Vor dem goldverzierten Schloss Meseberg richtet sich Olaf Scholz am Dienstag an die Presse und fordert lückenlose Aufklärung – nicht etwa was Cum-Ex angeht, wo er sich bis heute angeblich an nichts erinnern kann. Sondern Aufklärung von Hubert Aiwanger, über den Inhalt dessen Schultasche vor 36 Jahren. Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung wegen angeblichen Antisemitismus den Rücktritt Aiwangers gefordert – überraschend, war das Blatt in der Vergangenheit doch eher mit brachial-antiisraelischer Berichterstattung und Netanyahu-Karikaturen aufgefallen, die man was den Stil angeht auch im Stürmer hätte veröffentlichen können. Dann sitzt Jürgen Trittin bei Markus Lanz und gibt sich als abwägende Moralinstanz. Jener Jürgen Trittin, der nicht etwa mit 17 Jahren, sondern tief in seinen 20ern aktiver Maoist war und damit für einen Millionen-Massenmord nach Vorbild der Kulturrevolution eintrat. Reue zeigte er bis heute wenig.
In der Causa Günther Grass kommentierte die Süddeutsche Zeitung noch 2015: „Dass Günter Grass als Jugendlicher in der Waffen-SS war, ist keine unverzeihliche Sünde. Es diskreditiert den Mann auch nicht, weder den politisch engagierten Demokraten noch den Schriftsteller.“
Günther Grass war im Alter von Aiwanger nicht an geschmacklosen Witzen beteiligt, sondern meldete sich freiwillig zur Waffen-SS. Während von Hubert Aiwanger keine einzige auch nur annähernd antisemitische Aussage aus seiner politischen Zeit überliefert ist, publizierte Grass bis zuletzt anti-israelische Texte, in denen er aus dem Holocaust allen Ernstes Deutschlands Pflicht zur Israelkritik ableitete.
Am Scheideweg
Ich schreibe das nicht, weil man eine Tat mit der anderen aufwiegen könnte. Aber deshalb, weil Debatten ohne Maßstäbe die Grundlage von totalitärem Denken sind und brandgefährlich. Genau übrigens wie Kampagnen, die auf anonymer Denunziation basieren.
Außerdem: Geht es der Süddeutschen Zeitung im Fall Aiwanger wirklich um Kampf gegen Antisemitismus? Geht es Olaf Scholz um Transparenz? Geht es der BayernSPD um die Ehre Bayerns? Geht es Jürgen Trittin um die Abgrenzung von Extremisten?
Niemand kann das wirklich glauben. Michael Wolffsohn sagte so treffend in der Welt: „Als Enkel und Sohn von Holocaust-Überlebenden, finde ich es unerträglich, dass wenn politische Süppchen in Deutschland gekocht oder ausgelötet werden, man Juden als Objekte dazu nimmt.“
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Die Hintermänner einer Medienkampagne – Mitschüler nehmen Aiwanger in Schutz
Apollo News sprach mit zahlreichen ehemaligen Mitschülern von Hubert Aiwanger. Von einer dezidiert rechtsextremen Gesinnung erzählt niemand, die medialen Attacken empfinden sie eher als befremdlich. Wiederholt weisen sie auf den Hintergrund der Attacke auf Aiwanger hin – die Spur führt zur SPD.Auch interessant:
Lehrer hinter Aiwanger-Vorwürfen kandidierte für die SPD
Der ehemalige Deutschlehrer von Hubert Aiwanger prahlte damit, das Flugblatt zu besitzen und es gegen Aiwanger einsetzen zu wollen. Nach unserer Recherche ist er SPD-Lokalpolitiker – daher nennen wir seinen Namen.Es ist ja klar, worum es geht: Die Freien Wähler stören. Dass Aiwangers Vernichtung wohl niemandem so sehr nützen würde, wie der AfD – die deshalb ironischerweise sellbst Aiwangers Rücktritt fordert – ist egal. Denn eine Kombination aus starker AfD und „Brandmauer“ ist Garant für eine Grüne oder Rote Regierungsbeteiligung.
Es geht um Machtpolitik und noch mehr: Der Abschuss Aiwangers soll auch eine Machtdemonstration sein, ein medialer Rausch wie bei der Wulff-Affäre.
Man kann die Rücktrittsforderungen gegen Aiwanger sofort damit entschärfen, dass bei gleichen Maßstäben ein Großteil der Grünen Parteiführung zurücktreten müsste. Wenn aber nur Aiwanger gehen soll, dann entscheiden über Rücktritt nicht mehr die Tatsachen, sondern gottspielende Journalisten und rachsüchtige Politiker.
Söders Spiel ist durchschaubar
Nach den Maßstäben, die wir bisher an Politiker angelegt haben, muss Aiwanger bleiben dürfen – und hat auch ein Recht auf politische Absolution, ein „Recht auf Vergessen“, wie es Henryk M. Broder formulierte. Und dann muss Hubsi auch bleiben – nicht nur um seiner selbst Willen, sondern auch um die politische Debatte in Deutschland offen zu halten. Um das Recht aller politischen Kräfte vor willkürlicher medialer Vernichtung zu schützen. Wenn Maßstäbe wegfallen, ist eben alles möglich. Die Machtdemonstration, die von langer Hand organisierte Kampagne der SPD, darf nicht gelingen. Sie ist ein Angriff auf die politische Kultur selbst von jenen, die sich tagtäglich als Saubermänner gerieren. Man wird noch über jeden eine verheerende Jugendsünde ausgraben können. Dann hängt die weitere politische Karriere von der Gnade der Medien ab. Dann ist jeder erpressbar. So kann es nicht gehen.
Markus Söder hat Hubert Aiwanger ein Ultimatum gesetzt für die Beantwortung seiner 25 Fragen. Außer einigen treugläubiger CSU-Parteisoldaten ist jedem eines klar: Söder will Aiwanger abschießen, wenn er kann. Söder sagte in seinem Pressestatement am Dienstag, die Koalition hänge ja nicht „an einer Person“. Eindeutiges kann man es kaum sagen.
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„Gezielte Schmutzkampagne“ – Freie Wähler stellen sich erneut klar hinter Aiwanger
Der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, Fabian Mehring, spricht im Interview mit Apollo News über die medialen Attacken auf Aiwanger, seine Erfahrungen mit ihm und das Verhältnis zu Markus Söder.Auch interessant:
Schmutzelei gegen Aiwanger: Auf Söder ist kein Verlass
Gerade noch hatte sich der Skandal um ein jugendliches Hetzblatt zu Aiwangers Gunsten gewendet, da tritt Söder mit immer neuen Forderungen auf und stichelt gegen seinen Vize. Er will nicht loslassen bis er sich Aiwangers entledigt hat.Aus Kreisen der Freien Wähler hören wir, dass der Blick auf Söders Spiel eindeutig ist. Er setze alles daran, Aiwanger abzusetzen. Die Fronten sind verhärtet, es gibt zwischen den Koalitionspartnern aktuell praktisch keinen Kontakt. Doch die Partei hat Söder klar gemacht: Eine Fortführung der Koalition ohne Aiwanger, kann die CSU vergessen.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler, Fabian Mehring, erklärt gegenüber Apollo News in Bezug auf Aiwangers jüngstes Statement: „Die Stimmung der Menschen im Land ist eine ganz andere als an den grünen Tischen mancher Medien in München. Die Leute finden: es reicht. Wer jetzt weiter auf Aiwanger eintritt, wird eine gewaltige Solidarisierungswelle auslösen.“
Die Bilder von Aiwangers jüngsten Auftritten dürften das unterstreichen: Standing Ovations, minutenlang.
Der Ball liegt jetzt bei Markus Söder. Er darf sich nicht aus rein parteitaktischen, machtpolitischen Gründen auf die Kampagne der SPD einlassen und seinen Vize fallen lassen. Damit würde er ein politisches Erdbeben in Bayern auslösen.
Und er würde die Maxime der CSU aufgeben, wonach die Partei die Stimme Bayerns ist. Aiwanger könnte dann die Rolle des Bayerischen Löwen übernehmen, die eigentlich dem bayerischen CSU-Ministerpräsidenten vorbehalten ist: Der Galionsfigur des Freistaats gegen die Bevormundung aus Berlin.
Nachdem eine Umfrage ergeben hat, dass sich die Mehrheit sowohl im Bund als auch in Bayern gegen einen Rücktritt Aiwangers ausspricht, wird auch Herr Söder das hinnehmen (müssen).
Ansonsten wäre es mal ganz gut, wenn Bundespolitiker das föderale System akzeptieren und nicht versuchen auf Entscheidungen des Landes Einfluss zu nehmen. Ricarda Lang z.B. ist angezeigt worden – da sollte sie sich drum kümmern. Herr Merz könnte endlich mal aufwachen, einen klaren Weg der CDU vorzeichnen (weiter von grün-schwarz träumen oder nicht) und endlich mit der Oppositionsarbeit beginnen. Und Herr Scholz hat ja auch einige Dinge in der Vergangenheit, die er aufklären könnte. USW USW
In 6 Wochen „sagen“ auch die Wähler hier ihre Meinung.
Ja, sehr guter, wichtiger Kommentar!
Um sich in diesem Kampf alleine zu behaupten, ist der Hubsi – im Gegensatz zu Söder – aber vielleicht zu anständig…
Bleibt zu hoffen, dass viele die Bedeutung dieses Vorganges erkennen und sich gegen diese Machenschaften wehren.
Dass Söder der Versuchung widerstehen kann, den Rivalen abzuschießen, glaube ich nicht – es würde mich jedenfalls sehr überraschen.
Söder sollte zurücktreten, weil er bei dieser Schmutzkampagne mitmacht.
Besser ist, wenn Ilse Aigner künftig Bayern regiert.
Ein toller Text und eine Freude, dass Apollo als einziges Medium unmissverständlich Position bezieht und dabei dennoch unabhängig bleibt. Das ist Journalismus, wie wir ihn brauchen.
Zweierlei Maß ist die neue Gerechtigkeit im besten Deutschland aller Zeiten. Was für „rechte“ Bürger, Journalisten und Politiker gilt, gilt noch lange nicht für die linken Vögel. Die Liste der linken Verfehlungen ist endlos und enthält, ganz im Gegensatz zu einem lächerlichen 35 Jahre alten Flugblatt, schwerste Straftaten. Das Recht gilt nur noch für einen Teil der Bevölkerung. Für all die Duckmäuser und Opportunisten die Vorteile aus ihrer Obrigkeitshörigkeit ziehen wollen gilt dagegen Narrenfreiheit und Amnesie. Was diesen Narren offenbar nicht klar ist, dass sie die nächsten sind die entrechtet werden, denn die Grünen werden nicht halt machen bevor sie dieses Land völlig zugrunde gerichtet haben.
Ich sehe nicht was ich davon haben soll. CSU und Freie Wähler sind beide der gleiche Filz und ich fände es besser wenn deren Koalition zerbricht und sich Bayern weg von diesem Bierzeltmüll entfernt.
Nunja es ist wie es ist. Ein Spectakel.
Ich für meinen Teil treffe grundsätzlich meine Wahlentscheidung nach PARTEI-programm und nicht nach Personen, die für ihre Partei stehen oder Wahlversprechen. Personen sind austauschbar, aber das Parteiprogamm ist für eine politische Zielführung bindend.
Und darauf kommt es an!
Ich meine, der „Hubsi“ soll bleiben. Schon allein deshalb, um den immer größer werdenden Denunziantenstadel in dieser BRD was entgegen zu setzen und diesen Schmierlappen von Ex-Lehrer wegen Dienstvergehen, Verleumdung, Datenschutzverstösse bezüglich ehm. Schutzbefohlener, usw. vor Gericht zu bringen!
Herr Aiwangen sollte wohl fähige Anwälte kennen!
Broder hats in der Welt zutreffend beschrieben
Video:
„Der Mann tut mir leid. Es geht um ein bescheuertes Flugblatt“
https://www.welt.de/politik/deutschland/video247228926/Broder-zur-Causa-Aiwanger-Der-Mann-tut-mir-leid-Es-geht-um-ein-bescheuertes-Flugblatt.html