgrund der wesentlich geringeren Versichertenzahl entsprach dies 2,65 Euro pro Versicherten. Während die AOK Nordost ihre Werbekosten in den darauffolgenden Jahren um über eine Million Euro reduzierte, gab die IKK Berlin Brandenburg im Jahr 2023 sogar 782.814,72 Euro aus, was 3,43 Euro pro Versicherten macht.

Übersicht der Werbeausgaben der AOK Nordost und der IKK BB (Quelle: Screenshot Drucksache 8/2083 Landtag Brandenburg)

Mit den Werbemaßnahmen wollen die Krankenkassen neue Versicherte gewinnen und sich selbst bekannter machen. Schließlich sind die Krankenkassen untereinander im Wettbewerb. Darüber hinaus will die AOK Nordost mit ihren Werbemaßnahmen auch die Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen erhöhen und nennt als Beispiel eine Kampagne, um Versicherte zur Darmkrebsvorsorge zu motivieren.

Die Krankenkassen haben bei sich selbst ein Einsparpotenzial, das in die Milliarden gehen dürfte. Rund 75 Millionen Menschen sind in Deutschland in einer der 94 gesetzlichen Krankenversicherungen versichert. Eine Einsparung von nur 20 Euro bei den Verwaltungskosten pro Patient würde zu Einsparungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro führen. Für Gesundheitsministerin Warken wären Reformen bei den Krankenkassen ein gangbarer Weg, um das Defizit der Krankenkassen zu mildern, ohne dabei die Bevölkerung zu belasten.



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19 Kommentare

  • Wie viele gesetzliche Kassen gibt es, sagen wir mal 100. Das heißt es sind 100 Vorstände, 100 Personalabteilungen, 100 IT-Abteilungen, 100 Marketing-Abteilungen, 100 Vertriebsabteilungen, 100 Leistungsprüfungsabteilungen. 100 Immobilien. Das Einsparpotential liegt im zweistelligen Milliardenbereich pro Jahr.

    • Absolut richtig – all das ist früher, vor der verbrecherischen Grenzöffnung, schon vollkommen zurecht kritisiert worden.
      Aber das, was dann kam und „nun halt mal da ist und täglich neu hinzu kommt“, hat dem System vollends den Rest gegeben.

  • Einsparpotenzial? Die „kranken“ Kassen werden nicht einsparen. Beitragserhöhungen, Zuzahlungen und Leistungskürzungen sind schon beschlossen. Die steigenden Insolvenzen, Betriebsaufgaben , Betriebsverlagerungen verbunden mit Entlassungen und Insolvenzen werden den Kostendruck ansteigen lassen.

    • Es gibt ca. 330 gesetzliche Krankenkassen (GKV). Die Leistungen aller GKV sind im wesentlichen gleich.

      Das sind 330 Krankenkassen Vorstände mit 330 Verwaltungsorganisationen und 330 IT-Systeme, etc.

      Es wäre so einfach zu sparen ohne, die Leistungen zu kürzen: Einfach aus 330 Organisationen 1 machen mit einem Computersystem.

      Aber das wird nicht passieren. Warum wohl?

      • In D gibt es knapp unter hundert Gesetzliche Krankenkassen.

  • Vor einigen Jahren saß ich im Olympiastation. Der größte Werbepartner von Hertha war die AOK NordOst.

  • Das wichtigste Einsparpotential ist das Geld, welches Menschen bekommen, die nie eingezahlt haben und werden. Diese geschenkten Menschen, die als Dank für kostenlose Gesundheitsversorgung, unsere Innenstädte zu Silvester wieder mal kaputt böllern werden. Danke Merkel und CDU.

    • Genau und das muss immer und immer wieder angesprochen werden. Es darf nicht so getan werden, als seien wir ein Problem. die Zugereisten sind das Problem in allen Bereichen und das muss gesagt werden, damit es in jedem Kopf ankommt.

  • Es gibt ca. 330 gesetzliche Krankenkassen (GKV). Die Leistungen aller GKV sind im wesentlichen gleich.

    Das sind 330 Krankenkassen Vorstände mit 330 Verwaltungsorganisationen und 330 IT-Systeme, etc.

    Es wäre so einfach zu sparen ohne, die Leistungen zu kürzen: Einfach aus 330 Organisationen 1 machen mit einem Computersystem.

    Aber das wird nicht passieren. Warum wohl?

  • Die Beiträge für Beitragszahler oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze haben sich in 7 Jahren fast verdoppelt. Ob davon 10 oder 15 Euro pro Monat für Verwaltung draufgehen oder 3 Euro für Werbung ist nicht das Problem.

    Lest die Kommentare, dann sieht ihr, woran das liegt.

  • Das Einsparpotential besteht eindeutig und nicht zu knapp auch bei den Werbungs-, sowie bei den in aller Regel obszön hohen Gehältern der Kassenleitung, die mit nichts und durch nichts zu rechtfertigen sind.

  • Wie lange wollen die das Spiel mit gestrichenen Leistungen bei steigenden Beiträgen noch spielen?

    Irgendwann muss man ehrlicherweise das System der Pflichtversicherung in Frage stellen. Man wird sehen, wie „günstig“ plötzlich Leistungen im Wettbewerb zu bekommen sind, allerdings muss der Staat dann alle versicherungsfremden Leistungen mittels Steuern finanzieren und da würden sich doch viele über die Summe wundern.

  • Eine Krankenkasse, in die alle (!) einzahlen würden, würde genügen. Diese sichert Grundversorgung. Dazu eine Art Baukastensystem, mit dem man einzelne Zusatzleistungen kostenpflichtig absichern kann. Abschaffung der kostenlosen Partnermitversicherung (verstößt m.E. sowieso gegen den Gleichheitsgrundsatz!)

  • Werbung – damit haben die Bürger und Bürgerinnen ein gutes Gefühl sich ihre (Zwangs-) Versicherung selbst aussuchen zu dürfen.

  • Ich würde auch einmal die so genannten Satzungsleistungen unter die Lupe nehmen, die über die gesetzlich geregelten Leistungen hinaus gewährt werden. Bevor wir wieder eine Praxisgebühr abdrücken müssen, sollte man auf die Erstattung von Zahnreinigung, Osteopathie, Naturarzneimitteln & Co. verzichten, was allerdings der Gesetzgeber verbieten müsste.

    • Und sog. Schönheits-OPs, die nach Psychogutachten gewährt werden: Bruststraffung, Vaginastraffung. Damit meine ich keine plastischen OP’s nach Unfallfolgen!

      • Damit liegen Sie aber leider völlig falsch, plastische Operationen werden ausschließlich bei medizinischen Gründen übernommen und gehen immer über den Medizinischen Dienst.

  • Neben den eigenartig Hohen Kosten bei den Krankenkassen sind es eigentlich nur die Hohen Positionen, die wohl in den Topf ohne Scham greifen. Viele Krankenkassen erneuern jährlich ihre Einrichtungen zu Lasten der Zahler und auch der Papierwahn ist nicht mehr vertretbar! Überall wo die Deutsche Politik der Vergangenheit auftaucht ist abkassieren realität. Sparen ja, aber nur bei den zahlenden.

  • Werbung sollte denen nicht erlaubt sein, genauso wenig wie einer BVG, der S-Bahn oder der DB. Auch die dämlichen Plakate an der Autobahn („Fuß vom Gas!“) sollten verboten sein, wie überhaupt all dieser aus Steuern finanzierte Nudging-Müll oder Reklame für öffentlich-rechtliches Fernsehen.

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